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Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum oder Hobbyraum

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Das Sondernutzungsrecht gewährt einem Wohnungseigentümer das exklusive Recht, einen Teil des Gemeinschaftseigentums allein und ausschließlich zu nutzen und alle anderen Wohnungseigentümer von der Nutzung auszuschließen.

Es handelt sich um eine Gebrauchs- und Nutzungsregelung im Sinne des § 15 WEG. Auch das Recht, einen Kellerraum oder Hobbyraum ausschließlich zu nutzen, ist ein typisches Sondernutzungsrecht.

Wir die Gemeinschaft und der “begünstigte” bei einem Sondernutzungsrecht an einem Keller und/oder einem Hobbyraum beachten muss, erklären wir in diesem Artikel.


Der Inhalt dieses Artikels
  1. An Kellerräumen gibt es Gemeinschafts-, Sondereigentums- oder Sondernutzungsrechte
  2. Durchgangskellerräume sind immer Gemeinschaftseigentum
  3. Kostenregelung bei Instandhaltung und Instandsetzung
  4. Sondernutzungsrecht bedarf allseitiger Zustimmung
  5. Nur die Grundbucheintragung bietet Rechtssicherheit
  6. Zweckbestimmung bestimmt Inhalt des Sondernutzungsrechts
  7. Vorsicht: Keine bauliche Änderungen ohne Gestattung
  8. Probleme, wenn Keller getauscht werden

1. An Kellerräumen gibt es Gemeinschafts-, Sondereigentums- oder Sondernutzungsrechte

Kellerräume, insbesondere wenn sie als Heizungskeller, Wasch- und Trockenräume, Fahrradabstellraum oder Gerätekammer genutzt werden, gehören bei fehlender anderweitiger Vereinbarung zum Gemeinschaftseigentum. Gleichermaßen kann auch Sondereigentum (Kellerplan mit entsprechender Nr.-Bezeichnung) begründet oder an dem Kellerraum ein Sondernutzungsrecht zugewiesen werden.

Ist Sondereigentum als Teileigentum begründet, kann ein Kellerraum nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Auch kann Sondereigentum unabhängig vom Wohnungseigentum verselbstständigt als eigenständiges Sonder-/Teileigentum begründet werden. Regelmäßig werden Kellerräume aber in das Wohnungseigentum oder Teileigentum einbezogen.

2. Durchgangskellerräume sind immer Gemeinschaftseigentum

Wenn ein Kellerraum allen Wohnungseigentümern als Zugang zum Kellerausgang oder als Zugang in einen Gemeinschaftsraum dient, kann er in der Teilungserklärung nicht dem Sondereigentum zugeordnet oder ein Sondernutzungsrecht daran begründet werden (§ 5 II WEG).

Solche Zugangsräumlichkeiten gehören zu den Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller dienen. Eine solche gesetzlich zwingende Zuordnung kann auch nicht durch eine Gebrauchsregelung außer Kraft gesetzt werden (BGH NJW 1991, 2909).

3. Kostenregelung bei Instandhaltung und Instandsetzung

Die Pflege sowie Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftsflächen unterliegt der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insoweit ist es wesentlich, in der Teilungserklärung genau zu definieren, wer für was verantwortlich ist. Regelmäßig ist der Sondereigentümer oder der Sonderrechtsinhaber für die innen liegenden Bauteile verantwortlich. Gemeinschaftliche Bauteile (Kellerfenster, Außenseite der Kellertür, Heizungsrohre) bleiben hingegen im Gemeinschaftsbereich.

4. Sondernutzungsrecht bedarf allseitiger Zustimmung

Das Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum kann von der Miteigentümergemeinschaft nicht beschlossen werden. Auch ein Mehrheitsbeschluss genügt nicht. Zur Begründung von Sondernutzungsrechten ist immer die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragener Wohnungseigentümer erforderlich. Wurde das Gebäude durch einen Bauträger errichtet, werden die Sondernutzungsrechte an Kellerräumen bereits in der Teilungserklärung regelmäßig vorgesehen.

5. Nur die Grundbucheintragung bietet Rechtssicherheit

Wichtig ist, dass das Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum im Grundbuch eingetragen ist. Nur dann muss auch ein späterer Erwerber einer benachbarten Wohnungseigentumseinheit das Sondernutzungsrecht gegen sich gelten lassen kann sich nicht auf eine Nutzung durch die Gemeinschaft berufen (dingliches Sondernutzungsrecht).

Insoweit genügt es nicht, wenn ein Bauträger das Grundstück teilt und in der Teilungserklärung nur schuldrechtlich versichert, ein Sondernutzungsrecht einräumen zu wollen (OLG Hamburg MDR 1979, 58).

Auch folgender Fall verdeutlicht die Problematik: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann von einem Wohnungseigentümer die Herausgabe eines angeblich unberechtigt in Besitz genommenen Kellers verlangen. Dessen Behauptung, der Hausverwalter habe ihm 10 Jahre zuvor den Keller zugewiesen, konnte der Wohnungseigentümer nicht beweisen. Auch die über diesen Zeitraum widerspruchslose Nutzung des Kellers habe kein dauerhaftes Nutzungsrecht begründet. Selbst wenn die Zuweisung tatsächlich erfolgt wäre, hätte der Verwalter die Zuteilung jederzeit widerrufen können (OLG Brandenburg Beschluss v. 26.5.2009 – Wx 10/09). Die Situation wäre mit der Eintragung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch vermeidbar gewesen.

6. Zweckbestimmung bestimmt Inhalt des Sondernutzungsrechts

Das Sondernutzungsrecht darf nur im Rahmen seiner Zweckbestimmung ausgeübt werden. Im Idealfall ist in der Teilungserklärung genau definiert, was der Berechtigte darf und was er zu unterlassen hat. Mangels klarer Vereinbarung ist es dem Sondernutzungsberechtigten regelmäßig nicht erlaubt, in dem Kellerraum eine Wohnung einzurichten oder einen Verkaufsraum zu betreiben.

Ist in der Teilungserklärung ein Raum als „Kellerraum“ bezeichnet, darf der Raum nur als Kellerraum benutzt werden. Eine andere Nutzung ist erlaubt, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als die bloße Nutzung als Kellerraum. Insoweit kann die Nutzung einer Trockensauna erlaubt sein (OLG Frankfurt Beschluss v. 02.11.2005 – W 378/03).

Grundsätzlich darf das Sondernutzungsrecht nur im Rahmen der Verkehrsüblichkeit genutzt werden. Der Inhaber muss Störungen anderer Eigentümer, mit denen diese üblicherweise nicht rechnen müssen, unterlassen. Das Nutzungsrecht allein beinhaltet nicht das Recht zum Gebrauch der Sache in der Art und Weise, wie ein Eigentümer damit verfahren könnte (BayObLG 2 Z 48/85).

Ist der Kellerraum als Hobbyraum ausgewiesen, ist die Nutzung zu Wohnzwecken unzulässig (BGH ZWE 2011, 396, BayObLG WuM 2004, 740; 925). Deshalb darf der Berechtigte dort auch keine Wasseranschlüsse und sanitäre Einrichtungen installieren. Soweit sich Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan widersprechen, ist die Teilungserklärung letztendlich für eine Zweckbestimmung maßgeblich (BGH NZM 2010, 407).

7. Vorsicht: Keine bauliche Änderungen ohne Gestattung

Auch ist es bei Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts regelmäßig verwehrt, bauliche Änderungen (Vergrößerung des Kellerfensters, Wanddurchbruch) vorzunehmen. Bauliche Änderungen sind nur erlaubt, wenn diese in der Vereinbarung gestattet wurden oder wenn sie von den übrigen Wohnungseigentümer unbeanstandet bleiben (§ 22 I WEG).

Modernisierungsmaßnahmen (Einbau neuer Isolierglasfenster) können mit einer Dreiviertelmehrheit und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden, sofern die Anpassung an den Stand der Technik erfolgt und kein anderer Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigt wird (§ 22 II WEG).

8. Probleme, wenn Keller getauscht werden

Tauschen die Wohnungseigentümer die ihren Wohnungen ursprünglich zugewiesenen Kellerräume in notarieller Form gegeneinander aus, genügt es, die Änderung im Grundbuch einzutragen (OLG München, Beschluss v. 13.08.1034 – Wx 105/10). Eine Änderung des Aufteilungsplans ist dazu nicht erforderlich.

Werden einzelne Räume neu zugeordnet, sind die Änderungen anhand des Grundbuchs nachvollziehbar. Lediglich die Nummerierungen sind neu vorzunehmen. Die vom Grundbuchamt angeführte Vorschrift des§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 WEG betreffe nur die Begründung von Wohnungseigentum. Da der Aufteilungsplan auch Inhalt des Grundbuchs ist, lassen sich daraus die Rechtsverhältnisse an Sonder- und Gemeinschaftseigentum klar nachvollziehen.

Gleicher Fall: Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Wohnungseigentümer Räume seines Sondereigentums auf einen anderen Wohnungseigentümer überträgt. Dazu müssen wieder die jeweiligen Miteigentumsanteile geändert werden noch müssen die übrigen Wohnungseigentümer zustimmen (OLG Köln Beschluss v. 31.07.2006 – 16 Wx 98/06). Die Übertragung bedarf der Form des § 4 WEG und muss im Grundbuch eingetragen werden.

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Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz (z.B. im Freien oder in der Garage)

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Ein Sondernutzungsrecht gewährt einem Wohnungseigentümer das exklusive Recht, einen Teil des Gemeinschaftseigentums unter Ausschluss aller anderen Wohnungseigentümer allein und ausschließlich zu nutzen. Es handelt sich um eine Gebrauchs- und Nutzungsregelung im Sinne des § 15 WEG. Auch das Recht, einen Kfz-Stellplatz ausschließlich zu nutzen, ist ein typisches Sondernutzungsrecht.

Die Stellplatzflächen gehören regelmäßig und grundsätzlich zum Gemeinschaftseigentum. Sondernutzungsrechte werden dort vereinbart, wenn aus rechtlichen Gründen kein Sondereigentum begründet werden kann, eine Fläche aber dennoch einem einzigen Eigentümer zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen werden soll. Das damit verbundene Sondernutzungsrecht wird mit dem jeweiligen Sondereigentum (Wohnungseigentum oder Teileigentum) rechtlich verbunden.

Die „ Stellplatzverordnung“ spielt hier keine Rolle. Sie verpflichtet Bauherren beim Neubau eines Gebäudes eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen einzurichten.


Inhalt: Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz
  1. Stellplatz ist nicht gleich Stellplatz!
  2. Kostenregelung bei Instandhaltung und Instandsetzung
  3. Sondernutzungsrecht bedarf allseitiger Zustimmung
  4. Nur die Grundbucheintragung bietet Rechtssicherheit
  5. Zweckbestimmung bestimmt Inhalt des Sondernutzungsrechts
  6. Art und Weise der Ausübung des Sondernutzungsrechts
  7. Bauliche Änderungen

1. Stellplatz ist nicht gleich Stellplatz!

Je nach der baulichen Konstellation können sich individuelle Aspekte und teils komplexe Rechtsfragen ergeben. Ansatzpunkt für die rechtliche Einordnung ist die Teilungserklärung bzw. der Teilungsvertrag. Die rechtlichen Aspekte spielen vor allem dann eine Rolle, wenn Teilungserklärung Teilungsvertrag erstellt werden. Vielfach besteht Streit, ob und wie Stellplätze als Sondereigentum ausgewiesen oder nur Sondernutzungsrechte zugewiesen werden können.

Es gibt …

  • Stellplatz-Sondereigentum in einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Tiefgarage: Tiefgaragenstellplätze werden oft als Sondereigentum ausgewiesen und erhalten einen eigenen Miteigentumsanteil. Sie sollten allerdings durch dauerhafte Markierungen abgegrenzt sein (§ 3 II 2 WEG !). Im Gemeinschaftseigentum verbleiben alle tragenden baulichen Elemente sowie die für alle Benutzer notwendigen Fahr- und Rangierflächen.
  • Stellplatz-Sondernutzungsrechte an ebenerdigen Stellplätzen im Freien: Diese Stellplätze verbleiben auch bei Markierungen im Gemeinschaftseigentum und sind Teil des unbebauten Grundstücks. Die Begründung von Sondernutzungsrechten ist unproblematisch. Sondereigentum wird überwiegend abgelehnt (OLG Hamm RPfl 2007, 137).
  • An der vorstehenden Bewertung ändert sich auch nichts, wenn es sich um einen Carport (Umgrenzung mit vier Eckpfosten und Überdachung) handelt. Die Begründung von Sondereigentum an Carports wird nicht für möglich gehalten. Nur Sondernutzungsrechte sind möglich (BayObLG ZMR 1986, 207).
  • Stellplätze auf einem ebenerdig gelegenen und nach oben hin offenen Dach eines Gebäudes oder einer Tiefgarage: Die rechtliche Zuordnung ist ausgesprochen streitig. Sondereigentum wird teils anerkannt (OLG Hamm ZMR 1998, 456; OLG Köln DNotZ 1984, 700), teils ausgeschlossen. Allerdings soll Sondereigentum wiederum möglich sein, wenn die Fläche durch dauerhafte Markierungen ersichtlich abgegrenzt wird. Ansatzpunkt ist auch hier § 3 II 2 WEG, wonach Stellplätze sondereigentumsfähig sein sind, vorausgesetzt, sie besitzen eine gewisse Raumeigenschaft (hier fraglich).
  • Sondernutzungsrechte auf dem einzelnen Hebebühnenplatz einer Doppelstockgarage (Duplexgarage, Doppelparker): Alleiniges Sondereigentum am oberen oder unteren Hebebühnenplatz ist ausgeschlossen (BayObLG NJW-RR 1995, 783). Vielmehr wird Sondereigentum am gesamten Bühnenkomplex begründet und dieses in zwei oder mehrere gleiche Bruchteile aufgeteilt und jeder Bruchteil mit einem Nutzungsrecht versehen (Miteigentum nach Bruchteilen gemäß § 1010 BGB).
  • Fertigteilgaragen / gemauerte Garagen ebenerdig auf Gemeinschaftsgrundflächen sind regelmäßig separates Teileigentum mit einem eigenen Miteigentumsanteil. Lediglich die konstruktiven Bauteile (auch Garagentore) und Außenflächen einer Garagenzeile sind Gemeinschaftseigentum.

2. Kostenregelung bei Instandhaltung und Instandsetzung

Die Pflege sowie Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftsflächen unterliegt der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insoweit ist es wesentlich, in der Teilungserklärung genau zu definieren, wer für was verantwortlich ist.

So kann abweichend von der Regel beispielsweise vereinbart werden, dass alle Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten an gemeinschaftlichen Bauteilen einer Tiefgarage allein von den Stellplatzsondereigentümern zu tragen sind. Fehlt jedoch eine Kostenregelung, ist der Grundsatz maßgebend, dass alle Eigentümer für das Tiefgaragengemeinschaftseigentum verantwortlich bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der einzelne Wohnungseigentümer überhaupt ein eigenes Stellplatzsondereigentum besitzt oder nicht.

3. Sondernutzungsrecht bedarf allseitiger Zustimmung

Das Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz kann von der Miteigentümergemeinschaft nicht beschlossen werden. Auch ein Mehrheitsbeschluss genügt nicht. Zur Begründung von Sondernutzungsrechten ist immer die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragener Wohnungseigentümer erforderlich. Wurde das Gebäude durch einen Bauträger errichtet, werden die Sondernutzungsrechte an Kfz-Stellplätzen bereits in der Teilungserklärung regelmäßig vorgesehen.

4. Nur die Grundbucheintragung bietet Rechtssicherheit

Wichtig ist, dass das Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz im Grundbuch eingetragen ist. Nur dann muss auch ein späterer Erwerber einer benachbarten Wohnungseigentumseinheit das Sondernutzungsrecht gegen sich gelten lassen (dingliches Sondernutzungsrecht).

Insoweit genügt es nicht, wenn ein Bauträger das Grundstück teilt und in der Teilungserklärung nur schuldrechtlich versichert, ein Sondernutzungsrecht einräumen zu wollen (OLG Hamburg MDR 1979, 58).

5. Zweckbestimmung bestimmt Inhalt des Sondernutzungsrechts

Das Sondernutzungsrecht darf nur im Rahmen seiner Zweckbestimmung ausgeübt werden. Im Idealfall ist in der Teilungserklärung genau definiert, was der Berechtigte darf und was er zu unterlassen hat. Mangels klarer Vereinbarung ist es dem Sondernutzungsberechtigten regelmäßig nicht erlaubt, auf der Abstellfläche Fahrzeuge zu reparieren oder dort Baumaterial dauerhaft zu lagern.

Ein Stellplatzbesitzer ist auch nicht berechtigt, auf seinem Stellplatz Kartons oder Hausrat zu lagern (AG München Urt. v. 21.11.2012 – 433 C 7448/12). Das Amtsgericht bezog sich zur Bestimmung des Nutzungszwecks auf die “Reichsgaragenverordnung“. Danach sei ein Stellplatz als nicht abgeschlossener und ungeschützter Raum nur zum Abstellen von Fahrzeugen geeignet und vorgesehen.

Grundsätzlich darf das Sondernutzungsrecht nur im Rahmen der Verkehrsüblichkeit genutzt werden. Der Inhaber muss Störungen anderer Eigentümer, mit denen diese üblicherweise nicht rechnen müssen, unterlassen. Das Nutzungsrecht allein beinhaltet nicht das Recht zum Gebrauch der Sache in der Art und Weise, wie ein Eigentümer damit verfahren könnte (BayObLG 2 Z 48/85).

6. Art und Weise der Ausübung des Sondernutzungsrechts

Ein Stellplatzbesitzer hat keinen Anspruch darauf, dass der links neben ihm parkende Stellplatzbesitzer sein Fahrzeug so parkt, dass ein Mindestabstand von 50 Zentimeter eingehalten wird und er linksseitig problemlos aussteigen kann (AG München Urt. v. 11.6.2013 – 415 C 3398/13). Er braucht nicht „mittig“ zu parken.

In diesem Fall sei auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme (Schikaneverbot) beeinträchtigt, da der links parkende Eigentümer nur dann so weit nach rechts parkte, weil er selbst linksseitig zugeparkt war und damit linksseitig nur so selbst aussteigen konnte. Jeder Stellplatzbesitzer darf sein Fahrzeug also so parken, dass er den Stellplatz vollumfänglich ausnutzt. Dies gilt auch bei besonders großen Fahrzeugen und ist in diesen Fällen ohnehin unumgänglich.

7. Bauliche Änderungen

Auch ist es bei Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts regelmäßig verwehrt, bauliche Änderungen vorzunehmen. Bauliche Änderungen sind nur erlaubt, wenn diese in der Vereinbarung gestattet wurden oder wenn sie von den übrigen Wohnungseigentümer unbeanstandet bleiben (§ 22 I WEG).

So bleibt es einem Stellplatzbesitzer verwehrt, seinen Stellplatz gegen die Fremdnutzung durch einen Parkbügel zu schützen. Dabei handele sich um zustimmungsbedürftige bauliche Veränderungen, die den Charakter des Stellplatzbereiches erheblich veränderten. Die Eigentümergemeinschaft hatte sich optisch an den hochgeklappten Parkbügeln gestört, die zudem das Rangieren behinderten (LG Düsseldorf Az. 19 S 55/12 U).

Bloße Modernisierungsmaßnahmen können mit einer Dreiviertelmehrheit und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden, sofern die Anpassung an den Stand der Technik erfolgt und kein anderer Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigt wird (§ 22 II WEG).

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Teilungserklärung – Erstellung, Kosten und Inhalte der Teilungserklärung

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Wohnungseigentum kann nur begründet werden, wenn die Immobilie aufgeteilt wird. Jeder Miteigentümer möchte und muss wissen, was ihm gehört und was er nur gemeinsam mit anderen Wohnungseigentümern nutzen darf. Durch die Teilungserklärung wird das Sondereigentum vom Gemeinschaftseigentum abgegrenzt. Wohnungseigentum kann auf zweierlei Wegen entstehen.

So kann Wohnungseigentum einmal gemäß § 3 WEG durch mehrere Miteigentümer eines Grundstücks (Bruchteilsgemeinschaft) durch einen entsprechenden Teilungsvertrag begründet werden. Da mehrere Personen beteiligt sind, spricht man von einem Teilungsvertrag.

Die andere Möglichkeit besteht darin, dass ein Grundstückseigentümer, dem die Immobilie allein gehört, eine Teilungserklärung beurkundet und die Immobilie aufteilt. Im ersten Fall ist ein Vertrag zwischen den beteiligten Miteigentümer erforderlich, im zweiten Fall genügt die Erklärung des alleinigen Eigentümers.

Die Teilungserklärung kann sich auf ein Grundstück beziehen, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder auf ein bereits bebautes Grundstück.


Inhalt: Das sollten Sie zur Teilungserklärung wissen

1. Inhalte von Teilungsvertrag und Teilungserklärung

2. Erstellung der Teilungserklärung

2.1. Teilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 WEG

2.2. Teilung durch Teilungserklärung gemäß § 8 WEG

a. Vorratsteilung

b. Faktische Wohnungseigentümergemeinschaft

3. Beschreibung des Wohneigentums

4. Kosten der Teilungserklärung

5. Fortbestand von Grundschulden nach Teilung

6. Teilungserklärung kann Kostenrisiken beinhalten


1. Inhalte von Teilungsvertrag und Teilungserklärung

Es kann die Teilungserklärung im engeren Sinne und im weiteren Sinn unterschieden werden.

Im engeren formellen Sinne beinhaltet die Teilungserklärung u.a.

  • eine Beschreibung des Grundstücks,
  • eine Beschreibung des Grundbuchbestandes,
  • Angaben über Art, Charakter, Zweckbestimmung der Wohnung und
  • eine Beschreibung des Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum.

Im weiteren Sinne enthält die Teilungserklärung u.a.

  • Aspekte zur Organisation der Wohnungseigentümerversammlung,
  • Angaben zu den Stimmrechten,
  • Aussagen darüber, wie die Kosten und Lasten verteilt werden und
  • Aussagen zur Verwalterbestellung und
  • Angaben zur Hausordnung.

2. Erstellung der Teilungserklärung

2.1. Teilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 WEG

Sind mehrere Personen Miteigentümer einer Immobilie, können Sie durch einen Teilungsvertrag Wohnungseigentum begründen. Auf diesem Wege entsteht Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder Teileigentum an bestimmten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten, die einem der Miteigentümer ausdrücklich zugewiesen werden.

Typisches Beispiel in der Vergangenheit waren die aus steuerlicher Sicht begründeten Bauherrenmodelle. Hierbei erwarben mehrere Personen ein Grundstück, das sie unter Inanspruchnahme eines bevollmächtigten Treuhänders anschließend vertraglich aufteilten. Da die steuerliche Konzeption entfallen ist, sind diese Bauherrenmodelle heute bedeutungslos.

Der Teilungsvertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Beteiligter vor dem Notar erklärt werden (§ 4 II 1 WEG). Sie bedarf nämlich der für die Auflassung (Eigentumsumschreibung im Grundbuch) notwendigen Form. Stellvertretung ist möglich. Allerdings muss der Stellvertreter eine öffentlich beglaubigte oder notarielle Urkunde über seine Bevollmächtigung vorlegen. Danach muss die Auflassung im Grundbuch eingetragen werden (§ 4 I WEG). Die Eintragung erfordert neben der Vorlage des Teilungsvertrages auch die Vorlage des Aufteilungsplans nebst der Abgeschlossenheitsbescheinigung.

Die durch den Teilungsvertrag bestimmten Miteigentumsquoten sind grundsätzlich unveränderlich. Sollen sie geändert werden, ist die Vereinbarung aller Miteigentümer durch Auflassung und Eintragung ins Grundbuch erforderlich. Ein Miteigentümer hat ausnahmsweise nur dann einen Anspruch auf Mitwirkung der Miteigentümer, soweit sich seine Quote als fehlerhaft herausstellt.

2.2. Teilung durch Teilungserklärung gemäß § 8 WEG

a. Vorratsteilung

Ist eine Person alleiniger Eigentümer eines Grundstücks, kann sie das Eigentum am Grundstück durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt aufteilen und zwar so, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohneinheit oder das Teileigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen in einem auf dem Grundstück noch zu errichtenden oder bereits errichteten Gebäude verbunden ist. Da nur eine Person beteiligt ist, genügt deren alleinige Erklärung.

Man spricht insoweit von der Vorratsteilung. Aus dem „Vorrat“ an Miteigentumsanteilen kann eine weitere Person dann Miteigentum erwerben.

Auch in diesem Fall bedarf die Teilung der notariellen Beurkundung oder öffentlichen Beglaubigung. Die Teilungserklärung ist zusammen mit dem Aufteilungsplan und der Abgeschlossenheitsbescheinigung dem Grundbuchamt einzureichen. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam (§ 8 II 2 WEG).

Typischer Fall einer Teilungserklärung ist der des Bauträgers. Ein Bauträger kauft ein unbebautes Grundstück, teilt dieses Grundstück in Miteigentumsanteile auf und verkauft dann die noch zu errichtenden oder bereits errichteten Eigentumswohnungen an Kaufinteressenten. Der Erwerber wird dann Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

b. Faktische Wohnungseigentümergemeinschaft

Eigentliches Wohnungseigentum entsteht begrifflich und rechtlich erst, wenn der erste Erwerber nach der Beurkundung des Kaufvertrages als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Bis dahin spricht die Rechtsprechung von der „faktischen“ Wohnungseigentümergemeinschaft.

Es ist anerkannt, dass bereits dann die Vorschriften des WEG-Gesetzes angewendet werden können (BayOblG NJW-RR 1997, 1443). Danach wird der Erwerber so behandelt, als wenn er bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wäre. Voraussetzung ist allerdings die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Ist dies der Fall, hat der Erwerber beispielsweise ein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung oder kann Versammlungsbeschlüsse anfechten.

3. Beschreibung des Wohneigentums

Im Teilungsvertrag oder in der Teilungserklärung wird die Höhe der Miteigentumsanteile der Miteigentümer bestimmt. Üblicherweise erfolgt die Aufteilung in Tausendstel oder Hundertstel Miteigentumsanteile.

Beispiel: Miteigentumsanteil von 77/1000-tel, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Wohnung, 54 m² Wohnfläche, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad, WC, Ausflug, im EG rechts und einem Kellerraum im UG linksseitig.

Diese Beschreibung des Wohnungseigentums findet sich im formellen ersten Teil der Teilungserklärung. Mit ihr wird das Objekt identifizierbar beschrieben.

Darüber hinaus informiert die Teilungserklärung über die Zahl, Größe und Lage sämtlicher Wohnungen in der Immobilie, über Teileigentum und über Gemeinschaftsrechtsflächen und Gemeinschaftseigentum sowie sonstige Sondernutzungsrechte. In der Beschreibung kommt es darauf an, dass sämtliche Angaben mit dem Inhalt des Aufteilungsplans und den Bauplänen übereinstimmen. Insbesondere ist es wichtig, in schwierigen Zuordnungsfragen zum Beispiel in Bezug auf Balkone, Fenster, Rollläden, Türen, Dachterrassen, klare Abgrenzungen zu treffen.

4. Kosten der Teilungserklärung

Teilungsvertrag und Teilungserklärung können von den/dem Eigentümern selbst erstellt werden. Da das Gesetz dafür nicht unbedingt die notarielle Beurkundung verlangt, genügt die Beglaubigung der Unterschriften durch den Notar. Die bloße Unterschriftenbeglaubigung kostet ci. 140 Euro

Werden Teilungsvertrag und Teilungserklärung hingegen notariell beurkundet, rechnet der Notar für seinen erhöhten Arbeitsaufwand eine 10/10 Gebühr nach dem halben Grundstückswert zuzüglich der Baukosten ab (§§ 21 Abs. 2, 36 Abs. 1 Satz 1 Kostenordnung). Bei beispielsweise 1.000.000 Euro Wertansatz fallen ci. 770 Euro für den Notar und 388 Euro Grundbuchkosten an.

5. Fortbestand von Grundschulden nach Teilung

Wird das Grundstück aufgeteilt und ist es bereits mit einer Hypothek oder einer Grundschuld belastet, braucht der Grundschuldgläubiger der Aufteilung nicht zuzustimmen. Die Grundschuld wandelt sich in eine Gesamtgrundschuld an allen Miteigentumsanteilen und eine Hypothek in eine Gesamthypothek um (§§ 1192, 1132, 1114 BGB) (BGH NZM 2012, 351).

Dann haftet jeder Anteil für die gesamte Forderung des Gläubigers. Der Gläubiger kann sich nach seinem Belieben an jedem Anteil ganz oder teilweise befriedigen. Zudem ist er berechtigt, den Betrag seiner Forderung auf die einzelnen Anteile so zu verteilen, dass jeder Anteil nur für den zugeteilten Betrag haftet. Soweit ein Erwerber einen Anteil erwirbt, wird der eingetragene Gläubiger mit der Zahlung des Kaufpreises entlastet und gibt diesen Anteil an der Grundschuld frei.

6. Teilungserklärung kann Kostenrisiken beinhalten

Wird eine Teilungserklärung nachlässig formuliert oder kauft ein Interessent Wohnungseigentum, ohne vorab die Teilungserklärung gelesen zu haben, bestehen erhebliche Kostenrisiken.

In einem vom BGH entschiedenen Fall (V ZR 9/12) war in der Teilungserklärung formuliert, dass die Eigentümer, deren Wohnung über einen Balkon verfügte, die mit der Instandsetzung- und Instandhaltung zusammenhängenden Kosten jeweils allein zu tragen haben, während die Eigentümer ohne Balkon sich nicht an den für die Instandsetzung des Balkons einhergehenden Kosten zu beteiligen brauchten. Regelmäßig ist es nämlich so, dass zumindest die konstruktiven Teile der Balkone dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet sind und der Erhaltungsaufwand der Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt obliegt.

Während so die Kosten der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums normalerweise anteilmäßig auf alle Miteigentümer aufgeteilt werden, war nach dieser Teilungserklärung der einzelne Eigentümer allein für die Kosten der Balkonsanierung verantwortlich. Dieses Fallbeispiel verdeutlicht die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Teilungserklärung.

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Einsicht ins Grundbuch bei Wohnungseigentum – Wer darf einsehen und wer darf nicht?

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Im Grundbuch ist jedes Grundstück erfasst. Auch das Wohnungseigentum unterliegt den auf Grundstücke anwendbaren Vorschriften der Grundbuchordnung. Auf Grundlage des Aufteilungsplans werden für jedes Sondereigentum und Teileigentum eigene Grundbuchblätter angelegt.

Das Grundbuch genießt“ öffentlichen Glauben“. Es schützt denjenigen, der auf die Richtigkeit des Grundbuchs vertraut. Der Inhalt des Grundbuchs gilt bis zum Beweis des Gegenteils als richtig. Es beinhaltet die widerlegbare Vermutung seiner Richtigkeit.

Die Einsicht ins Grundbuch verschafft einen schnellen und zuverlässigen Überblick über die Sach- und Rechtsverhältnisse an dem betreffenden Grundstück.


Inhalt: Einsichtsrecht ins Grundbuch bei einer WEG

  1. Amtsgerichte führen die Grundbuchakten
  2. Ein rechtliches Interesse begründet immer die Einsichtnahme
  3. Berechtigtes Interesse erfordert sachliche Gründe
  4. Nicht jedes Interesse ist ein berechtigtes Interesse
  5. Berechtigtes Interesse contra Selbstbestimmungsrecht des Eigentümers
  6. Automatisiertes Abrufverfahren im elektronischen Grundbuch
  7. Einsichtnahme ist informationspflichtig
  8. Verfahrensablauf zu Grundbucheinsicht

1. Amtsgerichte führen die Grundbuchakten

Das Grundbuch wird bei den Amtsgerichten geführt. Zunehmend wird ein zentrales Amtsgericht bestimmt, das die Grundbuchakten für einen größeren Bezirk zentral führt. Beispiel: Im Saarland gibt es acht Amtsgerichtsbezirke. Das Grundbuch wird jedoch zentral beim Amtsgericht Saarbrücken, für alle Amtsgerichtsbezirke geführt. Nur dort ist die Einsichtnahme möglich. Für das Verfahren der Grundbuchämter gilt die Grundbuchordnung. Für jedes Grundstück wird ein Grundbuchblatt angelegt.

2. Ein rechtliches Interesse begründet immer die Einsichtnahme

Die Einsicht ins Grundbuch bestimmt sich nach § 12 Grundbuchordnung. Danach ist die Einsicht des Grundbuches jedem gestattet, der ein „berechtigtes Interesse“ darlegt.

Berechtigt ist zunächst jeder, dessen rechtliche Situation durch den Inhalt des Grundbuchs beeinflusst werden könnte. Dies ist der Fall bei jedem, der im Hinblick auf die jeweilige Immobilie mit einem Recht im Grundbuch eingetragen ist (Wohnungseigentümer, Sondernutzungsberechtigter, Grundschuldgläubiger, Wegeberechtigter).

Einsehen kann auch derjenige, der aufgrund einer schuldrechtlichen Situation ein nachvollziehbares Interesse am Inhalt des Grundbuchs haben kann (Bank vor Abschluss eines Darlehensvertrages, Bürge).

Aus der Wortwahl des Gesetzestextes folgt, dass ein „rechtliches“ Interesse nicht erforderlich ist, also ein Interesse, das durch einen Rechtsanspruch begründet wäre. Es genügt vielmehr ein „berechtigtes“ Interesse.

3. Berechtigtes Interesse erfordert sachliche Gründe

Bei der Interpretation des Gesetzes ist zu berücksichtigen, dass § 12 GBO verhindern soll, dass eine Person aus purer Neugierde das Grundbuch einsehen möchte. Gleiches trifft auf einen Immobilienmakler zu, der auf diesem Wege Neukunden akquirieren möchte.

Erforderlich ist also, dass der Antragsteller ein verständiges und durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Hierzu gibt es eine Vielzahl richterlicher Entscheidungen.

4. Nicht jedes Interesse ist ein berechtigtes Interesse

Einen Nachbareigentümer gehen die Eigentumsverhältnisse an der benachbarten Wohnung nichts an, ebenso wenig genügt das Interesse eines Bauträgers, ein leerstehendes Gebäude zu erwerben. Auch das Kaufinteresse eines potentiellen Kaufinteressenten wird regelmäßig nicht als berechtigtes Interesse anerkannt. Ein solches Kaufinteresse könnte schließlich jeder äußern. Es ließe sich nicht überprüfen. Dem Kaufinteressenten bleibt nur, über den Kontakt mit dem Wohnungseigentümer Einsicht zu nehmen.

Auch ein von dem Einblicksuchenden bevollmächtigter Rechtsanwalt hat kein eigenes Einsichtsrecht, sondern nur eines, dass er vom Recht seines Mandanten ableiten kann. Hat der Mandant kein Einsichtsrecht, hat der Anwalt auch keines.

Ein berechtigtes Interesse kann sich daraus ergeben, dass eine Person gegen einen im Grundbuch eingetragenen Berechtigten einen Anspruch hat (Grundschuldgläubiger) oder durch ein bereits in der Anbahnung befindliches Rechtsgeschäft erlangen wird. So ist die darlehensgebende Bank berechtigt, schon vor Abschluss des Darlehensvertrages das Grundbuch einzusehen, um festzustellen, ob der künftige Darlehensnehmer dort als Wohnungseigentümer eingetragen ist.

5. Berechtigtes Interesse contra Selbstbestimmungsrecht des Eigentümers

Bei der Entscheidung ist das informelle Selbstbestimmungsrecht des Wohnungseigentümers zu berücksichtigen. Er dürfte aus datenschutzrechtlichen Gründen kaum daran interessiert sein, jedem beliebigen Dritten Auskunft über die Eigentumsverhältnisse und die wirtschaftlichen Verhältnisse an seiner Wohnung zu gewähren.

Andererseits ist das Grundbuch ein öffentliches Register. Demgemäß kommt es im Einzelfall auf eine Abwägung an, in der das berechtigte Interesse das Datenschutzinteresse überwiegen muss.

Demgemäß wurde einem Mieter Einblick ins Grundbuch gewährt, der die Einsichtnahme damit begründete, dass er in der Wohnung Schönheitsreparaturen vornehmen, individuell eingepasste Einbaumöbel einbauen und einen teuren Teppichboden verlegen und dabei sicher gehen wollte, dass sein Vermieter tatsächlich der Eigentümer sein (OLG Hamm Rpfl 1986, 128).

Einem Makler hingegen wurde das Einsichtsrecht verweigert. Er beabsichtigte, gegen einen Mandanten eine Provisionsforderung geltend zu machen. Dazu wollte er den Kaufpreis des von ihm vermittelten Grundstücks in Erfahrung bringen. Er wurde auf den Klageweg verwiesen. Das rein wirtschaftliche Interesse genügte nicht, ein sachlich berechtigtes Interesse zu begründen (OLG Dresden 3 W 1228/09). Gleiches wurde einem Rechtsanwalt entgegen gehalten, der gegen einen Mandanten eine Honorarforderung hatte und in Erfahrung bringen wollte, ob der Mandant Eigentümer eines Grundstückes war (OLG Celle 4 W 31/13).

6. Automatisiertes Abrufverfahren im elektronischen Grundbuch

Bestimmte Personenkreise können das elektronische Grundbuch automatisiert abrufen. Das automatisierte Abrufverfahren erfordert eine Zulassung. Diese ist kostenpflichtig.

Notare hingegen üben ein öffentliches Amt aus. Daher gewährt Ihnen § 12 GBO ein Einsichtsrecht ins Grundbuch auch dann, wenn sie kein berechtigtes Interesse vortragen. Rechtsanwälte erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Teilnahme berechtigt sind:

Gruppe 1: 

  • Notare
  • Behörden
  • Gerichte
  • Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

Gruppe 2:

  • Personen oder Stellen, die vom Eigentümer zur Einsicht ermächtigt wurden,
  • an dem Grundstück dinglich berechtigt sind (z.B. Grundschuldgläubiger),
  • die im Besitz eines vollstreckbaren Titels sind und die Zwangsvollstreckung gegen den Wohnungseigentümer betreiben.

Alle Teilnehmer müssen ihr berechtigtes Interesse darlegen.

7. Einsichtnahme ist informationspflichtig

Ab 1.10.2014 müssen die Grundbuchämter jede Einsichtnahme Dritter protokollieren. Sie haben dem Eigentümer zwei Jahre lang Auskunft zu erteilen, wer Einblick in das Grundbuch genommen hat. Bislang wurde der Eigentümer nicht informiert und konnte auf die Einsichtnahme Dritter nicht reagieren.

8. Verfahrensablauf zu Grundbucheinsicht

Zuständig für die Einsichtnahme ist der Rechtspfleger beim Grundbuchamt des zuständigen Amtsgerichts. Der Antragsteller hat sein berechtigtes Interesse darzulegen. Dies kann er schriftlich tun oder mündlich beim Rechtspfleger vorsprechen. Der Rechtspfleger kann im Zweifel verlangen, dass das berechtigte Interesse nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht wird. Der Ausdruck eines Grundbuchauszugs ist gebührenpflichtig. Der Auszug kann unbeglaubigt oder in beglaubigter Form erfolgen.

Verweigert der Rechtspfleger die Einsichtnahme, kann der Antragsteller gemäß § 12b IV GBO die Entscheidung des Grundbuchrichters beantragen. Dazu hat er einen schriftlichen Antrag einzureichen und den Sachverhalt zu schildern. Eine Frist besteht nicht. Der Grundbuchrichter kann den Antrag zurückweisen oder den Rechtsträger anweisen, die beantragte Einsicht zu gewähren. Weist auch der Grundbuchrichter den Antrag zurück, hat der Antragsteller ein Beschwerderecht, über das letztlich das Landgericht entscheidet.

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Stromumlage, Anbieterwahl und Stromklau in der Wohnungseigentümergemeinschaft

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Nach § 16 II WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Sein Anteil bestimmt sich nach dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 I 2 WEG).

Es sollte klar sein, dass der Stromverbrauch von der Gemeinschaft bezahlt werden muss. Erörterungswürdig ist lediglich, wie die Umlage im Einzelfall erfolgt.

In diesem Artikel erklären wir, wie die Umlage der allgemeinen Stromkosten (Treppenhaus, Keller, Garten, technische Anlagen) erfolgt, wie man den passenden Stromanbieter auswählt und wie sich die WEG gegenüber “Stromdieben” verhält.


Inhalt: Allgemeinstrom in der Eigentümergemeinschaft

1. Stromumlage innerhalb der WEG

a. Individueller Stromverbrauch wird gesondert abgerechnet

b. Stromverbrauch für Gemeinschaftsanlagen betrifft alle Wohnungseigentümer

c. Kosten der Beleuchtung

d. Betriebsstrom für technische Anlagen

2. Anbieterwahl

a. Wirtschaftlichkeitsgrundsatz

b. Vergleichsportale reduzieren Auswahlermessen

3. Stromklau in der WEG

a. Zählermanipulation

b. Anzapfen fremder Stromleitungen

c. Stromdieb droht Entziehung seines Wohneigentums


1. Stromumlage innerhalb der WEG

a. Individueller Stromverbrauch wird gesondert abgerechnet

Die Kosten des Sondereigentums, also diejenigen Kosten, die die jeweilige Eigentumswohnung betreffen, trägt jeder Eigentümer selbst. Dazu gehört insbesondere der individuelle Stromverbrauch, der regelmäßig über separate Zähler von den Elektrizitätswerken abgelesen und gegenüber dem Wohnungseigentümer einzeln abgerechnet wird.

b. Stromverbrauch für Gemeinschaftsanlagen betrifft alle Wohnungseigentümer

Soweit der Strom der laufenden Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Eigentums dient, erfolgt die Stromumlage auf die Eigentümergemeinschaft. Grundlage ist die Betriebskostenverordnung. Danach sind Betriebskosten diejenigen Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Gebäude, Anlagen, Einrichtungen und Grundstück fortlaufend entstehen. Nur eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Abrechnung verhindert Missbrauch und gewährleistet die Kontrolle durch den einzelnen Wohnungseigentümer.

c. Kosten der Beleuchtung

In § 2 Ziffer 11 BetrKV sind die Kosten der Beleuchtung, insbesondere die Kosten des Stroms für die Außenbeleuchtung und die Beleuchtung der von den Wohnungseigentümern gemeinsam genutzten Gebäudeteile (Zugänge, Flure, Treppen, Keller, Bodenräume, Waschküchen) bezeichnet.

Auch der Betriebsstrom für die Beleuchtung der Tiefgarage und des Parkplatzes kann nach Ziffer 11 umgelegt werden (AG Neuss WuM 1997, 471). Gleiches gilt für die Kosten für den Betrieb eines Notstromaggregats (AG Koblenz NZM 2000, 238). Da in der Vorschrift nur die Stromkosten bezeichnet werden, können die Kosten für Lampen und Glühbirnen nur nach § 2 Ziffer 17 BetrKV umgelegt werden (OLG Düsseldorf NZM 2000, 762). Gleiches betrifft Stromkosten für den Betrieb von Rolltoren und Duplexstellplätzen in einer Tiefgarage.

d. Betriebsstrom für technische  Anlagen

Am einfachsten wäre es, die Stromkosten für den Betrieb technischer Anlagen insgesamt umzulegen. Nach der Systematik der Betriebskostenverordnung ist jedoch eine Aufteilung erforderlich. Der Verbrauch wird im Regelfall durch Zwischenzähler erfasst. Gemäß § 16 III WEG können die Wohnungseigentümer auch eine andere Kostenverteilung vereinbaren (z.B. nach der Anzahl der Wohnungen oder der Bewohnerzahl), sofern diese nicht unbillig ist (AG Recklinghausen ZMR 2010, 242).

Soweit die Stromkosten einen individuellen Bezug haben (Heizung, Warmwasser), werden sie im Rahmen der jeweiligen Nutzungsart auf die Miteigentümer umgelegt. Die in der Betriebskostenverordnung bezeichneten Bewirtschaftungskosten sind zugleich diejenigen Betriebskosten, die der Wohnungseigentümer im Fall der Vermietung der Eigentumswohnung auch auf seinen Mieter umlegen kann.

Soweit also Stromkosten anlässlich des Betriebs der Zentralheizungsanlage anfallen, werden diese gemäß § 2 Ziffer 4 BetrKV als Betriebskosten der Heizungsanlage erfasst. Gleiches gilt für die Kosten des Betriebsstroms für den Betrieb eines Personen- oder Lastenaufzugs (Ziffer 7), die Stromkosten für den Betrieb einer Gemeinschafts-Antennenanlage (Ziffer 15) und die Stromkosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege (Ziffer 16).

Der jeweilige Betriebsstrom kann nicht zusammen mit dem Strom für Beleuchtung (Ziffer 11) abgerechnet werden. Betriebsstrom ist immer nur der Stromverbrauch für die Anlage selbst. Soweit der Verbrauch im Hinblick auf die Unverhältnismäßigkeit eines dadurch entstehenden Aufwandes für die Einrichtung eines Zwischenzählers nicht zumutbar gemessen werden kann, wird eine Schätzung für zulässig erachtet. Die Grundlagen für die Schätzung  müssen noch nicht in der Abrechnung, spätestens aber im Prozess offengelegt werden (BGH GE 2008, 662).

Der Kostenaufwand für den jeweiligen Betriebsstrom von Heizung und Warmwasseraufbereitung wird entsprechend des Energieverbrauchs und der Miteigentumsanteile (oder bei entsprechender Vereinbarung gemäß der Wohnfläche oder Personenzahl) auf die jeweiligen Wohnungseigentümer und im Fall der Vermietung auf die Mieter umgelegt. Die Heizkostenverordnung schreibt eine verbrauchsabhängige Abrechnung von mindestens 50 % vor.

2. Anbieterwahl

a. Wirtschaftlichkeitsgrundsatz

Gerade bei steigenden Strompreisen kommt es auf die sachgerechte Auswahl des richtigen Energieversorgers an. Jeder Wohnungseigentümer kann eine ordnungsgemäße Verwaltung verlangen (§ 21 IV WEG). Dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Soweit kostenverursachende Maßnahmen beschlossen werden, ist vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters zu beurteilen, ob und inwieweit ein vertretbares Kosten-Nutzungsverhältnis besteht. Insofern braucht der Verwalter nicht die billigste Lösung zu wählen, sondern kann alle sachlichen Aspekte bei der Auswahl eines Anbieters heranziehen. Dabei wird man dem Verwalter einen gewissen Entscheidungsspielraum zugestehen müssen. Auf seine persönlichen Kenntnisse und Möglichkeiten kommt es dabei nicht an.

Es  widerspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung dann, wenn der Verwalter sich auf unangemessene, marktunübliche und überhöhte Entgeltvereinbarungen einlässt (OLG Celle ZMR 1999, 240 für das Verhältnis Vermieter/Mieter). Im Mietrecht wird es unter Heranziehung der Wesentlichkeitsgrenze des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz zugelassen, dass die aufgewendeten die üblichen Kosten um bis zu 20 % übersteigen (AG Köln WuM 221).

b. Vergleichsportale reduzieren Auswahlermessen

Gerade in Zeiten, in denen Strompreise über Vergleichsportale auf einfachste Weise verglichen werden können, dürfte das Auswahlermessen des Verwalters eher eingeengt werden. Bei der Auswahl sind sicher auch die Bonität des Anbieters, seine Zuverlässigkeit und Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zu berücksichtigen.

Übrigens: Die allermeisten WEG-Verwaltungen nutzen nichts anderes als Online-Portale zum Vergleich der Stromanbieter. Vergleichsanbieter gibt es viele, speziell Verivox empfehlen wir hier gerne weiter, denn es ist eines der bewährtesten, ältesten und größten Portale.

3. Stromklau in der WEG

a. Zählermanipulation

Wer Strom klaut, macht sich strafbar. Mit steigenden Strompreisen steigt nach Angaben der RWE die Zahl manipulierter Zähler. Der Kunde habe das Recht, seinen Stromzähler überprüfen zu lassen. Stellt sich heraus, dass er ordnungsgemäß funktioniert, muss der Kunde  allerdings die Kosten zahlen (laut RWE ci 150 €). Gut 1/3 der 900 in 2012 überprüften Zähler sei manipuliert gewesen. Das Risiko, aufzufallen, sei. Stadtwerke werden misstrauisch, wenn der Stromverbrauch eines Kunden vom Stromverbrauch der Vorjahre nach unten oder oben erheblich abweicht. Auch beim Mieterwechsel fällt der Missbrauch oft auf. Die Manipulation eines Stromzählers ist als „Fälschung technischer Aufzeichnungen“ (§ 268 StGB) strafbar.

b. Anzapfen fremder Stromleitungen

Die Variante ist, dass Strom abgezapft wird. § 248c StGB (Entziehung elektrischer Energie) bestraft denjenigen, der „einer elektrischen Anlage fremde elektrische Energie mittels eines Leiters entzieht, der zur ordnungsgemäßen Entnahme von Energie aus der Anlage nicht bestimmt ist“, mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe. Bereits der Versuch ist strafbar. Zu deutsch: Wer eine fremde Stromleitung anzapft und den Strom für sich selbst verbraucht, ist ein Stromdieb. Regelmäßig tritt der Tatbestand der „Sachbeschädigung“ (§ 303 StGB) hinzu.

In einem Fall des OLG Hamm (Az.: 19 U 69/11) wurde ein Stromdieb zur Zahlung einer Entschädigung von 50.000 € verurteilt, weil er für seine Cannabisplantage drei Jahre lang den Stromzähler so manipulierte, dass er unbegrenzt Strom abzapfen konnte. Nach der  Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) kann der Versorger den Stromverbrauch schätzen.

c. Stromdieb droht Entziehung seines Wohneigentums

Über die strafrechtliche Dimension hinaus verhält sich die betreffende Person natürlich auch wenig nachbarschaftlich und ruiniert das in einer Wohnungseigentümergemeinschaft unabdingbare Vertrauensverhältnis. In schwerwiegenden Fällen riskiert der Täter, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Entziehung des Wohneigentums (§ 18 WEG) betreibt und ihn aus der Gemeinschaft verstößt.

Fenster – Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum?

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Fenster sind immer wieder Streitgegenstand in Eigentümergemeinschaften. Es ist in der Rechtsprechung weitgehend unbestritten, das Fenster zum Gemeinschaftseigentum gehören. Um dies zu verstehen und die Abgrenzung zum Sondereigentum vorzunehmen, ist die Kenntnis des rechtlichen Umfeldes unabdingbar.

Der Grund für die Zuordnung von Fenstern zum Gemeinschaftseigentum besteht darin, dass sie der Witterung ausgesetzt sind, regelmäßig intensiver Innen- und Außenpflege bedürfen und insoweit die Schwachstellen der Außenfassade darstellen. Fenster sind wesentliche Gebäudebestandteile. Sie verhindern das Eindringen von Regen und Feuchtigkeit und sichern den Bestand des Mauerwerks. Vor allem stellen sie ein einheitliches Bauteil dar, bei dem die gesonderte Zuordnung einzelner Teile wenig praktikabel ist.


Inhalt: Fenster – Gemeinschafts- oder Sondereigentum?

  1. Fenster sind als Gebäudebestandteile Gemeinschaftseigentum
  2. Zuordnung zum Sondereigentum ist meist nichtig
  3. Sondereigentum besteht unabhängig von der Art des Fensters
  4. Fensterbestandteile sind ebenfalls Gemeinschaftseigentum
  5. Fensterzubehör als Sondereigentum
  6. Eigenmächtiger Fensteraustausch durch einen Sondereigentümer
  7. Fensteraustausch als bauliche Veränderung ist unzulässig
  8. Modernisierende Instandsetzung contra Modernisierung
  9. Abweichende Kostenregelung in Teilungserklärungen

1. Fenster sind als Gebäudebestandteile Gemeinschaftseigentum

Fenster werden kraft Gesetzes dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet. Es besteht insoweit eine faktisch nicht widerlegbare Vermutung zu Gunsten des Gemeinschaftseigentums (§ 1 V, 5 I WEG). Sie bestimmen das äußere Bild eines Gebäudes (BayObLG ZMR 2001, 241; OLG Düsseldorf ZMR 1998, 304).

2. Zuordnung zum Sondereigentum ist meist nichtig

Viele Teilungserklärungen sind insoweit nach überwiegender Rechtsprechung sogar nichtig, als sie zwingendes Gemeinschaftseigentum zu Sondereigentum erklären wollen. Das OLG Bremen (DWE 2/87, 59; ebenso OLG Hamburg WE 4/89, 140) erklärte eine Teilungserklärung für nichtig, nach der Fensterrahmen und Fensterscheiben im Sondereigentum der Wohnungseigentümer stehen sollten.

Auch kann aus einer nichtigen Teilungserklärung, in der Fenster dem Sondereigentum zugeordnet werden, nur im Ausnahmefall eine wirksame Kostenverteilungsregelung zu Gunsten des vermeintlichen Sondereigentümers hergeleitet werden (OLG Hamm NJW-RR 1992, 148; OLG Karlsruhe NZM 2002, 220).

Soweit in einer Teilungserklärung die Beseitigung von Glasschäden dem jeweiligen Wohnungseigentümer zugewiesen wird, muss er auch trüb oder blind gewordene Scheiben auf seine Kosten ersetzen (BayObLG NZM 2001, 1081).

3. Sondereigentum besteht unabhängig von der Art des Fensters

Die Zuordnung von Fenstern zum Gemeinschaftseigentum betrifft sämtliche Fensterarten.

Dies gilt für Einfachglas-Fenster, Verbundfenster mit einfachem Rahmen (BayObLG NJW-RR 1996, 140), Kunststofffenster mit Isolierglas (BayObLG ZMR 2003, 951), Lichtkuppelfenster und Dachflächenfenster.

Gleiches gilt auch für Balkon- und Terrassentüren sowie für Ladenscheiben und Schaufenster.

Fensterrahmen, Fensterstöcke und Fensterverglasung sind Gemeinschaftseigentum (BayObLG 2 Z BR 184/99; OLG Düsseldorf 3 Wx 376/98).

4. Fensterbestandteile sind ebenfalls Gemeinschaftseigentum

Die Zuordnung erfasst insbesondere auch den Rahmen und die Verglasung. Der Farbanstrich der Außenseite gehört zur ordnungsgemäßen Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.

Sondereigentum kommt allenfalls noch bezüglich der Innenfenster von echten Doppelfenstern vor, die über einen eigenen, nach innen gesondert zu öffnenden Rahmen verfügen (BayObLG ZWE 2000, 177).

Auch Fenstersimse und Fensterläden sind als äußere Gebäudebestandteile Gemeinschaftseigentum (OLG Frankfurt 22 U 275/83). Ebenso sind Fenstergitter (Einbruchsicherung) Gemeinschaftseigentum (KG Berlin ZMR 1994, 169), gleichfalls Fensterscharniere (OLG Köln 16 Wx 86/96).

5. Fensterzubehör als Sondereigentum

Sondereigentumsfähig sind allenfalls Zubehörteile. Fensterzubehör sind meist die wohnungsinnenseitig gelegenen Fenstergriffe, Fensterhebel und Fensterbänke.

Für Zubehörteile ist charakteristisch, dass sie ohne weiteres ausgetauscht werden können und ausschließlich von innen zu bedienen sind. Dies ist wiederum bei der Fensterverriegelung (Kippmechanik, Fensterscharniere) nicht der Fall (OLG Köln 16 Wx 86/96).

6. Eigenmächtiger Fensteraustausch durch einen Sondereigentümer

Nicht jeder Sondereigentümer ist gewillt, den Sanierungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft abzuwarten. Wechselt er die Fenster seiner Wohnung eigenmächtig aus oder saniert diese, muss er die dafür maßgeblichen Kosten regelmäßig alleine tragen. Er hat gegenüber der Gemeinschaft keinen Kostenerstattungsanspruch und zwar auch dann nicht, wenn diese kurze Zeit danach beschließt, alle gemeinschaftlichen Fenster zu sanieren oder auszutauschen. Im Extremfall muss sich dieser Sondereigentümer dann sogar anteilig an den gemeinschaftlichen Instandhaltungskosten beteiligen (OLG Oldenburg 3 Wx 112/87).

In der Praxis wird diese Fallgestaltung im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens oft so gehandhabt, dass in der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft die vorzeitige Fenstersanierung einzelner Eigentümer erlaubt wird. Dabei werden zur Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes die Gestaltung und die Farbe bestimmt. Sofern danach alle Fenster saniert werden, werden die jeweiligen Sondereigentümer, die bereits auf eigene Kosten vorzeitig saniert haben, von der Kostentragungspflicht freigestellt.

7. Fensteraustausch als bauliche Veränderung ist unzulässig

Sollen Fenster in der Größe oder in Gestalt, Material oder Farbe verändert werden, kann ein einzelner Wohnungseigentümer die dadurch bedingte nachteilige Veränderung der Außenfassade ablehnen und darauf bestehen, dass der Status quo erhalten bleibt. Beispiel: nachträglicher Einbau von Holzsprossenfenster anstelle bisheriger Kunststoff- oder Alufenster (OLG Frankfurt RPfl 1983, 64).

Bauliche Maßnahmen gehen über die normale Instandhaltung und Instandsetzung und Modernisierung hinaus brauchen nicht geduldet zu werden. Sie bedürfen der Regel des einstimmigen Beschlusses (§ 22 I WEG).

8. Modernisierende Instandsetzung contra Modernisierung

Die Wohnungseigentümer sind allerdings zustimmungspflichtig und müssen eine bauliche Maßnahmen infolge eines Mehrheitsbeschlusses dulden, wenn es sich um modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen handelt (§ 22 I WEG). So wurde der Austausch einfachverglaster Fenster durch Thermopaneglasfenster trotz der damit verbundenen baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums erlaubt, da damit nur eine geringfügige optische Beeinträchtigung verbunden war und öffentliche und private Interessen an der damit verbundenen Energieeinsparung zu berücksichtigen waren (OLG Köln NJW 1981, 585).

Gerade für die modernisierende Instandsetzungsmaßnahme genügt die einfache Stimmenmehrheit (§§ 21 III, V Nr.2, 22 III WEG). Voraussetzung ist, dass ein Reparaturanlass besteht, zusätzlich zur Reparatur ein Modernisierungseffekt eintritt (technische Verbesserung, Erhöhung des Wohnwertes, Energieeinsparung) und sich die Maßnahme wirtschaftlich amortisiert (auf ci. 10 Jahre gerechnet). Maßgebliches Abgrenzungskriterium zur Modernisierung ist also der Reparaturanlass.

Handelt es sich um eine reine Modernisierungsmaßnahme, erfordert der Beschluss eine andere Mehrheit (§ 22 II WEG: Dreiviertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile).

9. Abweichende Kostenregelung in Teilungserklärungen

Um das Gemeinschaftseigentum zu erhalten, ist jeder Sondereigentümer verpflichtet, die in seiner Wohnung befindlichen Fenster zu pflegen. So kann die Teilungserklärung zur Auflage machen, dass jeder Sondereigentümer die Innenfenster regelmäßig streichen muss, gerade um Spritzwasserschäden oder das Verrottungsrisiko von Holzfenstern zu vermeiden.

Unabhängig davon kann ungeachtet der Zuordnung der Fenster zum gemeinschaftlichen Eigentum in der Teilungserklärung eine abweichende Kostenregelung vereinbart werden. Vielfach werden Schäden am Fenster und insbesondere an der Glasscheibe unabhängig von der Verursachung des Schadens den Wohnungseigentümern auferlegt. Ein Wohnungseigentümer kann allerdings nicht durch Beschluss zur Instandsetzung und Pflege der Außenseite der Fenster verpflichtet werden. Ein solcher Beschluss wäre wenig praxisgerecht und würde auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, da nur die gleichzeitige Instandsetzung und Pflege durch alle Wohnungseigentümer das optische Erscheinungsbild der Fassade gewährleisten würde.

In einer Entscheidung des BGH (Urteil v.2.3.2014 – V ZR 174/11) wurde eine Eigentümergemeinschaft verpflichtet, ein Dachflächenfenster auf ihre Kosten auszutauschen. In der Gemeinschaftsordnung war bestimmt, dass der Wohnungseigentümer die von ihm allein genutzten Gegenstände (Fenster) auf eigene Rechnung zu pflegen und instandzuhalten habe. Insbesondere wurden die Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen als solche bezeichnet. Da sich die Gemeinschaft den Außenanstrich ausdrücklich vorbehalten habe, müsse dies erst recht für die vollständige Erneuerung der Fenster gelten. Zweck war es mithin, die einheitliche Außenansicht des Gebäudes zu gewährleisten. Da ein Austausch die Außenansicht in noch stärkerem Maße als ein bloßer Anstrich beeinflussen könne, sei die Gemeinschaft auch für den Fensteraustausch verantwortlich.

Unabhängig von den Bestimmungen in einer Teilungserklärung kann die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschließen, wann und wie eine Fenstersanierung als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung erfolgen soll. Dabei kann auch eine Kostenverteilung zu Lasten des einzelnen Sondereigentümers vorgesehen werden. Sie bedarf allerdings der allseitigen Zustimmung oder eines unangefochten bleibenden Beschlusses der Gemeinschaft.

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Gemeinschaftsordnung – Bedeutung, Inhalt und Änderung

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Gemäß § 10 II Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, sofern das Gesetz nicht entgegensteht. Diese Vorschrift ist die Ermächtigungsgrundlage für die Beschluss einer Gemeinschaftsordnung.

Die Gemeinschaftsordnung ist sozusagen die Verfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie steht der Satzung einer juristischen Person oder einem Gesellschaftsvertrag gleich (BGHZ 163, 171).

Mit diesem Beitrag möchten wir interessierten Eigentümer helfen, die Bedeutung der Gemeinschaftsordnung besser nachvollziehen zu können.


Inhalt: Gemeinschaftsordnung im Wohnungseigentumsrecht

1. Inhalte einer Gemeinschaftsordnung

2. Bedeutung einer Gemeinschaftsordnung

3. Gemeinschaftsordnung ist Teil der Teilungserklärung

4. Eintragung im Grundbuch bindet Rechtsnachfolger

5. Gestaltungsvorgaben der Gemeinschaftsordnung

6. Änderung der Gemeinschaftsordnung

a. Grundsatz: Änderungen bedürfen der Einstimmigkeit

b. Ausnahme: Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

c. Fälle, in den Öffnungsklauseln überflüssig sind

d. Änderungsbeschlüsse sind nicht eintragungspflichtig

e. Musterformulierung einer Öffnungsklausel (unverbindlich)


1. Inhalte einer Gemeinschaftsordnung

Die Gemeinschaftsordnung regelt das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Sie enthält deren Rechte und Pflichten, Details des Sondereigentums, Nutzungs- und Gebrauchsvereinbarungen, Bewirtschaftungskosten und Wohngeldfragen sowie Zahlungsmodalitäten, Zweckbestimmungen, Beschluss-, Stimmrechts- und Versammlungsformalien, Modalitäten der Verwalterbestellung.

Wenig praktikabel und überflüssig ist die umständliche Wiederholung des Gesetzestextes. Diese Regelungen stehen ohnehin im Gesetz und blähen eine Gemeinschaftsordnung unnötig auf. In die Gemeinschaftsordnung gehören nur solche Regelungen, die durch die Besonderheiten einer Wohnungsanlage bedingt sind oder dem ausdrücklichen Wünschen der Wohnungseigentümer entsprechen.

2. Bedeutung einer Gemeinschaftsordnung

Haben die Wohnungseigentümer keine Gemeinschaftsordnung beschlossen, gelten stets die gesetzlichen Regelungen. Die Wohnungseigentümer sind also nicht verpflichtet, eine Gemeinschaftsordnung zu beschließen. Dennoch sind Sie gut beraten, genau dieses zu tun.

Eine Gemeinschaftsordnung sollte idealerweise auf die konkrete Immobilie und die Situation und die Interessen der Wohnungseigentümer im Einzelfall abgestimmt sein. Nur eine individuelle Gemeinschaftsordnung erlaubt eine praktikable, ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums im Interesse aller Eigentümer. Nur sie ermöglicht es dem Verwalter, das Wohnungseigentum interessengerecht und sachgerecht zu verwalten.

Die Verwendung von Mustervorlagen ist wenig empfehlenswert. Muster sind nicht geeignet, den speziellen Gegebenheiten, Bedürfnissen und Erwartungen aller Beteiligten gerecht zu werden.

Insoweit haben auch Bauträger eine große Verantwortung, wenn sie die Teilungserklärung erstellen. Der Bauträger stellt die Weichen dafür, dass die später entstehende Wohnungseigentümergemeinschaft ordentlich funktioniert. In dieser Eigentümergemeinschaft finden sich Personen zusammen, die sich vorher regelmäßig nicht gekannt haben und keinen Einfluss auf ihre nachbarschaftlichen Verhältnisse nehmen können. Nicht zuletzt ist das dauerhafte einvernehmliche Zusammenleben in der Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidend von der Qualität und Weitsichtigkeit einer Gemeinschaftsordnung abhängig.

3. Gemeinschaftsordnung ist Teil der Teilungserklärung

Die Gemeinschaftsordnung ist regelmäßig Teil der Teilungserklärung bzw. des Teilungsvertrages. Teilungsvertrag und Teilungserklärung klären vor allem sachenrechtliche Fragen, insbesondere die Grenzen von Gemeinschafts- und Sondereigentum und ihre Zweckbestimmung, während die Gemeinschaftsordnung das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer zur Regelung hat. Gleichwohl ist die Gemeinschaftsordnung nicht Voraussetzung für eine wirksame Aufteilung des Miteigentums und der Begründung von Sondereigentum (BGH ZMR 2002, 762).

4. Eintragung im Grundbuch bindet Rechtsnachfolger

Um die Gemeinschaftsordnung zu einem festen Bestandteil des rechtlichen Gefüges der Eigentümergemeinschaft werden zu lassen, sollte sie als Bestandteil der Teilungserklärung im Grundbuch eingetragen werden. Dadurch erlangt sie “Dinglichkeitswirkung“.

Die Konsequenz besteht darin, dass durch die Eintragung im Grundbuch auch der Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers an die Gemeinschaftsordnung gebunden ist. Sie wirkt schuldrechtlich damit auch gegenüber einem Erwerber des Wohnungseigentums. Gleichermaßen wirkt sie gegenüber den Erben oder dem Ersteher von Sondereigentum in der Zwangsversteigerung.

5. Gestaltungsvorgaben der Gemeinschaftsordnung

Die Wohnungseigentümer sind im Rahmen der Vertragsfreiheit und der Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes relativ frei, ihre Beziehungen untereinander in der Gemeinschaftsordnung zu regeln. Soll die Gemeinschaftsordnung im Grundbuch eingetragen werden, hat das Grundbuchamt keine Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Lediglich sittenwidrige oder gegen zwingendes WEG-Recht verstoßende Regelungen dürften beanstandungsfähig sein (zum Beispiel die Bestellung eines Ehepaares zum Verwalter).

Ansonsten unterliegen die Vereinbarungen allgemeiner richterlicher Kontrolle nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (BayObLG RPfl. 1974, 401). Insbesondere unterliegen Grundbucheintragungen erhöhten Anforderungen an die Formulierung ihrer Klarheit und Bestimmtheit. Gerade weil diese Regelungen einem Sondernachfolger Pflichten und Beschränkungen auferlegen, ist diese Zweckbestimmung des Grundbuchs besonders zu berücksichtigen (BGHZ 1988, 306). Deshalb kommt es nicht darauf an, was der Verfasser der Teilungserklärung mit einer Regelung erreichen wollte (BayObLGZ 1983, 78).

6. Änderung der Gemeinschaftsordnung

Die Unterscheidung zwischen Teilungsvertrag/Teilungserklärung einerseits und der Gemeinschaftsordnung andererseits ist für die Änderung der jeweiligen Bestimmungen bedeutsam. Soll etwa Gemeinschafts- in Sondereigentum umgewandelt werden, ist die Einigung formbedürftig und muss ins Grundbuch eingetragen werden.

Soll hingegen die Gemeinschaftsordnung verändert werden, kann die Einigung formfrei und außerhalb des Grundbuchs geändert werden. Soweit die Änderung nicht im Grundbuch eingetragen wird, wirkt sie allerdings nicht gegen einen Rechtsnachfolger. Soll die Gemeinschaftsordnung „in Stein gemeißelt werden“ sollte sie eingetragen werden.

a. Grundsatz: Änderungen bedürfen der Einstimmigkeit

Änderungen der Gemeinschaftsordnung bedürfen, soweit die Gemeinschaftsordnung keine abweichende Regelung vorsieht, regelmäßig der Einstimmigkeit. Mehrheitsbeschlüsse gegen den Willen betroffener Eigentümer sind dann im Regelfall nicht möglich, da dadurch ein Eingriff in bestehende Eigentumsrechte und dinglich abgesicherte Nutzrechte erfolgt. Hier gilt also der Grundsatz, dass das, was zu vereinbaren ist, nicht beschlossen werden kann.

Eine Beschlussfassung, für den Fall, dass die Gemeinschaftsordnung Mehrheitsbeschlüsse nicht ausdrücklich erlaubt, kommt allenfalls für solche Aspekte in Betracht, die einem Mehrheitsbeschluss zugänglich sind. Die Abgrenzung ist nach dem objektiven Regelungsgehalt, also vom Inhalt her zu entscheiden. Beschlusscharakter in einer Gemeinschaftsordnung besitzen meist die Bestimmungen zur Hausordnung, Regelungen zur Bestellung des ersten Verwalters oder versammlungsorganisatorische Hinweise. Auch reine Ordnungsvorschriften mit lediglich formaler Bedeutung werden dazugerechnet, beispielsweise die zeitliche Änderung des Geschäftsjahres. Die Grenzziehung kann im Einzelfall problematisch sein.

b. Ausnahme: Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

Um die Bestimmungen in einer Gemeinschaftsordnung dennoch abändern zu können, sehen Gemeinschaftsordnungen Öffnungsklauseln vor. Danach ist es erlaubt, eine Vereinbarung in die Gemeinschaftsordnung aufzunehmen, die eine Änderung der Gemeinschaftsordnung auch mit qualifizierter Mehrheit (z.B. 2/3 oder ¾ Mehrheit) erlaubt (BGH Beschl.v.27.6.1985 NJW 1985, 2832). Das Einstimmigkeitsprinzip wird damit aufgehoben.

Voraussetzung ist, dass der Beschluss klar und eindeutig formuliert wird. Ferner muss ein sachlicher Grund für die Änderung vorliegen und kein Eigentümer darf gegenüber der bisherigen Regelung unbillig benachteiligt werden (BGH VII ZB 21/84).

Beispiel: Die Eigentümerversammlung beschließt, einem Wohnungseigentümer das Sondernutzungsrecht an einem Hobbyraum im Keller zu entziehen. Weil dieser Eigentümer im Vertrauen auf den Bestand seines Sondernutzungsrechts erheblich Material und Arbeitsaufwand investiert hat, beanstandet er, dass er unbillig belastet werde. Er kann den Beschluss anfechten.

c. Fälle, in den Öffnungsklauseln überflüssig sind

Diese, eine Öffnungsklausel erlaubende Rechtsprechung hat inzwischen Eingang in das Gesetz gefunden. Insoweit kommt es auf eine Öffnungsklausel nicht mehr an. In folgenden Fällen ist eine Öffnungsklausel irrelevant:

  • So erlaubt es § 16 III WEG, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich den gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel hinsichtlich der Betriebskosten des Gemeinschafts- und Sondereigentums sowie der Kosten der Verwaltung abändert. Beispiel: Kostenverteilung statt nach Miteigentumsanteilen nunmehr nach Wohnfläche (BGH V ZR 3/11).
  • § 21 VII WEG erlaubt es, durch Stimmenmehrheit die Gemeinschaftsordnung in Bezug auf Zahlungsmodalitäten und den Verzug mit Zahlungen zu ändern. (Beispiele: Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen; übergesetzliche Verzugszinsen bei Hausgeldumständen).
  • § 12 IV WEG erlaubt es, eine vereinbarte Veräußerungsbeschränkung (z.B. nur mit Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer oder des Verwalters) mit einfacher Mehrheit wieder aufzuheben.
  • § 16 IV WEG erlaubt es, mit doppelt qualifizierter Mehrheit die Kosten einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme des Gemeinschaftseigentums oder dessen Modernisierung auch entgegen des gesetzlichen oder bereits vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel zu verändern.

In gleichem Sinne erlaubt es § 22 II WEG, über Maßnahmen zur Modernisierung des Gemeinschaftseigentums bzw. dessen Anpassung an den Stand der Technik zu beschließen.

In diesen Fällen erfordert die Beschlussfassung allerdings besondere Mehrheitsverhältnisse (§ 25 II WEG). Soweit eine Öffnungsklausel vereinbart ist, die weniger strenge Voraussetzungen zur Beschlussfassung enthält, ist ihr Inhalt maßgeblich.

d. Änderungsbeschlüsse sind nicht eintragungspflichtig

Beschlüsse, die die Gemeinschaftsordnung ändern, brauchen nicht ins Grundbuch eingetragen zu werden. Sie sind wieder eingangsbedürftig noch eintragungsfähig (§ 10 IV WEG; OLG München Wx 100/09). Auch ohne Eintragung muss ein Erwerber des Wohnungseigentums den Beschluss gegen sich gelten lassen. Kenntnis von der Existenz des Beschlusses kann er durch die Einsichtnahme in die Beschlusssammlung erlangen. Lediglich Beschlüsse, die einstimmig beschlossen wurden und beschlossen werden mussten, sollten eingetragen werden.

e. Musterformulierung einer Öffnungsklausel (unverbindlich)

… „Die Wohnungseigentümer können eine nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder der Gemeinschaftsordnung vereinbarungsbedürftige Angelegenheit durch einen Mehrheitsbeschluss von mindestens ¾ der abgegebenen Stimmen und von mehr als der Hälfte (alternativ andere Mehrheit möglich) der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile regeln, wenn für die Änderung ein sachlicher Grund vorliegt und kein Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt wird.“ …

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Hausverwaltung: Aufgaben, Rechte und Verantwortlichkeit des WEG-Verwalters

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Sein Sondereigentum verwaltet jeder Wohnungseigentümer selbst in eigener Verantwortung. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu (§ 21 WEG). In kleineren Objekten funktioniert diese Eigenverwaltung im besten Fall noch einigermaßen problemlos.

In größeren Objekten mit vielen Wohnungseigentümern muss hingegen die Verwaltung regelmäßig organisiert und fachkundig verwaltet werden. Allerdings kann auch bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft von nur zwei Wohnungseigentümern ein Wohnungseigentümer aufgrund seines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung die Bestellung eines Verwalters durchsetzen.

Deshalb kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die der „Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht“. Nur so lässt sich eine oft unorganisierte und laienhafte Selbstverwaltung vermeiden.


Inhalt: Aufgaben Rechte und Pflichten des WEG-Verwalters

1. Aufgaben des Verwalters im Allgemeinen

2. Doppelfunktion des Verwalters

3. Aufgaben des Verwalters im Besonderen

3.1. Überblick

3.2. Im Detail

I. Aufgaben des Verwalters im Innenverhältnis (§ 27 I Nr. 1 – 8 WEG)

II. Aufgaben des Verwalters als gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer

III. Aufgaben des Verwalters im Außenverhältnis gegenüber Dritten

4. Verantwortlichkeiten des Verwalters

4.1. Verwalter muss bauliche Situation überwachen

4.2. Verwalter ist bei Mängeln nachforschungspflichtig

4.3. Verwalter muss Beschränkungen im Innenverhältnis beachten

4.4. Klauseln zur Haftungsbeschränkung sind problematisch


1. Aufgaben des Verwalters im Allgemeinen

Die ordnungsgemäße Vermittlung des Gemeinschaftseigentums bezweckt die fortlaufende Unterhaltung und die Werterhaltung des Objekts. Das Gesetz umschreibt den Begriff „Verwaltung“ beispielhaft. Ihr Wesen ergibt sich insbesondere aus §§ 21 V, 27, 28 WEG. In diesen Vorschriften werden die Aufgaben, Verpflichtungen und Berechtigungen des Verwalters aufgezählt. In weiterem Sinne lässt sich die WEG-Verwaltung mit der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft vergleichen.

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2. Doppelfunktion des Verwalters

Grundlage der Tätigkeit des Verwalters ist ein zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter abgeschlossener Verwaltervertrag. Dabei ist die Doppelfunktion des Verwalters zu berücksichtigen. Einerseits handelt er aufgrund seiner Bestellung als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft im Verhältnis nach außen gegenüber Dritten sowie aufgrund seines Verwaltungsvertrages im Innenverhältnis in Bezug auf die einzelnen Wohnungseigentümer.

3. Aufgaben des Verwalters im Besonderen

Die besonderen Aufgaben des Verwalters regelt § 27 WEG. Diese Vorschrift ist sehr umfangreich und gliedert sich im Wesentlichen in drei Absätze. Ihr Inhalt erscheint komplex. Sie ist vor allem rechtsdogmatisch formuliert und so zu verstehen.

3.1. Überblick

  • § 27 Abs. I WEG regelt die Rechte und Pflichten des Verwalters im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern und der Wohnungseigentümergemeinschaft.
  • § 27 Abs. II WEG regelt die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Verwalters, für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu handeln.
  • § 27 Abs. III WEG regelt die Vertretungsmacht des Verwalters im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft mit Wirkung für und gegen diese im Außenverhältnis zu handeln.

Alle diese dem Verwalter nach den Absatz I bis III zustehenden Aufgaben und Befugnisse können die Wohnungseigentümer auch nicht durch Vereinbarung einschränken oder ausschließen (§ 27 IV WEG).

  • § 28 WEG verpflichtet den Verwalter, für das kommende Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan zu erstellen und nach Ablauf des Kalenderjahres Einnahmen und Ausgaben abzurechnen und Rechnung zu legen.

3.2. Im Detail

I. Aufgaben des Verwalters im Innenverhältnis (§ 27 I Nr. 1 – 8 WEG)

Entscheidend sind die in Absatz 1 bezeichneten Aufgaben des Verwalters. Sie sind typische Verwaltertätigkeiten.

1. Umsetzung der Eigentümerbeschlüsse

Der Verwalter ist verpflichtet und berechtigt, gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft deren Beschlüsse umzusetzen.

Ferner muss er für die Durchführung der Hausordnung sorgen (z.B. Kehr- und Winterdienste organisieren).

Er muss auch anfechtbare Beschlüsse umsetzen, kann aber aufgrund eigener Befugnis die Gültigkeit eines Beschlusses gerichtlich klären lassen (§ 43 Nr. 3 WEG). Die Durchführung nichtiger, also offensichtlich gegen das Recht verstoßender Beschlüsse, kann er jedoch ablehnen (z.B. Auftrag, einen Wohnungseigentümer „hinauszuekeln“.)

2. Pflicht, das Gemeinschaftseigentum instandzuhalten und instandzusetzen

Der Verwalter hat die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu gehören insbesondere laufende Maßnahmen, also abnutzungsbedingte, alltägliche Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen (Rückschnitt von Sträuchern im Garten, Ersatzbeschaffung von Glühbirnen). Eines dahingehenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft bedarf es dazu nicht.

Bei Maßnahmen, die über dieses Alltagsgeschäft hinausgehen, ist der Verwalter verpflichtet, die Mängel festzustellen, die Wohnungseigentümer zu informieren, die notwendigen Maßnahmen vorzuschlagen und deren Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen (BayObLG NJW-RR 1999, 305).

Um Mängel festzustellen, muss der Verwalter das Gemeinschaftseigentum auf seine Instandhaltung und Instandsetzungsbedarf regelmäßig überprüfen. Dafür darf er Dritte beauftragen. Sofern er dafür Wartungsverträge abschließt, sollten diese nicht eine längere Laufzeit als ein Jahr haben (OLG Brandenburg ZMR 2010, 213).

Größere Instandsetzungsarbeiten verpflichten den Verwalter, Konkurrenzangebote einzuholen. Er ist ohne ausdrückliche Ermächtigung der Gemeinschaft nicht berechtigt, Aufträge in unbegrenzter Höhe zu vergeben (BGH NZM 2011, 454).

3. Pflicht zur Einleitung von Notfallmaßnahmen

In dringenden Fällen (Sturm hat Dach entblößt) muss der Verwalter Maßnahmen zur Erhaltung des Gemeinschaftseigentums veranlassen. Wegen der Eilbedürftigkeit wäre eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung unsachgemäß. Dabei kommt es darauf an, inwieweit das Gemeinschaftseigentum gefährdet wird, wenn der Verwalter nicht umgehend handelt. Allerdings darf er nur die Maßnahmen treffen, die die Gefahrensituation beseitigen (Notreparatur des Daches), nicht jedoch Arbeiten beauftragen, die die Schadensursache dauerhaft und kostenträchtig beseitigen (Neueindeckung des Daches) (BGH NZM 2011, 454).

Zur eigenen Absicherung sollte der Verwalter zumindest bei kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften im Zweifel die Eigentümerversammlung einberufen. Bei größeren Gemeinschaften empfiehlt sich im Verwaltervertrag, Mehrheitsbeschlüsse zu ermöglichen oder den Verwalter zur Auftragsvergabe in bestimmter Höhe zu ermächtigen. Eine Ermächtigung, im Einzelfall Aufträge bis 10.000 Euro zu vergeben, wurde wegen der damit verbundenen überzogenen Einschränkung der Eigentümerbefugnisse jedoch für unwirksam gehalten (LG München 36 S 19282/09; OLG Düsseldorf: 3.000 €, NJW-RR 2001, 660).

4. Pflicht, Wohngelder einzufordern

Der Verwalter muss Lasten- und Kostenbeiträge, insbesondere das gemäß dem Wirtschaftsplan zu zahlende Wohngeld anfordern. Will er die Zahlung gegen einen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend machen, bedarf es einer Vereinbarung im Verwaltervertrag oder des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung (§ 27 II 3 WEG).

5. Pflicht, den Verwaltungsunterhalt zu zahlen

Der Verwalter ist berechtigt und verpflichtet, alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einhergehen. (Zahlung von Reparaturrechnungen, Hausmeisterlohn, Versicherungen, Heizung). Eine Kreditaufnahme ist ihm verwehrt. Zur Entgegennahme von Leistungen zählt auch die Abnahme von Werkvertragsleistung, sowie Mängelrügen und Fristsetzungen gegenüber Bauunternehmern und Handwerkern.

6. Verwaltungsbefugnis eingenommener Gelder

Der Verwalter hat die Wohngeldzahlungen der Wohnungseigentümer entgegenzunehmen sowie die Mietzahlungen aus vermieteten Wohnungen. Er ist verpflichtet, die Gelder von seinem Vermögen gesondert zu verwahren.

Dazu muss er ein eigenständiges Konto anlegen, das auf den Namen der Gemeinschaft eingerichtet werden kann („Wohnungseigentümergemeinschaft Hollunderstraße 7, Bremen“). Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist insoweit teilrechtsfähig.

7. Informationspflicht über Rechtsstreitigkeiten

Bei Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG muss der Verwalter unverzüglich die Wohnungseigentümer informieren. Sinn ist, dass sich ein Wohnungseigentümer selbst am Verfahren beteiligen kann. Außerdem können die Eigentümer im Verfahren durch das Gericht „beigeladen“ werden (§ 48 WEG).

8. Erklärungspflicht des Verwalters, zur Ausführung der in § 21 V Nr. 6 WEG bezeichneten Maßnahmen

Die Vorschrift erklärt die Duldung aller Maßnahmen zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zu Gunsten eines Wohnungseigentümers als Maßnahme einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Der Verwalter muss zum Einbau der entsprechenden Einrichtungen seine Zustimmung erklären.

II. Aufgaben des Verwalters als gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer

Die in Absatz II bezeichneten Aufgaben sind anderer Natur als die in Absatz I bezeichneten (faktischen) Aufgaben. Sie haben rechtliche Funktion. Sie dienen dazu, das Funktionieren der Eigentümergemeinschaft auf rechtlicher Ebene sicherzustellen.

Die bezeichneten Aufgaben berechtigen den Verwalter im Namen aller Wohnungseigentümer zu handeln, soweit sie als Wohnungseigentümer individuell betroffen sind.

1. Verwalter als Zustellungsvertreter

Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Wohnungseigentümer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Zustellungen im außergerichtlichen Bereich entgegenzunehmen.

Im Rechtsstreit bestimmt § 45 WEG den Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer. Die Entgegennahme von Zustellungen wirkt für und gegen die Wohnungseigentümer.

2. Tätigkeiten im Rechtsstreit

Der Verwalter ist berechtigt, für die Wohnungseigentümer Maßnahmen zur Wahrung einer Frist (z.B. Anzeige der Rechtsverteidigung bei Klagezustellung) oder zur Abwendung eines Rechtsnachteils zu treffen. Dazu gehört auch das Recht einen gegen einen Wohnungseigentümer laufenden Rechtsstreit zu führen und im Vollstreckungsverfahren die eidesstattliche Versicherung bzw. Vermögensauskunft abzuleisten.

3. Interessen- und Prozessvertretung

Der Verwalter ist berechtigt im Namen aller Wohnungseigentümer Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er dazu durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss ermächtigt ist. Dazu gehört auch das Recht, einen Rechtsanwalt mit Interessenvertretung zu beauftragen.

4. Vereinbarung eines höheren Gebührenstreitwerts (Sonderfall):

Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Wohnungseigentümer mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits einen höheren als den gesetzlichen Gebührenstreitwert zu vereinbaren (Grenze: § 49a A 1 GKG).

III. Aufgaben des Verwalters im Außenverhältnis gegenüber Dritten

§ 27 III WEG betrifft die Organstellung des Verwalters. Sie regelt, inwieweit der Verwalter Vertretungsmacht besitzt, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Erklärungen abzugeben und Rechtshandlungen vorzunehmen, zu denen er im Innenverhältnis (§ 27 I WEG) zu den Wohnungseigentümern berechtigt ist.

Damit diese Maßnahmen auch im Außenverhältnis Geltung haben, ermächtigt Absatz III den Verwalter, für die Gemeinschaft im Außenverhältnis zu handeln. Konkret bedeutet dies beispielsweise, dass der Verwalter berechtigt ist, einen Handwerker zu beauftragen, ein Girokonto für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu eröffnen oder zu schließen, einen Wartungsvertrag abzuschließen oder einen Hausmeister einzustellen. Der Dritte kann sich aufgrund der gesetzlichen Bestimmung darauf verlassen, dass der Verwalter das tun darf, was in § 27 III WEG beschrieben ist.

4. Verantwortlichkeiten des Verwalters

Der Verwalter handelt aufgrund eines Verwaltervertrages. Verletzt er eine Pflicht aus dem Verwaltervertrag, ist er gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft schadensersatzpflichtig Schadensersatz setzt regelmäßig Verschulden voraus. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass der Verwalter für sich besondere Sachkunde in Anspruch nimmt und daher auch für ein Fehlverhalten haftet, das bei einem Laien vielleicht entschuldbar gewesen wäre (BGH NJW 1996, 1216).

4.1. Verwalter muss bauliche Situation überwachen

Typisches Beispiel, in dem sich die Verantwortung des Verwalters verdeutlicht, ist seine Überwachungspflicht hinsichtlich Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Kommt er diesen Verpflichtungen nur unzureichend nach, haftet er, wenn durch die verzögerte Umsetzung der Maßnahme einem Wohnungseigentümer ein Mietausfall entsteht (OLG Köln WE 1997, 198).

4.2. Verwalter ist bei Mängeln nachforschungspflichtig

Insbesondere ist der Verwalter verpflichtet, Nachforschungen vorzunehmen, um Mängel festzustellen. Lehnt er es beispielsweise ab, bei im Sondereigentum auftretender Feuchtigkeit und Schimmelbefall nach den Ursachen zu forschen, handelt er pflichtwidrig. Er haftet gegenüber dem geschädigten Wohnungseigentümer für den daraus entstehenden Schaden, (z.B. Schaden, den der Eigentümer infolge der Mietminderung seines Mieters erleidet) (LG München ZWE 2013, 27).

4.3. Verwalter muss Beschränkungen im Innenverhältnis beachten

Beauftragt der Verwalter einen Handwerker mit der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen, muss er seine im Innenverhältnis begründeten Pflichten beachten. Ist er nach dem Verwaltervertrag berechtigt, in Eilfällen Aufträge bis 8000 DM zerteilen und erteilt er ohne Beschluss der Eigentümerversammlung einen Sanierungsauftrag für die Fassade über 30.000 DM, obwohl die Sanierung kostengünstiger hätte durchgeführt werden können, haftet er den Wohnungseigentümern für den Zusatzaufwand (OLG Celle NZM 2002, 169).

4.4. Klauseln zur Haftungsbeschränkung sind problematisch

In Verwalterverträgen werden vielfach Haftungsbeschränkungen vereinbart. Zum Beispiel wird die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit oder zeitlich auf einen Zeitraum von 2 Jahren begrenzt. Die Gerichte beanstanden diese Klauseln regelmäßig, da es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, den Verwalter von seiner Verantwortung derartig weitgehend freizustellen (OLG Hamm NZM 2001, 53; BayObLG NZM 2003, 204).

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Wohnungseigentum: Mängel am Fenster – Wer ist verantwortlich?

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Fenster sind ein echtes Streitthema in Wohnungseigentümergemeinschaften. Als äußerer Gebäudebestandteil prägen sie mithin das äußere Erscheinungsbild. Sie bedürfen witterungsbedingt regelmäßig intensiver Innen- und Außenpflege. Oft wird über Schäden infolge von Baumängeln debattiert.

Die Frage, wer für Baumängel oder sonstige Mängel am Fenster verantwortlich ist, richtet sich auf der Passivseite (also die Seite, die den Mangel beanstandet) danach, ob ein Fenster Gemeinschaftseigentum ist oder im Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers steht. Auf der Aktivseite (also die Seite, die den Mangel zu verantworten hat) steht derjenige, der das Fenster eingebaut (Handwerker, Bauträger) oder beschädigt hat (Wohnungseigentümer, Dritter).


Inhalt: Wer ist für defekte Fenster in einer WEG verantwortlich?
  1. Fenster sind fast ausnahmslos Gemeinschaftseigentum
  2. Ausnahmefall: Sondereigentum an Fensterteilen
  3. Verantwortlichkeit auf der Aktivseite
  4. Verantwortlichkeit auf der Passivseite
  5. Verantwortung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft
  6. Im Zweifelsfall zahlt die Gemeinschaft die Fensterkosten

1. Fenster sind fast ausnahmslos Gemeinschaftseigentum

Fenster jeder Art (Einfachglas-Fenster, Verbundfenster mit einfachem Rahmen, Kunststofffenster mit Isolierglas, Lichtkuppelfenster und Dachflächenfenster, Balkon- und Terrassentüren, Ladenscheiben und Schaufenster) werden kraft Gesetzes dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet (BayObLG ZMR 2001, 241; OLG Düsseldorf ZMR 1998, 304).

Fenster sind nicht sondereigentumsfähig. Soweit die Teilungserklärung Fenster oder Fensterteile dem Sondereigentum zuweist, ist sie regelmäßig nichtig (OLG Bremen (DWE 2/87, 59; OLG Hamburg WE 4/89, 140).

Auch Fensterrahmen, Fensterstöcke und Fensterverglasung sind Gemeinschaftseigentum (BayObLG 2 Z BR 184/99; OLG Düsseldorf 3 Wx 376/98). Demgemäß sind Fenstersimse und Fensterläden als äußere Gebäudebestandteile Gemeinschaftseigentum (OLG Frankfurt 22 U 275/83), ebenso Fenstergitter (Einbruchsicherung) (KG Berlin ZMR 1994, 169) und Fensterscharniere (OLG Köln 16 Wx 86/96).

2. Ausnahmefall: Sondereigentum an Fensterteilen

Sondereigentum kommt allenfalls noch bezüglich der Innenfenster von echten Doppelfenstern vor, die über einen eigenen, nach innen gesondert zu öffnenden Rahmen verfügen (BayObLG ZWE 2000, 177). Der äußere Fensterteil ist Gemeinschaftseigentum.

Sondereigentumsfähig sind allenfalls Zubehörteile. Fensterzubehör sind meist die zur Wohnung innenseitig gelegenen Fenstergriffe, Fensterhebel und Fensterbänke. Für Zubehörteile ist charakteristisch, dass sie ohne weiteres ausgetauscht werden können und ausschließlich von innen zu bedienen sind.

3. Verantwortlichkeit auf der Aktivseite

Treten am Fenster Baumängel auf, ist regelmäßig das Gemeinschaftseigentum betroffen. Dann ist es Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft, Mängelgewährleistungsansprüche geltend zu machen. Dazu bedarf es regelmäßig einer gemeinschaftlichen Beschussfassung.

Soweit der Baumangel Zubehörteile des Fensters betrifft, die im Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers stehen, kann der jeweilige Sondereigentümer seinen Gewährleistungsanspruch geltend machen.

4. Verantwortlichkeit auf der Passivseite

Auf der Passivseite richtet sich der Gewährleistungsanspruch meist gegen den Bauträger. Dazu kommt es nicht darauf an, in welchem Baustadium der Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Maßgebend ist nahezu ausschließlich das BGB-Werkvertragsrecht.

Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Fenster des Gemeinschaftseigentums sanieren oder austauschen lassen, ist der verantwortliche Fensterbauer der richtige Ansprechpartner für Gewährleistungsansprüche.

5. Verantwortung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft

Um das Gemeinschaftseigentum zu erhalten, ist jeder Sondereigentümer verpflichtet, die in seiner Wohnung befindlichen Fenster zu pflegen. So kann die Teilungserklärung die Auflage beinhalten, dass jeder Sondereigentümer die Holzinnenfenster regelmäßig auf eigene Kosten streichen muss (Verrottungsrisiko von Holzfenstern).

Unabhängig von der Zuordnung der Fenster zum gemeinschaftlichen Eigentum kann in der Teilungserklärung eine individuelle Kostenregelung vereinbart werden. Vielfach werden Schäden am Fenster und insbesondere an der Glasscheibe unabhängig von der Verursachung des Schadens den Wohnungseigentümern auferlegt. Bei großen Glasfronten kann eine Glasbruchversicherung empfehlenswert sein. Soweit in einer Teilungserklärung die Beseitigung von Glasschäden dem jeweiligen Wohnungseigentümer zugewiesen wird, muss er auch trübe oder blind gewordene Scheiben auf seine Kosten ersetzen (BayObLG NZM 2001, 1081).

Ein Wohnungseigentümer kann allerdings nicht durch Beschluss der Gemeinschaft zur Instandsetzung und Pflege der Außenseite der Fenster verpflichtet werden. Ein solcher Beschluss wäre wenig praxisgerecht. Er würde auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, da nur die gleichzeitige Instandsetzung und Pflege durch alle Wohnungseigentümer das optische Erscheinungsbild der Fassade gewährleisten würde.

6. Im Zweifelsfall zahlt die Gemeinschaft die Fensterkosten

Vielfach enthalten Teilungserklärungen Kostenregelungen. Sie sind oft äußerst streitanfällig. In einer Entscheidung des BGH (Urteil v.2.3.2014 – V ZR 174/11) wurde eine Eigentümergemeinschaft verpflichtet, ein Dachflächenfenster auf Kosten der Gemeinschaft auszutauschen. In der Gemeinschaftsordnung war bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer die von ihm allein genutzten Gegenstände (Fenster) auf eigene Rechnung zu pflegen und instandzuhalten habe. Insbesondere wurden die Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen benannt.

Da sich die Gemeinschaft den Außenanstrich ausdrücklich vorbehalten habe, müsse dies erst recht für die vollständige Erneuerung der Fenster gelten, auch wenn diese nicht ausdrücklich erwähnt war. Zweck war es mithin, die einheitliche Außenansicht des Gebäudes zu gewährleisten. Da ein Fensteraustausch die Außenansicht in noch stärkerem Maße als ein bloßer Anstrich beeinflussen könne, sei die Gemeinschaft auch für den Fensteraustausch verantwortlich.

Auch kann aus einer nichtigen Teilungserklärung, in der Fenster rechtswidrig dem Sondereigentum zugeordnet werden, nur im Ausnahmefall eine wirksame Kostenverteilungsregelung zu Gunsten des vermeintlichen Sondereigentümers hergeleitet werden (OLG Hamm NJW-RR 1992, 148; OLG Karlsruhe NZM 2002, 220).

Unabhängig von den Bestimmungen in einer Teilungserklärung kann die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschließen, wann und wie eine Fenstersanierung als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung erfolgen soll. Dabei kann auch eine Kostenverteilung zu Lasten des einzelnen Sondereigentümers vorgesehen werden. Sie bedarf allerdings der allseitigen Zustimmung oder eines unangefochten bleibenden Beschlusses der Gemeinschaft. Im Zweifelsfall, insbesondere wenn ein Kostentragungsbeschluss unklar formuliert ist, bleibt die Eigentümergemeinschaft in der Kostenpflicht.

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Terrassen: Gemeinschafts-, Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht?

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Terrassen sind rechtliche Zwitter. Es kommen Gemeinschaftseigentum, Sondereigentum und Sondernutzungsrechte in Betracht. Dabei sind ebenerdige Terrassen vor Erdgeschoßwohnungen und Dachterrassen zu unterscheiden.

Die Abgrenzung Gemeinschaftsfläche / Sondereigentum / Sondernutzungsrecht ist vor allem dann relevant, wenn es darum geht, wer die Kosten trägt, wenn die Terrasse beispielsweise in Stand gehalten oder saniert werden muss oder wenn bauliche Veränderungen vorgenommen werden. Als Kostenträger kommt die Eigentümergemeinschaft in Betracht oder derjenige, der die Terrasse genutzt.

1. Aspekte für das Gemeinschaftseigentum

Ebenerdige Terrassen sind regelmäßig Gemeinschaftseigentum. Sie gehören meist zu einer Wohnung im Erdgeschoss. Sie sind nur in Ausnahmefällen sondereigentumsfähig. Sie bilden nämlich nach Vorgabe des § 3 II 1 WEG keine abgeschlossenen Räumlichkeiten, bei denen eine klare Trennung zur Seite hin und in der Höhe möglich wäre (OLG Köln DWE 1983, 28, BayObLG 2 Z 87/82). Es fehlt die Raumeigenschaft im Sinne des § 1 V WEG. An ihnen wird meist ein Sondernutzungsrecht begründet.

Vor allem ist es im Hinblick auf § 1 V WEG eigentlich widersprüchlich, an Terrassen als Bestandteil des Grundstücks Sondereigentum begründen zu wollen (OLGZ Köln 1982, 413). Grundstücksbestandteile sind grundsätzlich Gemeinschaftseigentum.

2. Aspekte für Sondereigentum

a. Ebenerdige Terrassen

Sondereigentum an ebenerdigen Terrassen ist eher der Ausnahmefall. Ist die Fläche von der übrigen Grundstücksfläche eindeutig abgrenzbar, wird teils dennoch Sondereigentum erlaubt (HansOLG Hamburg, Urteil v. 4. 3. 2003, Az. 2 Wx 102/99). Bei Dachterrassen ist dies meist leichter zu begründen. Regelmäßig wird ein Sondernutzungsrecht vereinbart.

b. Dachterrassen

Eine Dachterrasse ist im Gegensatz zu anderen Terrassen räumlich regelmäßig seitlich begrenzt. Sie ist einem abgeschlossenen Raum vergleichbar (§ 3 II 1 WEG). Soweit sie anderen Personen von außen nicht zugänglich ist, kann eine Dachterrasse im Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers stehen (OLG München NDR 2007, 827; OLG Frankfurt RPfl 1975, 178). Ist die Dachterrasse hingegen allen Eigentümern zugänglich, gehört sie, wenn auch kein Sondernutzungsrecht vereinbart ist, zum Gemeinschaftseigentum.

Zum Sondereigentum gehört die Terrassenoberfläche (Plattenbelag). Auch ein Fliesenbelag steht regelmäßig im Sondereigentum (BayObLG ZWE 2004, 93).

Bauliche Teile hingegen, die für das Gebäude konstruktiven und statischen Charakter haben, verbleiben immer im Gemeinschaftseigentum. Ist die Dachterrasse zugleich Decke der darunter liegenden Wohnung, sind ihre konstruktiven Bauteile immer Gemeinschaftseigentum. Insoweit kommt es für die Abgrenzung darauf an, inwieweit die Bauteile für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind (OLGZ Köln 76/142).

3. Sondernutzungsrecht

Bloße Sondernutzungsrechte sind dagegen auch dann möglich, wenn eine eindeutige rämliche Abgrenzung der Terrasse ausgeschlossen ist (VGH München, Urteil v. 20. 1. 1997- Az. 2 B 943258).

Eine Terrasse wird einem einzelnen Wohnungseigentümer daher regelmäßig im Wege eines Sondernutzungsrechts zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen. In der Praxis kommt dies häufig bei im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen, sowie bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften in Betracht.

Sondernutzungsrechte gewähren einzelnen Wohnungseigentümern das exklusive Recht, einen Teil des Gemeinschaftseigentums (hier: Terrasse) allein und ausschließlich zu nutzen und alle anderen Wohnungseigentümer von der Nutzung dieses Sondereigentums auszuschließen. Es handelt sich um eine Gebrauchs- und Nutzungsregelung im Sinne des § 15 WEG.

Ist ein Sondernutzungsrecht vereinbart, kann der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer alle anderen Wohnungseigentümer von der Nutzung ausschließen, obwohl die Terrasse als Grundstücksteil zwingend eigentlich gemeinschaftliches Eigentum ist.

Das Sondernutzungsrecht an einer Terrasse kann von der Miteigentümergemeinschaft nicht nachträglich beschlossen werden. Auch ein Mehrheitsbeschluss genügt nicht. Zur Begründung von Sondernutzungsrechten ist immer die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragener Wohnungseigentümer erforderlich. Hat ein Bauträger die Wohnanlage gebaut, findet sich das Sondernutzungsrecht an einer Terrasse meist bereits in dessen Teilungserklärung. Auch kann ein Vorbehalt bestehen, für die Terrasse nachträglich ein Sondernutzungsrecht zu begründen.

Wichtig ist, dass das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen ist. Nur dann hat es „dingliche“ Wirkung und muss von jedem Erwerber eines benachbarten Wohnungseigentums anerkannt werden.

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Entziehung von Wohnungseigentum – Voraussetzungen und Vorgehen

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Die Entziehung von Wohnungseigentum ist ein heikles Thema. Sie ist im Lichte des Grundsatzes „Eigentum verpflichtet“ zu verstehen. Auch wer Eigentümer einer Eigentumswohnung oder Eigentümer von Teileigentum ist, bleibt verpflichtet, mit seinem Eigentum so zu verfahren, dass er die Rechte anderer Wohnungs- oder Teileigentümer nicht über Maßen beeinträchtigt.


Inhalt: Entziehung von Wohnungseigentum

1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist unauflösbar

2. Eigentum verpflichtet

3. Voraussetzungen der Entziehung von Wohnungseigentum

3.1. Generalklausel § 18 I WEG

a. Schwere Pflichtverletzung

b. Eigentümer ist auch für andere verantwortlich

c. Pflichtverletzung ist nicht verschuldensabhängig

d. Fortsetzung der Gemeinschaft muss unzumutbar sein

e. Beispiele der Rechtsprechung

e.1. Anerkannte Entziehungsgründe (im Einzelfall!)

e.2. Abgelehnte Entziehungsgründe

4. Regelbeispiele § 18 II WEG

4.1. Regelbeispiel 1: Pflichtverletzung aus § 14 WEG

4.2. Regelbeispiel 2: Zahlungsverzug

5. Vorgehen zur Entziehung von Wohnungseigentum

a. Beschlussfassung

b. Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses erfordert Klage

c. Alternative: Zahlungsklage

d. Zwangsvollstreckung des Entziehungsurteils


1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist unauflösbar

Zwar bestimmt § 11 WEG die „Unauflöslichkeit der Gemeinschaft“. Danach kann kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Wer aus der Gemeinschaft aussteigen will, muss sein Eigentum verkaufen.

2. Eigentum verpflichtet

Dieser Grundsatz der Unauflöslichkeit erfährt in § 18 WEG eine Ausnahme. Danach ist die Entziehung des Wohnungseigentums möglich, wenn die Fortsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Miteigentümer wegen schwerwiegender Pflichtverletzung mit ihm nicht mehr zumutbar ist. Die Voraussetzungen, unter denen die Entziehung von Wohnungseigentum möglich ist, sind im Gesetz detailliert geregelt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bleibt es bei der Unauflöslichkeit der Gemeinschaft.

Besteht die Wohnungseigentümergemeinschaft nur aus zwei Wohnungseigentümern, kann der andere die Entziehung des Wohnungseigentums verlangen und gerichtlich durchsetzen.

Gehört das Wohnungseigentum mehreren Eigentümern, ist der Entziehungsanspruch gegen alle Teileigentümer zu richten und kann nicht allein gegen den störenden Teileigentümer gerichtet werden.

Die Entziehung von Wohnungseigentum verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art.14 Grundgesetz. Gerade Art. 14 II GG bestimmt, dass „Eigentum verpflichtet“. Wer mit seinem Eigentum verantwortungslos umgeht und die vorgegebene Ordnung missachtet, muss damit rechnen, enteignet zu werden. § 18 WEG ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG WuM 1998, 45; NJW 1994, 242).

3. Voraussetzungen die Entziehung von Wohnungseigentum

§ 18 WEG sieht mehrere Möglichkeiten vor, einem Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum zu entziehen. Es sind die Generalklausel (§ 18 I WEG) und die Regelbeispiele (§ 18 II WEG: Verletzung der Pflichten aus § 14 WEG, Zahlungsverzug) zu unterscheiden.

3.1. Generalklausel § 18 I WEG

a. Schwere Pflichtverletzung

Nach der Generalklausel ist die Entziehung von Wohnungseigentum möglich, wenn sich der Wohnungseigentümer einer so schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, dass es den anderen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten ist, die Gemeinschaft fortzusetzen. Diese können dann von ihm verlangen, dass er sein Wohnungseigentum verkauft. Verkauft er nicht freiwillig, kann er durch gerichtliches Urteil zum Verkauf verpflichtet werden. (bestätigend: BGH Urt.v.17.1.2007 – V ZR 26/06).

b. Eigentümer ist auch für andere verantwortlich

Sind für die Verfehlungen ein Mieter oder Familienangehörige verantwortlich, ist der Wohnungseigentümer gemäß § 14 II WEG verpflichtet, diese zu einem ordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten. Tut er oder gelingt ihm dies nicht, ist er gegenüber der Gemeinschaft selbst in der Verantwortung und kann sich nicht damit rechtfertigen, dass eigentlich andere verantwortlich sind (LG Augsburg ZMR 2005, 230).

c. Pflichtverletzung ist nicht verschuldensabhängig

Auf ein Verschulden des Wohnungseigentümers kommt es nicht an. Auch wenn § 18 I WEG davon spricht, dass er sich der Verfehlung „schuldig“ gemacht habe, werden auch nicht zurechenbare oder nicht persönlich vorwerfbare Pflichtverletzungen als Entziehungsgründe anerkannt. Wollte man nur auf verschuldete Störungen abstellen, wären die anderen Wohnungseigentümer schutzlos.

Beispiel: Die von einem alkohol- oder drogenabhängigen Wohnungseigentümer ausgehenden Störungen sind ein Entziehungsgrund, wenn der Verbleib in der Gemeinschaft den anderen Wohnungseigentümer nicht zugemutet werden kann (BVerfG NJW 1994, 242; LG Tübingen NJW-RR 1995, 650).

d. Fortsetzung der Gemeinschaft muss unzumutbar sein

Neben der Feststellung der Störung ist als weiteres Tatbestandsmerkmal die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Gemeinschaft zu prüfen. Dazu bedarf es einer Interessenabwägung zwischen den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft an der ungestörten Nutzung ihres Wohnungseigentums und dem Eigentumsbestandsinteresse des störenden Wohnungseigentümers.

Im Regelfall ist eine Wiederholungsgefahr zu fordern, so dass einmalige Vorfälle nur in extremen Fällen ausreichend sind.

e. Beispiele der Rechtsprechung

(nach Harz u.a./Schmid Miet- und WE-Recht 3. Aufl. Kap.22 R. 10):

e.1. Anerkannte Entziehungsgründe (im Einzelfall!)
  • Prostitutionsausübung mit Bordellbetrieb im Wohngebiet bei Duldung des Wohnungseigentümers (LG Nürnberg-Fürth NJW 1963, 720)
  • Erhebliche Belästigungen, z.B. aus der Wohnung ausströmende Fäkaliengerüche, wenn Änderung nicht zu erwarten ist (LG Tübingen NJW-RR 1995, 650)
  • Fortlaufende Sachbeschädigungen und Beschmutzungen am Eigentum anderer Wohnungseigentümer (AG Rheinbeck WE 1993, 127)
  • Dauernde nächtliche Ruhestörungen durch Trinkgelage (LG Augsburg ZMR 2005, 230)
  • Gewalttätigkeiten und grobe Beleidigungen anderer Wohnungseigentümer (LG Köln ZMR 2002, 227)
  • Schwere Beleidigungen anderer Wohnungseigentümer (KG NJW 1967, 2268)
  • Ungezieferplage infolge der Vernachlässigung des Sondereigentums
  • Permanente Lärmbelästigung durch Erwachsene (LG Aachen ZMR 1965, 75)
  • Vielzahl von Beschlussanfechtungsverfahren, mit der Folge, dass die Zahl der Rechtsstreitigkeiten als Sachmangel beim Verkauf des Wohnungseigentums zu Tage tritt und dessen Verkaufsfähigkeit mindert (KG NJW 1992, 1901)
  • Störungen eines alkohol- oder drogenabhängigen Wohnungseigentümers (BVerfG NJW 1994, 242; LG Tübingen NJW-RR 1995, 650)
  • Messi-Problematik (Vermüllung der Wohnung, zwanghafter Sammelwahn)
e.2. Abgelehnte Entziehungsgründe (im Einzelfall!)
  • Beständiges, aber nicht querulatorisches Anfechten von Gemeinschaftsbeschlüssen. Der Wohnungseigentümer nimmt ein elementares Recht aufgrund seiner Eigentümerstellung wahr (OLG Köln NJW-RR 2004, 877).
  • Tätigkeit in einer politischen Organisation, auch dann nicht, wenn Angriffe politischer Gegner zu befürchten sind (AG München ZMR 1961, 304).
  • Vermietung der Wohnung an Ausländer (LG Wuppertal WE 1975, 124).

4. Regelbeispiele § 18 II WEG

„Regelbeispiel“ bedeutet, dass das Gesetz ausdrücklich Fälle bezeichnet, in denen die Entziehung des Wohnungseigentums möglich ist. Es konkretisiert die Generalklausel des § 18 I WEG.

4.1. Regelbeispiel 1: Pflichtverletzung aus § 14 WEG

Jeder Wohnungseigentümer ist gemäß § 14 WEG verpflichtet, sein Wohnungseigentum verantwortungsvoll im Hinblick auf die Wohnungseigentümergemeinschaft wahrzunehmen. Dazu gehört insbesondere

  • die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung seines Sondereigentums,
  • ferner die Pflicht das Gemeinschaftseigentum nur so zu nutzen, dass die anderen Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt werden (z.B. Sachbeschädigungen zu unterlassen),
  • die Pflicht, Mieter, Haushaltsangehörige oder sonstige Nutzungsberechtigte zur Einhaltung der dem Wohnungseigentümer selbst obliegenden Pflichten anzuhalten,
  • Bauliche Maßnahmen an seinem Sondereigentum zu dulden, die im Interesse des Gemeinschaftseigentums liegen (z.B. Sanierung des Bodenbelags der Terrasse über der Wohnung eines Miteigentümers),
  • den Zutritt zu seinem Sondereigentum zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums notwendig ist.

Voraussetzung ist eine Abmahnung des zu beanstandenden Verhaltens. Der Abmahnung müssen mindestens zwei weitere Verstöße folgen. Die Abmahnung muss zeitlich vor der Beschlussfassung über die Entziehung des Wohnungseigentums erfolgen. Verzichtbar ist sie nur, wenn sie unzumutbar ist oder keinen Erfolg verspricht. Um Risiken zu vermeiden, sollte immer eine Abmahnung ausgesprochen werden.

Die Abmahnung kann durch den Verwalter oder andere Wohnungseigentümer erfolgen (BGH Urt.v.17.1.2007 – V ZR 26/06).

Beschließt die Wohneigentümergemeinschaft die Abmahnung, kann der betroffene Wohnungseigentümer diese anfechten. Das Gericht prüft aber nur formelle Mängel, nicht die Berechtigung der Abmahnung (BayObLG NJW-RR 1996, 13). Die Berechtigung spielt erst im Entziehungsverfahren eine Rolle.

4.2. Regelbeispiel 2: Zahlungsverzug

Der häufigste Fall, bei dem Wohnungseigentum entzogen wird, ist der Zahlungsverzug gegenüber der Gemeinschaft mit Wohngeld. Voraussetzung nach dem Gesetz ist, dass der Wohnungseigentümer …

  • über mehr als 3 Monate mit seinen Zahlungspflichten gegenüber der Gemeinschaft im Verzug ist,
  • der Rückstand mindestens 3 % des Einheitswerts seines Wohnungseigentumsgesetzes
  • und der Wohnungseigentümer abgemahnt wird (BGH ZMR 2007, 465).

In der Teilungserklärung kann bestimmt werden, dass bereits geringere Rückstände (z.B. 2 Monate Zahlungsverzug) für die Entziehung ausreichen (BGH NJW 2002, 1657). Eine Verschärfung (z.B. 4 Monate Zahlungsverzug) der im Gesetz bezeichneten Voraussetzungen ist jedoch nicht möglich, da es sich dabei um Regelbeispiele handelt.

Der Wohnungseigentümer kann noch nach Erlass des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren die Rückstände begleichen und damit die Entziehung seines Wohnungseigentums abwenden (§ 19 II WEG).

Auch die fortlaufend unpünktliche Zahlung von Wohngeld kann die Entziehung des Wohnungseigentums nach der Generalklausel des § 18 I WEG rechtfertigen, wenn dadurch die ordnungsgemäße Verwaltung nachhaltig beeinträchtigt wird (BGH ZMR 2007, 465).

5. Vorgehen zur Entziehung von Wohnungseigentum

a. Beschlussfassung

Die Entziehung von Wohnungseigentum erfordert einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 18 III WEG). Der betroffene Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt (§ 25 V WEG).

Bei einer reinen Zweiergemeinschaft erübrigt sich ein Beschluss (LG Köln ZMR 2002, 227). Allerdings soll der auszuschließende Wohnungseigentümer angehört werden (BayObLGz 1983, 112).

Die Beschlussfassung erfordert die qualifizierte Mehrheit von mehr als der Hälfte der stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Bei Mehrhausanlagen zählt die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer (BayObLG Rpfleger 1972, 144).

Es genügt nicht die Mehrheit der in der Eigentümerversammlung erschienenen Wohnungseigentümer (§ 18 III WEG). Dabei gilt das Kopfstimmrecht. Danach hat jeder Eigentümer eine Stimme (§ 25 II 1, 18 III 3 WEG). Auf die Größe seines Miteigentumsanteils kommt es nicht an. Soweit in der Gemeinschaftsordnung ein Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen vorgesehen ist, gilt dieses nicht für die Entziehung von Wohnungseigentum (BayObLG NJW-RR 2000, 17).

Mit dem Entziehungsbeschluss beschließt die Gemeinschaft, dass das Wohnungseigentum eines Miteigentümers entzogen werden soll und fordert ihn auf, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Inwieweit der Entziehungsbeschluss berechtigt ist, kann nur im Entziehungsverfahren vom Gericht beurteilt werden (BayObLG NZM 1999, 578).

b. Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses erfordert Klage

Der Wohnungseigentümer, von dem die Gemeinschaft den Verkauf seines Wohnungseigentums verlangt, kann sein Wohnungseigentum freihändig und freiwillig veräußern. Ist er dazu nicht bereit oder findet er keinen Käufer, kann die Eigentümergemeinschaft ihren Anspruch durch Klage verfolgen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt (§ 43 I WEG). Klagevoraussetzung ist, dass ein Mehrheitsbeschluss im Sinne des § 18 III WEG nachgewiesen wird. Ob und inwieweit dieser Beschluss wirksam gefasst wurde, überprüft das Gericht gemäß § 43 IV WEG.

c. Alternative: Zahlungsklage

Parallel zum Verfahren auf Entziehung von Wohnungseigentum hat die Wohnungseigentümergemeinschaft auch die Möglichkeit, den im Zahlungsverzug befindlichen Wohnungseigentümer eine Zahlungsklage zuzustellen und aus dem Titel in das Vermögen des Wohnungseigentümers zu vollstecken und notfalls daraus die Zwangsversteigerung des Objekts zu betreiben.

d. Zwangsvollstreckung des Entziehungsurteils

Im Gerichtsurteil wird der beklagte Wohnungseigentümer verurteilt, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Auf der Grundlage dieses Urteils kann die Zwangsvollstreckung in die Wege geleitet werden.

Antragsberechtigt ist insoweit die Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 19 I 1 WEG). Besteht diese nur aus zwei Wohnungseigentümern, ist der andere Wohnungseigentümer berechtigt. Besteht sie aus mehreren Eigentümern, ist jeder einzelne Wohnungseigentümer zur Zwangsvollstreckung berechtigt (§ 19 I 1 WEG), wenn die Eigentümergemeinschaft die Vollstreckung nicht verfolgt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist dann verpflichtet, dem vollstreckungswilligen Wohnungseigentümer den gerichtlichen Titel herauszugeben.

§ 19 II WEG gibt dem Wohnungseigentümer die Chance, bis zur Zahlung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung die Entziehung abzuwenden, wenn er seiner Zahlungspflicht nachkommt und alle durch das Gerichtsverfahren angefallenen Kosten bezahlt. Nach dem Gesetz besteht diese Abwendungsbefugnis aber nur bei Zahlungsverzug. Eine entsprechende Anwendung für Fälle von Pflichtverletzungen soll möglich sein, wenn die Störungsquelle beseitigt wird.

Beispiel: Das Wohnungseigentümerehepaar wird geschieden. Danach wird die Wohnung den nicht störendem Ehegatten überlassen (nach Schmid aaO).

Wird das Wohnungseigentum dann zwangsversteigert, wird aus dem Erlös ein eventueller Grundschuldgläubiger oder sonstiger dinglich gesicherter Gläubiger sowie der Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft bedient. Ein eventueller Übererlös steht dem Wohnungseigentümer zu.

Der Erwerber, dem im Versteigerungsverfahren der Zuschlag erteilt wird, tritt in die Rechtsposition des Wohnungseigentümers ein und wird Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft.

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Instandhaltung und Instandsetzung in der Wohnungseigentümergemeinschaft – Voraussetzungen, Umlagen

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Instandhaltung und Instandsetzung dienen dem Werterhalt der Immobilie. Die Begriffe sind von der „modernisierenden Instandhaltung“, „Modernisierung“ und „baulichen Veränderung“ abzugrenzen.

Es kommt entscheidend darauf an, alle diese Begriffe gegeneinander abzugrenzen, da das Wohnungseigentumsgesetz für die jeweilige Maßnahme unterschiedliche Mehrheiten vorschreibt. Wird eine Maßnahme nicht mit der vorgeschriebenen Mehrheit beschlossen, kann sie ungültig oder anfechtbar sein. Um also die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme beurteilen zu können, ist es unabdingbar, sie begrifflich zu anderen Maßnahmen abzugrenzen und einzuordnen.


Inhalt: Instandhaltung und Instandsetzung in der WEG

1. Instandhaltung und Instandsetzung

a. Definition der Begriffe

b. Abgrenzung: Reparatur oder Ersatzbeschaffung / Modernisierung

c. Entscheidungsaspekte bei Handlungsalternativen

d. Einfacher Mehrheitsbeschluss ermöglicht Instandhaltung und Instandsetzung

e. Instandhaltung/-setzung ist als Individualrecht einklagbar

f. Umlagen

2. Modernisierende Instandsetzung

a. Definition des Begriffs

b. Vorsorgliche Instandsetzung erlaubt

c. Einfache Stimmenmehrheit genügt

3. Modernisierung

a. Stimmenmehrheit: Doppelte qualifizierte Mehrheit

b. Definition des Begriffs Modernisierung

c. Zusammenfassung

4. Bauliche Veränderungen

a. Definition des Begriffs bauliche Veränderungen

b. Entscheidungskompetenz

5. Überblick: Bauliche Maßnahmen und Stimmenmehrheiten (Tabelle) 


1. Instandhaltung und Instandsetzung

Die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung gehört gemäß § 21 V Nr. 2 WEG zu den Aufgaben der ordnungsgemäßen Verwaltung. Der Sammelbegriff lautet „Erhaltungsmaßnahmen“. Ergänzend wird dazu die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage vorgegeben (§ 21 V Nr. 4 WEG).

a. Definition der Begriffe

Instandhaltungsmaßnahmen sind Arbeiten, die den Zweck haben, die Wohnung im ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten.

Beispiel: Neuversiegelung des Parkettfußbodens

Instandsetzungsmaßnahmen sind notwendig, um Schäden zu beseitigen, die den ordnungsgemäßen Zustand der Wohnung beeinträchtigen. Mit den Arbeiten soll der ordnungsgemäße Zustand, insbesondere die Bewohnbarkeit der Wohnung wiederhergestellt werden. Die Instandsetzung erfolgt durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung.

Beispiele: Reparatur des Parkettfußbodens, indem gebrochene Dielen mit Holzkitt gekittet oder durch neue ersetzt werden

Das Ziel von Instandhaltung und Instandsetzung ist Erhaltung oder Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsgemäßen Zustandes der Immobilie. Durch das Kriterium „Bestandserhalt“ unterscheidet sich die „normale“ Instandhaltung und Instandsetzung von anderen Maßnahmen, also von der „modernisierenden Instandsetzung“ „Modernisierung“ und von „baulichen Veränderungen“.

b. Abgrenzung: Reparatur oder Ersatzbeschaffung / Modernisierung

Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten erfolgen üblicherweise durch die Reparatur des Bauteils oder die Ersatzbeschaffung, wenn die Reparatur nicht mehr möglich ist

Beispiel: Austausch einer gerissenen oder eingetrübten Fensterscheibe

Einfache Reparaturen sind problemlose Instandsetzungsarbeiten. In der Praxis ist die Reparatur von einer Modernisierungsmaßnahme abzugrenzen. Ist die Reparatur nämlich technisch nicht mehr machbar oder fehlen erforderliche Ersatzteile oder sind Ersatzteile nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu beschaffen oder schreibt die Energiesparverordnung den Austausch eines veralteten Bauteils vor, kann auch ein verbessertes Bauteil eingebaut werden. Es handelt sich dann immer noch um eine Instandsetzungsmaßnahme und nicht um eine Modernisierungsmaßnahme.

Beispiel: Ein einfachverglastes Fenster wird durch ein Isolierglasfenster ersetzt.

c. Entscheidungsaspekte bei Handlungsalternativen

Entscheidend ist, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gezwungen ist, eine Bestandsverbesserung vorzunehmen, weil sie keine alternative Handlungsmöglichkeit hat. Haben die Wohnungseigentümer mehrere Handlungsalternativen, ein Bauteil instandzusetzen oder instandzuhalten, muss die Auswahl den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend. Dabei sind folgende Aspekte (am Beispiel neuer Fenster) zu berücksichtigen:

  • Eignung (Einfachverglasung im Keller, Isolierverglasung in Wohnungen),
  • Erforderlichkeit (dreifache isolierverglaste Keller?),
  • Wirtschaftlichkeit (Bleiverglasung im Treppenaufgang?),
  • Qualität und Nachhaltigkeit (Holzfenster, Alu- oder Kunststofffenster?),
  • Einholung mindestens dreier Kostenvorschläge,
  • Zuverlässigkeit des Anbieters (Referenzen, Erfahrungen in Vergangenheit),
  • Haltbarkeit von Material (Verschleißanfälligkeit in Hinblick auf Nutzungsgrad),
  • Modernisierungsrisiko in der Zukunft (Risiko, dass ein Bauteil schnell veraltet, ein anderes Bauteil hingegen länger dem technischen Stand entspricht).

Die billigste Alternative ist nicht unbedingt immer empfehlenswert. Maßgebend ist, wie ein vernünftiger und vorausschauender auf Substanzerhaltung bedachter Eigentümer handeln würde. Sofern behördliche Auflagen bestehen (Energiesparverordnung) muss die Wohnungseigentümergemeinschaft nach deren Vorgabe entscheiden. Ihr Ermessensspielraum kann sich auf Null reduzieren.

Beispiel: Austausch eines Heizungskellers, Baujahr 1982, laut EnEV 2009 ist z.B. ein Gasbrennwertkessel einzubauen. Ein noch funktionierender Kessel Baujahr 1986 kommt nicht in Betracht.

d. Einfacher Mehrheitsbeschluss ermöglicht Instandhaltung und Instandsetzung

Da die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Gesetz vorgeschrieben ist, können die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit beschließen (§ 21 III WEG). Einfache Mehrheit bedeutet mehr als 50 % der anwesenden und vertretenen Stimmrechte.

Dieser Aspekt ist besonders wichtig, da für die Modernisierung eine größere Mehrheit und für bauliche Änderungen die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist.

e. Instandhaltung ist als Individualrecht einklagbar

Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, die Durchführung der zur Instandhaltung und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen zu verlangen (§ 21 IV WEG). Notfalls kann er diesen Anspruch auf „ordnungsgemäße Verwaltung“ gerichtlich einklagen.

f. Umlagen

Die anlässlich der Instandhaltung und Instandsetzung entstehenden Kosten werden entsprechend den Miteigentumsanteilen der einzelnen Wohnungseigentümer auf den jeweiligen Wohnungseigentümer umgelegt.

Jeder Wohnungseigentümer kann von den Miteigentümern verlangen, dass sie sich am Kostenaufwand beteiligen. Kein Wohnungseigentümer kann eine Reparaturmaßnahme mit dem Argument verweigern, es fehle mangels Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung das Geld für die Maßnahme. Fehlende finanzielle Mittel sind kein Argument, notwendige Instandsetzungsmaßnahmen aufzuschieben oder gar zu verweigern. Notfalls muss die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Sonderumlage beschließen, die der einzelne Wohnungseigentümer gegebenenfalls per Kredit finanzieren muss. Auch die Aufnahme eines Darlehens durch die Gemeinschaft ist möglich (BGH NJW 1988, 1910).

2. Modernisierende Instandsetzung

a. Definition des Begriffs

Auch bei der modernisierenden Instandsetzung geht es darum, die Immobilie in einen ordnungsgemäßen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen. Neben der reinen Wiederherstellung kommt noch ein Modernisierungseffekt hinzu. Dieser Modernisierungseffekt ist bewusst gewollt und wird nicht dadurch erzwungen, dass eine Reparatur nicht möglich ist. Wesentliches Abgrenzungskriterium zur reinen Modernisierung ist also der Reparaturanlass.

Voraussetzung ist mithin, dass ein Reparaturanlass besteht. Modernisierungen ohne Reparaturanlass sind insoweit reine Modernisierungsmaßnahmen. Zusätzlich zur Reparatur muss ein Modernisierungseffekt auftreten, der in der Regel eine technische Verbesserung, die Erhöhung des Wohnwertes oder eine Energieeinsparung zum Ziel hat.

Beispiele: Sanierung der Fassade mit Dämmung, Neueinbau sanitärer Einrichtungen

Besteht Reparaturbedarf, kann die Gemeinschaft eine Lösung beschließen, die über die bloße Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes hinausgeht und eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvolle Alternative beschließen. Teils verlangt der Energieeinsparverordnung eine solche technische Verbesserung ausdrücklich (Austausch des Heizkessels).

Insbesondere sind die bei der Gelegenheit einer Modernisierung durchgeführten Arbeiten zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes keine Modernisierungsmaßnahmen, sondern reine Instandhaltung oder Instandsetzungsmaßnahmen.

Beispiel: Statt die defekte, aber reparable Badewanne im Badezimmer des Mieters zu reparieren, baut der Vermieter eine neue Badewanne ein.

b. Vorsorgliche Instandsetzung erlaubt

Es genügt, wenn der Reparaturbedarf vorhanden oder zumindest absehbar ist. Die Eigentümergemeinschaft braucht nicht abzuwarten, bis ein Bauteil defekt ist. Sie kann eine modernisierende Instandhaltung bereits dann beschließen, wenn der Ausfall und Reparaturbedarf zu befürchten ist.

Auch hier gilt als Maßstab wieder ein „vernünftig, wirtschaftlich denkender und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossener Hauseigentümer (BayObLG ZMR 2004, 442).

c. Einfache Stimmenmehrheit genügt

Für modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen genügt die einfache Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer Gemeinschaft (§ 21 III WEG). Einfache Mehrheit bedeutet mehr als 50% der anwesenden und vertretenen Stimmrechte. Das Gesetz erwähnt diesen Begriff nämlich ausdrücklich in § 22 III WEG und verweist auf die Stimmenmehrheit des § 21 III WEG.

Soweit eine Maßnahme über die modernisierende Instandhaltung hinausgeht und als Modernisierung bewertet wird, genügt die einfache Stimmenmehrheit nicht.

3. Modernisierung

a. Stimmenmehrheit: Doppelte qualifizierte Mehrheit

Bis zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 2007 galten Modernisierungen als bauliche Veränderungen. Sie konnten deshalb nur unter Zustimmung aller Eigentümer durchgeführt werden. Die vor allem in großen Wohnanlagen wirtschaftlich notwendige Modernisierung scheiterte deshalb oft am Vetorecht einzelner Eigentümer.

Nunmehr kann die Wohnungseigentümergemeinschaft Modernisierungen auch ohne Reparaturanlass mit Mehrheit auch gegen den Willen einzelner Wohnungseigentümer beschließen. Allerdings genügt die einfache Mehrheit dafür nach wie vor nicht.

Als Kompromisslösung bestimmt § 22 II WEG eine „doppelte qualifizierte Mehrheit“ (Mehrheit von ¾ aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile).

b. Definition des Begriffs Modernisierung

Der Inhalt dessen, was eine Modernisierungsmaßnahme ausmacht, ergibt sich per Definition aus dem Gesetz. § 22 II WEG verweist auf § 559, 555b BGB. Modernisierungsmaßnahmen sind danach bauliche Veränderungen,

  • durch die nachhaltig Endenergie eingespart wird (Warmwasseraufbereitung mit Solarenergie, Wärmedämmung, Wärmerückgewinnung, Nutzung alternativer Energien),
  • durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird (Einbau von Wasseruhren zwecks verbrauchsorientierter Verbrauchserfassung),
  • die den Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöhen (Einbau einer neuen Heizung, Einbau von Bad oder Toiletten),
  • die die allgemeinen Wohnverhältnisse dauerhaft verbessern (Einbau von Isolierglasfenstern, Aufzug, Anlegung von Stellplätzen, Trockenraum, Fahrradkeller),
  • die der Vermieter aufgrund von Umständen durchführen muss, die er nicht zu vertreten hat und auch keine Erhaltungsmaßnahmen darstellen (Austausch eines veralteten Heizungskessels nach Vorgabe der Energieeinsparverordnung),
  • die der Anpassung an den Stand der Technik dienen.

c. Zusammenfassung

Modernisierungen können von der Wohnungseigentümergemeinschaft mit doppelt qualifizierten Mehrheit beschlossen werden, wenn es sich also

  • um eine Modernisierung im Sinne von §§ 559, 555b Nr. 1,3,45,6 BGB handelt
  • oder eine Anpassung an den Stand der Technik erfolgt,
  • die Eigenart der Wohnanlage nicht verändert wird und
  • die Rechte einzelner Wohnungseigentümer nicht unbillig beeinträchtigt werden
  • und die Maßnahme von ¾ aller Wohnungseigentümer, die gleichzeitig mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile besitzen, gewünscht wird.

Liegen diese Voraussetzungen vor, bleiben entgegenstehende Interessen einzelner Eigentümer außen vor. Es besteht kein Vetorecht.

4. Bauliche Veränderungen

a. Definition des Begriffs bauliche Veränderungen

Bauliche Veränderungen sind Maßnahmen, die über die normale Instandhaltung und Instandsetzung, die modernisierende Instandsetzung und die Modernisierung hinausgehen.

Beispiele: Einbau einer Klimaanlage mit Wanddurchbruch, Luxusmaßnahmen: Einbau eines zweiten Fahrstuhls, Verwendung besonders hochwertiger Materialien wie exklusive Teppichböden ohne Gebrauchswerterhöhung; Anbau eines Wintergartens, Einbau einer Dachgaube, Umwandlung einer Grünfläche in einen Parkplatz, Verglasung einzelner Balkone.

b. Entscheidungskompetenz

Soweit bauliche Veränderungen in Wohnungseigentumsanlagen ausgeführt werden, verändern sie das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage und bedürfen insoweit der Zustimmung aller Mitglieder (§ 22 I WEG). Maßgebend ist der wesentliche innere und äußere Bestand der Eigentumsanlage in baulicher, optischer, konstruktiver und gestalterischer Hinsicht. Unwesentliche Änderungen sind erlaubt, wenn sie den Charakter der Wohnanlage nicht ändern.

In Ausnahmefällen finden sich in einer Teilungserklärung auch konkrete Umbaurechte einzelner Eigentümer. Beispielsweise kann bestimmt sein, dass der Eigentümer den über seiner Wohnung befindlichen Dachboden bei Bedarf ausbauen darf und dazu nicht die Zustimmung der anderen Eigentümer benötigt.

5. Überblick: Bauliche Maßnahmen und Stimmenmehrheiten

Maßnahme Maßgebliche Rechtsvorschrift Gegenstand Stimmenmehrheit
1. Instandhaltung und Instandsetzung § 21 V Nr. 2 WEG Reparatur des Bestandes einfache Mehrheit*1
2. Modernisierende Instandsetzung § 21 III WEG Bestandsverbesserung bei Reparaturanlass + Amortisation einfache Mehrheit*1
3. Modernisierung § 22 I WEG Bestandsverbesserung ohne Reparaturanlass Doppelte qualifizierte Mehrheit*2
4. Bauliche Veränderungen § 22 I WEG Alle sonstigen baulichen Maßnahmen Zustimmung aller Eigentümer
5. Erfüllung gesetzlicher / behördlicher Auflagen   Brandschutz
Energieeinsparung
Bauvorschriften
Verkehrssicherheit
Einfache Mehrheit*1

*1Einfache Mehrheit: mehr als 50 % der anwesenden oder wirksam vertretenen Stimmrechtsanteile

*2Doppelte qualifizierte Mehrheit: Zustimmung von ¾ aller Wohnungseigentümer, die gleichzeitig mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile halten.

Sondereigentum: Büro und Gewerbe, was ist erlaubt, was nicht?

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Ein Sondereigentümer (Wohneigentümer, Teileigentümer) ist zwar Herr in den eigenen vier Wänden. Dennoch kann er nicht schalten und walten wie er möchte. Er kann sich nur im Rahmen der Gemeinschaftsordnung bewegen und muss auf die Belange der anderen Sondereigentümer Rücksicht nehmen.

Die Rechtsprechung hat in einer Vielzahl von Fällen entscheiden müssen, welche Nutzung des Sondereigentums im konkreten Fall erlaubt ist und welche nicht. Nicht alle Urteile liegen auf einer Linie. Das Verständnis der Urteile und die Einschätzung der eigenen Situation erfordert die Kenntnis der rechtlichen Gegebenheiten. Die Problematik ist immer wieder ein Thema in Wohnungseigentümergemeinschaften.


Inhalt: Sondereigentum: Büro und Gewerbe

1. Zweckbestimmungswidrige Nutzung begründet Unterlassungsansprüche

2. Die Zweckbestimmung der Teilungserklärung gibt die Richtung vor

3. Typisierende Betrachtungsweise bestimmt, was erlaubt ist und was nicht

a. Zweckbestimmung im Teilungsvertrag

b. Allgemein: Typisierende Betrachtungsweise

c. Umstände im Einzelfall bleiben unerheblich

d. Konkret: Typisierende Betrachtungsweise

4. Einzelfälle in Bezug auf die Nutzung als

a. Wohnung

b. Büro

c. Gewerbe

d. Laden

d. a. Laden wird durch vorgegebene Öffnungszeiten geprägt

d. b. Prüfungskriterien der zweckwidrigen Nutzung eines Ladens

d. c. Einzelfälle einer zweckwidrigen Ladennutzung

e. Geschäftsraum


1. Zweckbestimmungswidrige Nutzung begründet Unterlassungsansprüche

Wird Sondereigentum zweckbestimmungswidrig genutzt, kann jeder andere Wohnungs- und Teileigentümer allein oder gemeinsam mit den anderen Eigentümern vom Nutzer Unterlassung und Beseitigung der Nutzung verlangen (BGH NJW-RR 1995, 715).

Rechtsgrundlagen = §§ 1004 BGB, 15 III, 14 Nr. 1 WEG).

2. Die Zweckbestimmung der Teilungserklärung gibt die Richtung vor

Sondereigentum gibt es in der Form von Wohnungseigentum (§ 1 II WEG) und Teileigentum (§ 1 III WEG). Der Gebrauch des Sondereigentums wird durch die Zweckbestimmung geprägt. Die Zweckbestimmung ist in der Teilungserklärung festgelegt. Die Festlegung ist meist rahmenartig und legt den Zweck oft nur grob fest („Zweckbestimmung im weiteren Sinne“).

Nach § 15 WEG können die Sondereigentümer den Gebrauch ihres Sondereigentums aber auch noch nachträglich konkretisierend durch Vereinbarung regeln oder beschließen (Gebrauchsregelung, „Zweckbestimmung im engeren Sinne“). Die Eintragung im Grundbuch ist nicht notwendig, aber im Hinblick auf die Verpflichtung von Rechtsnachfolgern empfehlenswert.

Erklärt die Teilungserklärung eine Einheit zu Wohnungseigentum, darf dieses Sondereigentum nur zu Wohnzwecken genutzt werden. Es ist seine Zweckbestimmung. Spricht die Teilungserklärung von Teileigentum, ist damit eine sehr weitgehende (gewerbliche, freiberufliche, sonstige) Nutzung vorgesehen, bei der allerdings die Nutzung zu Wohnzwecken ausgeschlossen ist.

Im Idealfall ergibt sich aus der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung eine konkrete Zweckbestimmung (Gebrauchsregelung). Die Rechtsprechung spricht von einer „Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter“ (BGH ZMR 2004, 278; BayObLG ZMR 2000, 689). Diese Gebrauchsregelung beschreibt konkret wie das Wohnungseigentum oder Teileigentum genutzt werden darf (§ 15 WEG).

Widersprechen sich Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan oder ergeben sich unklare Angaben, soll letztlich die Teilungserklärung für die Zweckbestimmung maßgeblich sein (BGH NZM 2000, 407).

Dafür spricht auch, dass es sich bei Angaben im Aufteilungsplan lediglich um unverbindliche Nutzungsvorschläge handelt, die gegenüber der Teilungserklärung keinen Vorrang haben (u.a. OLG Hamm ZMR 20006, 634). Insbesondere handelt sich meist um Eintragungen des Architekten in der Bauzeichnung. Ist dort ein Raum als Trockenraum bezeichnet, habe dies keine rechtliche Bedeutung. Nicht jede Bezeichnung eines Raums sei eine beabsichtigte Nutzungsbeschränkung.

3. Typisierende Betrachtungsweise bestimmt, was erlaubt ist und was nicht

Im Grundsatz darf der Wohnungseigentümer seine Wohnung nur zu Wohnzwecken nutzen. Gleichfalls darf der Teileigentümer seine Räumlichkeiten grundsätzlich zu allen anderen Zwecken nutzen, nur eben nicht zu Wohnzwecken.

a. Zweckbestimmung im Teilungsvertrag

Bei der Interpretation der Zweckbestimmung ist vorrangig auf den Wortlaut und Sinn des Teilungsvertrages abzustellen. Maßgebend ist die Sichtweise eines unbefangenen Betrachters (BGH ZMR 2003, 937). Es komme nicht auf den Willen des Verfassers der Teilungserklärung an, sondern darauf, was der gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss (BGH ZMR 1991, 231).

b. Allgemein: Typisierende Betrachtungsweise

Ob eine Nutzungsart im Einzelfall erlaubt ist oder über den grundsätzlichen Nutzungszweck hinausgeht, bestimmt sich danach, ob die von der zweckbestimmungswidrigen Nutzung ausgehende Störung aufgrund einer typisierenden (verallgemeinernden) Betrachtungsweise noch als zulässig erachtet wird oder eben keine typische Nutzungsform mehr darstellt (BGH NZM 2010, 285).

Beispiel für Wohnungseigentum: Nutzung einer Wohnung als Büro ohne Kundenfrequenz

Beispiel für Teileigentum: Nutzung einer Ladeneinheit als Gaststätte

c. Umstände im Einzelfall bleiben unerheblich

Aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise sind alle Nutzungen erlaubt, die nicht mehr stören oder beeinträchtigen als die zweckbestimmte Nutzung (OLG Hamm ZMR 2005, 219: Büro). Nach der Rechtsprechung ist für die Frage der Zulässigkeit einer bestimmten Nutzung nicht darauf abzustellen, ob sie im Einzelfall konkret tatsächlich Störungen verursacht oder nicht (BGH NZM 2010, 285; BayObLG NZM 2001, 137). Es wird eben jene typisierende Betrachtungsweise angewandt. Dennoch berücksichtigte das OLG München (ZMR 2005, 728) auch die konkreten Umstände des Einzelfalls.

d. Konkret: Typisierende Betrachtungsweise

Im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise sind zwei Aspekte zu prüfen:

Ausmaß einer Störung: Es ist festzustellen, welche Störungen und Beeinträchtigungen von einer zweckwidrigen Nutzung im Verhältnis zu einer zweckgemäßen Nutzung ausgehen.

Zum anderen ist festzustellen, ob der typische Nutzer ebenfalls stören würde. Auf eine massive Störung kommt es dabei nicht an (BayObLG ZMR 2000, 778).

Beispiel (nach Harz u.a./Elzer: Miet- und WE-Recht, 2. Aufl. 22. Kap. R. 520): Es ist unerheblich, ob der gegenwärtige Betreiber eines Restaurationsbetriebes auch noch nach 22.00 Uhr Fleisch klopft oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob auch in einem normalen Restaurant um diese Zeit noch solche Störungen zu erwarten sind. Sind in einem normalen Restaurant keine solchen Störungen zu erwarten, handelt der Nutzer zweckwidrig.

Die typisierende Betrachtungsweise rechtfertigt sich mithin darauf, dass die Regelungen eines Teilungsvertrages abstrakt sind und nicht auf den konkreten Fall abstellen. Vor allem sei es den übrigen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten, im Einzelfall feststellen lassen zu müssen, ob im Einzelfall eine zweckwidrige Nutzung vorliegt oder nicht. Es kommt also darauf an, ob die typisierende (verallgemeinernde) Betrachtungsweise eine zweckwidrige Nutzung begründet oder nicht.

4. Einzelfälle in Bezug auf die Nutzung als Wohnung, Büro, Gewerbe, Laden, Geschäftsraum

Letztlich entscheidet nach Maßgabe dieser allgemeinen Grundsätze immer der Einzelfall.

a. Wohnung

Ein als Wohnung bezeichnetes Sondereigentum dient ausschließlich Wohnzwecken. Die Nutzung als Arztpraxis mit Patientenverkehr ist unzulässig (BayObLG ZMR 2000, 778). Auch die Ausübung der Prostitution ist verboten (BayObLG 1985, 325).

Inwieweit eine Wohnung als Büro genutzt werden kann, entscheidet sich nach den Umständen im Einzelfall. Insbesondere kommt es auf die Art des Bürobetriebs an (BayObLG ZMR 2001, 41). Der Betrieb eines Patentanwaltsbüros ohne Publikumsverkehr wurde für zulässig erachtet (OLG Köln NZM 2002, 258).

Allgemein ist anzunehmen, dass nach außen nicht wahrnehmbare Tätigkeiten problemlos bleiben. Sie verändern den Wohncharakter nicht. Die Situation ändert sich, wenn der Besucherverkehr über das allgemeine wahrnehmbare Maß hinausgeht und die übrigen Wohnungseigentümer in ihrer Wohnqualität unzumutbar beeinträchtigt werden.

b. Büro

Der Betrieb einer Arztpraxis in einer als Büro bezeichneten Teileigentumseinheit ist nicht erlaubt (OLG Stuttgart ZMR 1987, 60). Bewertungsmaßstab dürfte der Patientenverkehr sowie die von einer Arztpraxis eventuell ausgehende Geruchs- und Lärmbelästigung sein. Gleiches gilt für den Betrieb eines Spielsalons (LG Bielefeld RPfleger 1981, 355) und die Ausübung einer Kinderarztpraxis (OLG Düsseldorf WE 1086. 72).

c. Gewerbe

Erlaubt die Teilungserklärung die gewerbliche Nutzung, ist von einem umfassenden Zweck auszugehen. Danach ist jede gesetzlich erlaubte gewerbliche Nutzung gestattet (OLG Hamm ZMR 2006, 149). Auch der Betrieb einer Zahnklinik kann danach erlaubt sein (OLG Düsseldorf ZMR 2004, 449), ebenso die Nutzung als Restaurant (KG DWE 2000, 73).

Nicht erlaubt ist die Errichtung einer Bierschwemme (BGH DWW 1964, 89) und der Betrieb einer Sauna außerhalb der allgemeinen Ladenschlusszeiten (BayObLG NJW-RR 1986, 317).

d. Laden

d. a. Laden wird durch vorgegebene Öffnungszeiten geprägt

Laden ist eine Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren an jedermann. Damit ist eine gewerbliche Nutzung erlaubt. Eine Einschränkung ergibt sich sinngemäß daraus, dass die Räume grundsätzlich nur als Laden während der normalen Ladenöffnungszeiten genutzt werden dürfen (OLG München ZMR 2007, 484).

Teils wird aber auch darauf abgestellt, dass die Ladungsöffnungszeiten dynamisch zu verstehen seien und verlängerte Öffnungszeiten zu akzeptieren sind. Soweit auf Ladenöffnungszeiten abgestellt wird, ist die Nutzung als Restaurationsbetrieb (Restaurant, Gaststätte, Bistro) nicht möglich. Maßgebend ist hier, dass aufgrund der damit nicht mehr bestimmbaren Öffnungszeiten abends und am Wochenende mit Störungen zu rechnen ist, die mit der Nutzung als Laden nicht verbunden sind (OLG Celle ZMR 2004, 689; OLG Köln NJW-RR 1995, 851).

Ein Imbiss kann zulässig sein, wenn anhand der Umstände im Hinblick auf die Öffnungszeiten sowie Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen nicht mehr Störungen bestehen als bei einer zweckbestimmten Nutzung (OLG Schleswig ZMR 2004, 463). Genau gegenteilig entschied hingegen das Bayrische Oberlandesgericht (NZM 2000, 289). Eine pauschale allgemein verbindliche Antwort erweist sich angesichts dieses Beispiels als nicht möglich. Es kommt immer die Umstände im Einzelfall an.

d. b. Prüfungskriterien der zweckwidrigen Nutzung eines Ladens

Soweit es um die Frage einer Störung geht, prüft die Rechtsprechung folgende Aspekte (nach Harz u.a./Elzer, 2. Aufl. Miet- und WE-Recht 22.Kap.R 535):

  • Öffnungszeiten
  • Lärm- und Geruchsbeeinträchtigung
  • Häufigkeit der Störungen
  • Charakter der Wohnanlage
  • Nähere Umgebung der Wohnanlage
  • Wohn- oder Gewerbegebiet
  • Art des Publikums

d. c. Einzelfälle einer zweckwidrigen Ladennutzung

Anhand dieser Kriterien wurden folgende Aktivitäten als unzulässig beurteilt (Aufzählung nach Harz u.a./Elzer: Miet- und WE-Recht 2. Aufl. 22. Kap. R 537)

  • Kleingaststätte mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr (BayObLG ZMR 2000, 234).
  • Stehpizzeria (OLG Düsseldorf ZMR 1993, 222)
  • Sportstudio (OLG Schleswig NZM 2003, 483)
  • Betrieb einer chemischen Reinigung wegen der Geruchsbelästigung (BayObLG WE 1998, 194)
  • Automaten-Sonnenstudio außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten ohne Aufsichtspersonal des Betreibers (BayObLG WE 1996, 479)
  • Fischgroßhandlung (OLG München GuT 2007, 40)
  • Pizza Lieferservice (BayObLG WE 1998, 507)
  • Sex-Kino, Sex-Shop (LG Passau MDR 1983, 758)
  • Spielothek, Spielsalon (BayObLGZ 1990, Nr. 5)
  • Tanzcafe (BayObLG DWE 1986, 126)
  • Teestube mit Spielsalon (BayObLG WuM 1985, 235)
  • Betrieb einer Kindertagesstätte bei Betreuung bis zu 12 Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren tagsüber (KG NJW-RR 1992, 1102)
  • Sportstudio (OLG Schleswig NZM 2003, 483)
  • Verkaufskiosk (OLG Düsseldorf WE 1996, 276)
  • Betrieb einer Eisdiele (OLG Schleswig DWE 2000, 130)

e. Geschäftsraum

Die Zweckbestimmung eines Geschäftsraums ist weitergehender als die des Ladens. Sie unterliegt nicht den Vorgaben von Ladenöffnungs- und Ladenschlusszeiten. Es handele sich um einen Oberbegriff, der sowohl die Nutzung als Laden als auch als Gaststätte erlaube (BayObLGZ 1982, 6).

Gleiches gelte für den Betrieb einer chemischen Reinigung (BayObLG ZMR 1994, 425) sowie für ein Speiserestaurant und einen Rauchwarenladen (BayObLG MDR 1982, 496). Auch der Betrieb eines bis in die Morgenstunden geöffneten Nachtlokals mit Musikveranstaltungen sei zulässig, wenn die Nutzung dem Charakter der Wohnanlage entspreche (KG WE 1989, 26).

Wohnungstür – Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum?

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Wer sich die Frage stellt, ob seine Wohnungstür zum Gemeinschaftseigentum gehört oder in seinem Sondereigentum steht, kann sich die Frage beantworten, wenn er die dafür maßgeblichen Grundsätze kennt. Auch der Bundesgerichtshof gibt Entscheidungshilfe.


Inhalt: Wohnungstür – Gemeinschafts- oder Sondereigentum?

  1. Die Definition von Sondereigentum bestimmt die Richtung
  2. Wohnungsinnentüren sind Sondereigentum
  3. Wohnungsabschluss- und Hauseingangstüren sind Gemeinschaftseigentum
  4. Konsequenzen in der Praxis

a. Bauliche Veränderungen

b. Instandhaltung und Instandsetzung obliegen der Gemeinschaft


1. Die Definition von Sondereigentum bestimmt die Richtung

Nach § 5 WEG zählen nur solche Bestandteile einer Wohnung oder eines Gebäudes zum Sondereigentum,

  • soweit die Bestandteile verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum unangemessen beeinträchtigt
  • oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.

2. Wohnungsinnentüren sind Sondereigentum

Die Innentüren in einer Wohnung stehen regelmäßig im Sondereigentum. Dies lässt sich daraus begründen, dass andere Wohnungseigentümer kein begründetes Interesse an der Gestaltung der Innentüren der Nachbarn haben und die Innentüren für den äußeren Eindruck des Gemeinschaftseigentums nicht relevant sind (OLG Düsseldorf OLG-Report 2005, 148).

3. Wohnungsabschluss- und Hauseingangstüren sind Gemeinschaftseigentum

In Abgrenzung dazu trifft die Definition problemlos auf die Hauseingangstür zu. Sie prägt das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage und steht zwingend im Gemeinschaftseigentum.

Aus der Definition heraus lässt sich aber auch schließen, dass eine Wohnungsabschlusstür gleichfalls regelmäßig dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen ist.  Demgemäß wird für die Wohnungsabschlusstüren  nach überwiegender Rechtsprechung angenommen, dass diese als Begrenzungselemente zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen sind (BGH Urt.v. 25.10.2033 -V ZR 212/12; OLG München ZMR 2007, 725; OLG Stuttgart BauR 2005, 1490; BayObLG ZfIR 2004, 23).

Gleiches gilt auch für Teileigentums- und Ladentüren, Terrassen- und Balkontüren.

Lediglich das OLG Düsseldorf (Beschluss v.4.2.2002 – 3 Wx 293/01 in ZMR 2002, 445) hatte  aufgrund der Teilungserklärung die Zuweisung einer Wohnungsabschlusstür ins Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers erlaubt. Dieses Urteil ist angesichts der Entscheidung des BGH nicht mehr relevant.

Vor allem hatte der BGH entschieden, dass eine Abschlusstür zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen ist und auch in der Teilungserklärung nichts anderes vereinbart werden können. Es ist davon auszugehen, dass entgegenstehende Vereinbarungen in der Teilungserklärung damit nichtig sind.

Teils wird lediglich der Innenanstrich der Wohnungseingangstüre als Sondereigentum anerkannt. Dies lässt sich daraus begründen, dass die innere Optik der Wohnungseingangstür für die äußere Gestaltung des Gemeinschaftseigentums belanglos ist. Insoweit kann der Türinnenanstrich dem Sondereigentümer in der Teilungserklärung auch zur Auflage gemacht werden. In der besagten BGH-Entscheidung wurde diese Frage offen gelassen.

4. Konsequenzen in der Praxis

Die rechtliche Zuweisung zum Gemeinschafts- oder Sondereigentum hat erhebliche Konsequenzen in der Praxis.

a. Bauliche Veränderungen

Soweit eine Wohnungsabschlusstür dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen ist, ist der jeweilige Wohnungseigentümer nicht berechtigt, diese baulich zu verändern.

Im Urteil des Bundesgerichtshofs (Urt.v. 25.10.2033 -V ZR 212/12) ging es um folgenden Fall: Die Eigentümerversammlung hatte mehrheitlich beschlossen, dass im Interesse der einheitlichen Gestaltung der Wohnanlage neu einzubauende Wohnungseingangstüren auf eine ganz bestimmte Weise gestaltet sein müssen. Sie sollten aus Holz in der Farbe Mahagoni hell bestehen und einen in der Größe exakt festgelegten Glaseinsatz in Drahtornamentweiß aufweisen.  Im Fall ging es um Wohnungen einer Eigentumswohnanlage, die über Laubengänge von einem Treppenhaus zugänglich waren.

Der BGH bewertete die gesamte Wohnungseingangstür als eine einheitliche Sache im gemeinschaftlichen Eigentum.  Sie stelle die Abgeschlossenheit der dem Sondereigentum zugewiesenen Räume her. Damit stehe sie räumlich und funktional sowohl mit dem Sonder- als auch dem Gemeinschaftseigentum in einem Zusammenhang und diene der räumlichen Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum. Ob der betreffende Wohnungseigentümer wenigstens die Innenseite der Türe farblich anders gestalten darf, entschied der BGH nicht.

b. Instandhaltung und Instandsetzung obliegen der Gemeinschaft

Eine weitere Konsequenz besteht darin, dass die Instandhaltung (Anstrich) und erforderliche Reparaturarbeiten auf Kosten der Gemeinschaft durchgeführt werden müssen. Muss die Wohnungsabschlusstür neu gestrichen oder neue Schlösser eingesetzt werden, geht der Arbeits- und Materialaufwand zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 21 V Nr. 2 WEG ist es ihre Aufgabe, auf ihre Kosten das Gemeinschaftseigentum instandzuhalten.

Optisch nachteilige Veränderungen an Wohnungsabschlusstüren können also bauliche Veränderungen darstellen, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen. Insbesondere gehören auch der nachträgliche Einbau eines Türspions dazu, die nachträgliche Schließblechveränderung und von außen sichtbare Sicherheitstürschlösser. Auch die Form und Optik eines Türschildes können Anlass für Beanstandungen sein. Unter Umständen können dabei eventuelle Sicherheitsinteressen Berücksichtigung finden.

Sonderumlagen im Wohnungseigentum – Was ist möglich?

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Liquidität ist in einer Wohnungseigentümergemeinschaft ein entscheidender Faktor. Fehlt Geld, sind oft Streit und Ärger vorprogrammiert. Plötzlich auftretender Reparaturbedarf oder Wohngeldrückstände sind die häufigsten Gründe für Liquiditätsengpässe. Im Idealfall kann der Reparaturbedarf durch die Instandhaltungsrücklage abgedeckt werden. Ist die Kasse leer, hilft nur noch eine Sonderumlage. Muss eine solche beschlossen werden, sind eine ganze Reihe formaler Aspekte zu berücksichtigen. Fehler führen zu unkalkulierbaren Anfechtungsrisiken.

Zielsetzung des Artikels: Für welche Art von Maßnahme wird Geld benötigt? Welchen Inhalt sollte der Beschluss haben? Mit welcher Mehrheit ist die Maßnahme zu beschließen? Mit welcher Mehrheit ist der Kostenverteilungsschlüssel zu beschließen? Warum sind zwei getrennte Beschlüsse ratsam?


Inhalt: Sonderumlagen im WEG-Recht

1. Was sind Sonderumlagen?

2. Vorab vor der Beschlussfassung zu überlegende Kriterien

3. Inhalte eines Sonderumlagebeschlusses

4. Einfache Mehrheit genügt zur Beschlussfassung über die Maßnahme als solche

5. Beschluss über Kostenverteilung

a. Mögliche Verteilerschlüssel

b. Mehrheiten bei der Beschlussfassung zur Kostenverteilung (Maßnahmenabhängig)

c. Nochmals zur Klarstellung und zum Verständnis

d. Getrennte Beschlussfassung reduziert Anfechtungsrisiko

6. Sonderumlagen müssen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen

7. Sonderumlage als Ausfallrücklage

8. Beschlussfassung sollte Fälligkeit beinhalten

9. Abweichende Zahlungsmodalitäten

10. Bei Zahlungsverzug sind Zwangsmaßnahmen unabdingbar

11. Vorrang der Hausgeldrückstände in der Zwangsversteigerung

12. Nichtiger Beschluss über Sonderumlage kann neugefasst werden

13. Muster/Beispiel für einen Beschluss über eine Sonderumlage


1. Was sind Sonderumlagen?

Sonderumlagen im Wohnungseigentum dienen der Befriedigung außergewöhnlicher (Sturm deckt Dach ab), unerwarteter und nicht vorhergesehener Finanzierungslücken (Wohngeldausfall wegen Insolvenz eines Wohnungseigentümers), aber auch der Deckung eines anstehenden Finanzierungsbedarfs wegen einer Modernisierungsmaßnahme oder baulichen Veränderung.

Die Sonderumlage ist ein von jedem Wohnungseigentümer über das laufende Wohngeld hinaus zusätzlich aufzubringender finanzieller Beitrag. Sonderumlagen entsprechen der ordnungsgemäßen Verwaltung. Sie gelten als Wohngeldschulden. Rechtsgrundlage ist § 16 II WEG in Verbindung mit dem jeweiligen Eigentümerbeschluss.

2. Vorab vor der Beschlussfassung zu überlegende Kriterien

Vor der Beschlussfassung über eine Sonderumlage sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • Dringlichkeit der Maßnahme (Notfall, absehbarer Instandsetzungsbedarf)?
  • Welche Art von Maßnahme liegt vor (Wichtig im Hinblick auf die erforderliche Mehrheit)?
  • Instandhaltung/Instandsetzung: einfacher Mehrheitsbeschluss (§ 16 II WEG)
  • oder Modernisierung: doppelt qualifizierte Mehrheit (§ 22 II WEG)
  • oder bauliche Veränderung: Einstimmigkeit (§ 22 I WEG)
  • Höhe der voraussichtlichen Kosten?
  • Höhe und Verwendbarkeit einer bereits angesparten Instandhaltungsrücklage?
  • Finanzielle Möglichkeiten der einzelnen Wohnungseigentümer:
  • Einmalzahlung, Ratenzahlung, Darlehen?
  • Inwieweit ist mit Zahlungsausfällen zu rechnen?
  • Mit welcher Wahrscheinlichkeit können offene Forderungen gegen säumige Eigentümer realisiert werden?
  • Bestehen Möglichkeiten zur Darlehensaufnahme?
  • Gibt es öffentliche Fördermittel?

3. Inhalte eines Sonderumlagebeschlusses

Da die Sonderumlage den Wirtschaftsplan des Kalenderjahres ergänzt, unterliegt sie hinsichtlich formaler und inhaltlicher Kriterien den Erfordernissen des Wirtschaftsplans (§ 28 WEG).

Ein Beschluss über eine Sonderumlage …

  • muss formal die anstehende Maßnahme detailliert bezeichnen,
  • die umzulegenden Gesamtkosten der Maßnahme angeben,
  • den Verteilungsschlüssel und den auf jeden einzelnen Eigentümer entfallenden Betrag bezeichnen,
  • die Fälligkeit der Zahlungen bestimmen
  • und gegebenenfalls Zahlungsmodalitäten (Einmalbetrag, Raten, Zahlungstermine) festlegen.

Nur in Ausnahmefällen ist es ausreichend, den Gesamtbetrag und den Verteilerschlüssel anzugeben, sofern daraus der jeweilige Einzelbetrag problemlos errechnet werden kann (BayObLG NZM 2003, 66). Die Höhe der Sonderumlage orientiert sich am zu schätzenden Finanzbedarf. Dabei hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einen weitreichenden Ermessensspielraum.

4. Einfache Mehrheit genügt zur Beschlussfassung über die Maßnahme als solche

Die Sonderumlage kann, wenn damit …

  • eine Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme verbunden ist, mit einfacher Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen werden (§ 21 III WEG).
  • Modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen bedürfen ebenfalls der einfachen Mehrheit (§§ 22 III, 21 III WEG).
  • Modernisierungsmaßnahmen erfordern die doppelt qualifizierte Mehrheit (Mehrheit von 3 /4 aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und die Hälfte aller Miteigentumsanteile, § 22 II WEG).
  • Bauliche Veränderungen müssen einstimmig durch alle betroffenen Eigentümer beschlossen werden (§ 22 I WEG).

5. Beschluss über Kostenverteilung

a. Mögliche Verteilerschlüssel

Ist die Sonderumlage mit der jeweils notwendigen maßnahmeabhängigen Mehrheit (siehe zuvor Ziffer 4) beschlossen worden, ist noch zusätzlich über die Kostenverteilung zu beschließen. Im Grundsatz und im Zweifelsfall trägt jeder Wohnungseigentümer den Kostenaufwand nach dem Verhältnis seiner Anteile (§ 16 II WEG). Diese gesetzliche Regel findet sich in den meisten Teilungserklärungen.

Im Einzelfall können die Wohnungseigentümer seit der WEG-Reform durch Beschluss eine abweichende Kostenverteilung regeln. Diese Ausnahmeregelung steht in § 16 IV WEG. Sie soll die Gegebenheiten in der Praxis berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass der abweichende Verteilermaßstab dem „Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Eigentümer“ Rechnung trägt.

In Betracht kommt statt der Verteilung nach Miteigentumsanteilen auch …

  • die Verteilung nach Wohnungen, so dass auf jede Wohnung der gleiche Kostenanteil entfällt.
  • Ebenso ist die Verteilung auf bestimmte Eigentümer/Wohnungen möglich, wenn zum Beispiel ein Aufzug eingebaut werden soll und nur die Eigentümer ab dem ersten Obergeschoss die Maßnahme finanzieren sollen und die Erdgeschosseigentümer freigestellt werden.
  • Soweit bestimmte Maßnahmen nur bestimmten Wohnungseigentümern zugutekommen, kann das „Verursacherprinzip“ angewandt werden. Beispiel: Sanierung eines absturzgefährdeten Balkons. Dann zahlt dieser Wohnungseigentümer den Kostenaufwand allein. Allerdings wäre bei späteren, gleichen Maßnahmen gleichermaßen zu verfahren.

b. Mehrheiten bei der Beschlussfassung zur Kostenverteilung

Im einfachsten Fall bestimmt die Teilungserklärung als Verteilerschlüssel die Miteigentumsanteile. Dafür genügt die einfache Mehrheit.

Ein davon abweichender Verteilungsschlüssel bedarf hingegen einer doppelt qualifizierten Mehrheit und kann jeweils nur für die konkrete Maßnahme beschlossen werden. Eine doppelt qualifizierte Mehrheit bedeutet die Mehrheit von 3 /4 aller stimmberechtigten (nicht nur der erschienenen) Wohnungseigentümer und die Hälfte aller Miteigentumsanteile (§ 16 IV 2 WEG).

Vorsicht ist bei Misch-Beschlüssen geboten. Die Finanzierung kann zum Beispiel zu 50 % aus der Instandhaltungsrücklage und der Rest über eine Sonderumlage erfolgen. Die maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssel müssen harmonieren. Gilt für die Rücklage der Miteigentumsanteil als Verteilungsschlüssel, sollte auch für die Umlage der gleiche Verteilungsschlüssel beschlossen werden. Ein abweichender Verteilungsschlüssel für die Sonderumlage bedürfte der qualifizierten Mehrheit. Außerdem drohen Abrechnungsprobleme.

c. Überblick zur Klarstellung und zum Verständnis

Die Beschlussfassung über eine bestimmte Maßnahme als solche und die Beschlussfassung über die Kostenverteilung sind getrennt zu betrachten.

  • Einfache Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bedürfen hinsichtlich der Beschlussfassung über die Maßnahme selbst und die Kostenverteilung der einfachen Mehrheit. Soll ein von der Teilungserklärung abweichender Verteilerschlüssel angewandt werden, muss mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschlossen werden.
  • Modernisierende Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen können mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden. Gleiches gilt für die Kostenverteilung. Ein von der Teilungserklärung abweichender Kostenverteilungsschlüssel bedarf wiederum der qualifizierten Mehrheit.
  • Modernisierungsmaßnahme müssen per Gesetz mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Für die Kostenverteilung gilt zunächst die Teilungserklärung (in der Regel Miteigentumsanteile). Bei einer davon abweichenden Kostenverteilung wird die doppelt qualifizierte Mehrheit zweimal verlangt. In diesem Fall braucht es zwei Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit und zwar für …

1. die Modernisierungsmaßnahme sowieso selbst (§ 22 II WEG) sowie

2. für die abweichende Kostenverteilung (§ 16 IV WEG).

  • Bei baulichen Veränderungen benötigt eine Beschlussfassung über die Maßnahme die Zustimmung aller betroffenen Eigentümer. Eine von der Teilungserklärung abweichende Kostenverteilung verlangt wiederum die doppelt qualifizierte Mehrheit.

d. Getrennte Beschlussfassung reduziert Anfechtungsrisiko

In einer Wohnungseigentümerversammlung sollten daher zwei getrennte Beschlüsse gefasst werden, nämlich über

1. die Beschlussfassung zu der Maßnahme selbst sowie

2. der Beschlussfassung über die Kostenverteilung.

Hintergrund ist, dass bei getrennten Beschlüssen das Anfechtungsrisiko geringer ist. Ist ein einzelner Wohnungseigentümer mit der beschlossenen Kostenverteilung nicht einverstanden, kann er allein den Kostenbeschluss anfechten. Die Beschlussfassung über die Maßnahme selbst ist dann nicht betroffen und kann durchgeführt werden.

Werden hingegen beide Beschlussfassungen in einem Beschluss zusammengefasst, wird die Maßnahme selbst in Frage gestellt. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Baumaßnahme nicht unter der Bedingung beschlossen wurde, dass die Kosten ebenfalls so wie beschlossen umgelegt werden. Ist dies der Fall, kann die Nichtigkeit des Kostenverteilungsbeschluss auch die geplante Maßnahme hinfällig machen.

6. Sonderumlagen müssen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen

Sonderumlagen widersprechen der ordnungsgemäßen Verwaltung dann, wenn die Eigentümergemeinschaft im Rahmen der Instandhaltungsrücklage über genügend Liquidität verfügt. Dann muss eine Reparatur vorrangig aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Instandhaltungsrücklage zweckgebunden ist und beispielsweise rückständige Wohngeldbeträge daraus nicht ausgeglichen werden können.

Der Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung ist umso stärker zu berücksichtigen, je höher der Modernisierungsanteil einer Maßnahme ist. Bei reinen Modernisierungen kann es im Hinblick auf die individuelle Zahlungsfähigkeit eines Eigentümers ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, die dafür notwendigen finanziellen Mittel zuerst anzusparen. Bei Notmaßnahmen tritt die Zahlungsfähigkeit des Eigentümers zurück.

Beschließen die Eigentümer eine Sanierungsmaßnahme, die aktuell nicht erforderlich ist, handeln sie entgegen der ordnungsgemäßen Verwaltung. Bereits dieser grundsätzliche Beschluss ist anfechtbar. In der Folge ist dann auch ein Beschluss über eine Sonderumlage automatisch ungültig (OLG München 32 Wx 125/06). Auch weitere Folgebeschlüsse, beispielsweise die Beauftragung eines Architekten oder Handwerkers, ist dann ohne weitere Prüfung für ungültig zu erklären (LG München 36 S 11929/10 WEG).

7. Sonderumlage als Ausfallrücklage

Rückständige Wohngelder eines säumigen Eigentümers können bereits dann durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden, wenn erkennbar ist, dass diese nicht beigetrieben werden können (Ausfallrücklage). Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat einen Ermessensspielraum, ob sie die Sonderumlage auf die Höhe der rückständigen Forderungen abstellt oder im Hinblick auf den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Zahlungsausfall des Wohnungseigentümers insgesamt (KG Berlin NJW-RR 2003, 1020).

8. Beschlussfassung sollte Fälligkeit beinhalten

Zweckmäßigerweise beschließen die Wohnungseigentümer auch die Fälligkeit der Sonderumlage. Ist eine Reparatur dringend erforderlich, ist zu unterstellen, dass die Sonderumlage mangels Bestimmung der Fälligkeit sofort fällig ist. Ansonsten wird die Sonderumlage mit Abruf durch den Verwalter fällig. In echten Notfällen kann die Sonderumlage wegen der besonderen Dringlichkeit einer Maßnahme ausnahmsweise auch ohne Eigentümerbeschluss durch den Verwalter beauftragt werden. Dazu kann der Verwalter von den Wohnungseigentümern einen Vorschuss anfordern (669 BGB).

9. Abweichende Zahlungsmodalitäten

Die Eigentümergemeinschaft kann aber auch Ratenzahlung beschließen, beispielsweise in mehr oder weniger gleichen Raten oder als monatliche Rate zuzüglich zum Wohngeld. Die konkrete Ausgestaltung richtet sich nach dem Finanzbedarf der Eigentümergemeinschaft, der Eilbedürftigkeit der Maßnahme und den Zahlungsbedingungen des Handwerkers.

Gleichermaßen kann beschlossen werden, dass die Sonderumlage sukzessive über mehrere Monate oder Jahre zusätzlich zur Hausgeldbetrag angespart wird.

Wird Ratenzahlung beschlossen, kann Wohnungseigentümern, die den gesamten Bedarf in einer Summe entrichten, ein Bonus gewährt werden. Der Bonus kann auch darin bestehen, dass eventuell zu zahlende Zinsen in diesem Fall den anderen Miteigentümern auferlegt werden.

10. Bei Zahlungsverzug sind Zwangsmaßnahmen unabdingbar

Zahlt ein Wohnungseigentümer seinen Anteil nicht, muss er letztlich beigetrieben werden. Auf der Grundlage eines Zahlungsurteils kann die Zwangsvollstreckung im Wege von Pfändungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen oder in Form der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch, der Zwangsverwaltung (vor allem bei vermietetem Wohneigentum) oder letztlich der Zwangsersteigung der Immobilie erfolgen. Auch die Entziehung des Wohnungseigentums ist möglich (§ 18 II 2 WEG).

11. Vorrang der Hausgeldrückstände in der Zwangsversteigerung

Wird die Immobilie zwangsversteigert, ist die Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber eingetragenen Grundpfandgläubigern vorrangig. Die Eigentümergemeinschaft rangiert mit ihrer Forderung auf Rang 2 direkt nach den Verfahrenskosten (§ 10 ZVG).

Dabei ist die Vorrangstellung allerdings auf 5 % des Verkehrswertes beschränkt und erfasst nur die Forderungen der letzten beiden Kalenderjahre vor der Beantragung des Versteigerungsverfahrens. Höhere Rückstände treten hinter den Forderungen der Grundpfandgläubiger zurück und werden nur bedient, wenn der Erlös dafür ausreicht.

12. Nichtiger Beschluss über Sonderumlage kann neugefasst werden

Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit eines Beschlusses über eine Sonderumlage oder wird dieser Beschluss gerichtlich für nichtig erklärt, sind die Wohnungseigentümer nicht gehindert, in einem Zweitbeschluss über die Sonderumlage erneut zu beschließen (BGH Urt.v.4.4.2014 – V ZR 168/13).

Danach kann auch für bereits geleistete und von einem säumigen Wohnungseigentümer noch zu zahlenden Beiträge nachträglich eine wirksame Rechtsgrundlage geschaffen werden. Da eine Sonderumlage einen Wirtschaftsplan lediglich ergänzt, kann dieser auch noch nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, sofern Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen. Wichtig ist dabei, dass die Gründe, die ursprünglich zur Nichtigkeit des Erstbeschlusses führten, berücksichtigt werden und der Erstbeschluss nicht inhaltlich unverändert übernommen wird.

13. Beispiel für einen Beschluss über eine Sonderumlage (Entwurf, unverbindlich)

  1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft X beschließt die Sanierung des Daches des Gebäudes Dresdner Straße 6 in Braunshausen. Grundlage ist der Kostenvoranschlag der Dachdeckerfirma Y vom 1.1.2014 mit einem Kostenvolumen von bis zu 50.000 €.
  2. Der Auftrag beinhaltet folgende Arbeiten im Detail: Aufstellung eines Gerüstes, Abtragen und Entsorgung des Altmaterials, Überprüfung und Austausch maroder Dachbalken, Dämmung des Daches und des Dachbodens, Neueindeckung. Wegen weiterer Details wird auf den Kostenvoranschlag verwiesen.
  3. Der Verwalter wird beauftragt, den zur Durchführung der Sanierung erforderlichen Vertrag mit dem Dachdecker im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuschließen.
  4. Zur Finanzierung der Maßnahme wird zu 50 % auf die Instandhaltungsrücklage zurückgegriffen. Der restliche Anteil von 50 % wird durch eine Sonderumlage finanziert. Die Gesamtsonderumlage wird nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer verteilt.
  5. Die Sonderumlage ist zum 1.6.2014 fällig.

Alternative:

Der notwendige Kostenbetrag soll durch eine Ansparung zusammengetragen werden. Zu diesem Zweck zahlen die Wohnungseigentümer für die Dauer eines Jahres insgesamt entsprechend ihrer Miteigentumsanteile monatlich xy € zusätzlich zum laufenden Hausgeld auf das Hausgeldkonto. Der Verwalter wird den Betrag auf ein gesondert zu führendes Instandhaltungsrücklagenkonto überweisen. Die monatliche Zuzahlung ist zusammen mit dem monatlichen Hausgeld jeweils im Voraus bis spätestens zum dritten Werktag eines Monats fällig.

6. Der Verwalter wird ermächtigt, nicht bezahlte Sonderumlagenanteile gegenüber einem säumigen Miteigentümer namens und im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend zu machen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

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Instandhaltungsrücklage – Bildung, Verwendung, Voraussetzungen und Höhe

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Immobilien behalten ihren Wert nur dann und sind nur dauerhaft bewohnbar und vermietbar, wenn sie fortlaufend instandgehalten und instandgesetzt werden. In einer Wohnungseigentumsanlage ist die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Gemeinschaftsaufgabe.

Daraus ergeben sich zwei Aspekte: Jeder Wohnungseigentümer muss daran interessiert sein, auch das Gemeinschaftseigentum zu erhalten. Zum anderen muss ausreichend Liquidität vorhanden sein, wenn in der Immobilie eine unerwartete Reparaturmaßnahme anfällt (Austausch eines defekten Heizkessels) oder saniert werden muss.


Inhalt: Was Sie zur Instandhaltungsrücklage wissen müssen

1. Instandhaltungsrücklage entspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung

2. Instandhaltungsrücklage gewährleistet Handlungsfähigkeit des Hausverwalters

3. Bildung einer Instandhaltungsrücklage

a. Grundsätze zur Bildung von Instandhaltungsrücklagen

b. Höhe der Instandhaltungsrücklage

b.a. Peters´sche Formel

b.b. Formel von Hauff

b.c. Festlegung nach § 28 II II. BV

4. Verwendung der Instandhaltungsrücklage

5. Instandhaltungsrücklagen in der Jahresabrechnung

6. Anlageformen der Instandhaltungsrücklage

a. Einrichtung eines Rücklagenkontos

b. Anlage zwecks Rendite (Bausparvertrag)

7. Instandhaltungsrücklagen sind keine umlagefähigen Mietnebenkosten


1. Instandhaltungsrücklage entspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung

Um dieHandlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu gewährleisten und insbesondere den einzelnen Wohnungseigentümer im Bedarfsfall finanziell nicht zu überfordern, bestimmt § 21 V Nr. 4 WEG, dass die Ansammlung einer angemessenen „Instandhaltungsrückstellung“ (so der gesetzliche Wortlaut) zu einer ordnungsgemäßen, im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört. Ergänzend bestimmt § 28 I NR. 3 WEG, dass die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer für eine Instandhaltungsrückstellung Bestandteil des Wirtschaftsplans ist.

Allerdings besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann es also darauf ankommen lassen, riskiert dann aber, im Notfall nicht handlungsfähig zu sein oder die Immobilie zusehends verfallen zu lassen. Um dieses Risiko zu vermeiden, kann jeder einzelne Wohnungseigentümer als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung verlangen, dass eine Instandhaltungsrücklage gebildet wird (§ 21 IV WEG). Er hat darauf sogar einen Rechtsanspruch und kann diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen.

2. Instandhaltungsrücklage gewährleistet Handlungsfähigkeit des Hausverwalters

Gerade ein Hausverwalter sollte daran interessiert sein, angemessene Rücklagen zu bilden. Treten plötzliche Schäden am Gemeinschaftseigentum auf, vermeidet er bei einer entsprechenden Ermächtigung im Verwaltervertrag, entsprechende Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeiführen zu müssen, deren Ausgang ungewiss ist. Insbesondere ist er in der Lage, in Notfällen Reparaturmaßnahmen durchführen zu lassen, ohne einen ausdrücklichen Ermächtigungsbeschluss der Eigentümer herbeiführen zu müssen. Auch kann in der Perspektive die irgendwann unabdingbare Sanierung sichergestellt werden. Letztlich sichert er damit die Grundlage für eine reibungslose Verwaltung.

Diese Ermächtigung wird dadurch begrenzt, dass der einzelne Eigentümer Anspruch darauf hat, dass der Rückstellung keine unangemessenen oder willkürlich Beträge entnommen werden (OLGZ Hamm 1971, 96).

3. Bildung einer Instandhaltungsrücklage

a. Grundsätze zur Bildung von Instandhaltungsrücklage

Gesetzliche Vorgaben zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage bestehen nicht. Ihre Höhe ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen. Maßgebend soll sein, was ein „verständiger und vorausschauender Eigentümer zur Pflege und Erhalt seines Eigentums“ ansparen würde. Bei einem Neubau ist die Instandhaltungsrücklage niedriger anzusetzen als beim Altbau. Auch das Alter der Immobilie, ihr technischer Instandhaltungsgrad und andere individuelle Faktoren sind relevant. Bei der Bemessung haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum, der von den Gerichten allenfalls im Hinblick auf Willkür oder Schikane überprüfbar ist.

Allgemein soll die Quote so bemessen werden, dass der einzelne Eigentümer nicht mehr zahlen soll, als für eine sparsame Bewirtschaftung erforderlich ist, andererseits aber so viel zahlen muss, dass eine Inanspruchnahme außerhalb der monatlichen Wohngeldpauschale vermieden wird.

b. Höhe der Instandhaltungsrücklage

Teils wird die Quote in der Gemeinschaftsordnung verbindlich festgelegt. Fehlt eine Festlegung, beschließen die Eigentümer mehrheitlich (§ 21 III WEG).

b.a. Peters´sche Formel

In der Praxis wird teils auf die sog. „Peters´sche Formel“ verwiesen (Peters, Instandhaltung und Instandsetzung von WE). Danach soll die Instandhaltungsrücklage des einzelnen Wohnungseigentümers den Herstellungskosten pro Quadratmeter x 1,5 x 0,65 : Nutzungsdauer entsprechen. Kritisiert wird, dass die Nutzungsdauer des Gebäudes auf 80 Jahre beschränkt ist, Baukostensteigerungen nicht berücksichtigt werden und die Wohnungseigentümer erheblich mehr belastet werden.

b.b. Formel von Hauff

Nach einer anderen Formel von Hauff (Das große Verwalterhandbuch. S. 362) soll sich die Instandhaltungsrücklage aus dem Marktpreis pro Quadratmeter x 0,25 : 50 ergeben.

b.c. Festlegung nach § 28 II II. BV

Einen weiteren Ansatzpunkt liefert § 28 Abs. II II. Berechnungsverordnung. Danach wären je Quadratmeter Wohnfläche jedes Jahr folgende Kosten einzusetzen:

  • Für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres weniger als sein 22 Jahre zurückliegt, höchstens 7,10 €,
  • für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres mindestens 22 Jahre zurückliegt, höchstens 9,00 €,
  • für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres mindestens 32 Jahre zurückliegt, höchstens 11,50€.

Wird die Wohnung über Fernwärme versorgt, reduzieren sich diese Sätze um 0,20 €.

Diese Sätze erhöhen sich entsprechend der Veränderung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland. Die o.b. Sätze sind Stand 2014.

4. Verwendung der Instandhaltungsrücklage

Instandhaltungsrücklagen sind zweckgebunden. Sie dürfen nur für Instandhaltungen verwendet werden. Der einzelne Wohnungseigentümer kann die Auszahlung seines Anteils nicht verlangen. Auch ein aus der Gemeinschaft ausscheidender Wohnungseigentümer kann nicht die Auszahlung seines Anteils fordern, da sie Teil des Verwaltungsvermögens geworden ist. Gleiches gilt, wenn die Wohnung zwangsversteigert wird.

Die Eigentümergemeinschaft kann weitgehend frei entscheiden, ob sie eine Instandhaltungsrücklage vollständig für die Finanzierung einer Sanierungsmaßnahme/Reparatur oder nur teilweise in Anspruch nimmt. Es besteht kein Anspruch, Instandhaltungsrücklagen für eine bestimmte Maßnahme voll auszuschöpfen. Deshalb kann die Gemeinschaft beschließen, eine Maßnahme teils über die Instandhaltungsrücklage, teils über eine Sonderumlage zu finanzieren (BayObLG NZM 2005, 747).

Erlaubt sind aber Beschlüsse, in denen ein Sachverständiger beauftragt wird, einen Sanierungs- oder Reparaturbedarf festzustellen oder ein Rechtsanwalt beauftragt wird, eine Sanierungsmaßnahme rechtsberatend zu begleiten. Die Honorare für Sachverständige und Rechtsberater dürfen auch aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden (OLG München 34 Wx 114/05). Die Honoraransprüche des Verwalters dürfen jedoch aus der Rücklage nicht befriedigt werden.

Die Beschaffungskosten für Heizöl können nach überwiegender Meinung nicht aus der bestehenden Rücklagen finanziert werden (gegenteilige Entscheidung BayObLG BREg. 2 Z 19/83). Der Ölkauf ist keine Instandsetzungsmaßnahme. Die Inanspruchnahme von Rücklagengeld widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung.

Soweit eine Rücklage bereits für beschlossene, dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen verwendet werden soll, darf die Rücklage nicht ohne weiteres für andere Reparaturarbeiten verwendet werden.

Widerspricht ein Eigentümerbeschluss einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Instandhaltungsrücklage, ist der Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung beeinträchtigt. Der Beschluss ist auf die Anfechtung hin für ungültig zu erklären.

5. Instandhaltungsrücklagen in der Jahresabrechnung

Früher war es üblich, die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Zahlungen der Sondereigentümer als Sollzahlungen in die Jahresabrechnung einzustellen. Dies wurde auch dann so gehandhabt, wenn die Zahlung von dem einzelnen Eigentümer tatsächlich überhaupt nicht geleistet wurde. Daraus ergab sich das Problem, dass der Wohnungseigentümer nicht erkennen konnte, in welchem Umfang andere Wohnungseigentümer mit ihren Zahlungen in Rückstand waren und wie es um die tatsächliche Vermögenslage der Gemeinschaft bestellt war.

Der Bundesgerichtshof hat diese Abrechnungspraxis eingestellt (Urteil v. 4.12.2009 – V ZR 44/09). Nach dem Urteil sind in die Jahresabrechnungen nur noch die tatsächlich gezahlten Beträge einzustellen. Auch die Umbuchung der Zahlungen vom Hausgeldkonto auf das Rücklagenkonto dürfen nicht mehr als Ausgaben dargestellt werden. Dabei handele es sich lediglich um einen buchungstechnischen Vorgang ohne einen tatsächlichen Geldfluss. Jeder einzelne Wohnungseigentümer soll aber in der Lage sein, die tatsächliche Vermögenslage der Gemeinschaft nachzuvollziehen.

6. Anlageformen der Instandhaltungsrücklage

a. Einrichtung eines Rücklagenkontos

Der Verwalter soll die Rücklagegelder auf einem separaten Gemeinschaftskonto (Rücklagenkonto) ansparen. Soweit die Eigentümer keinen Anlagebeschluss fassen, entscheidet der Verwalter im Rahmen ordnungsgemäßer kaufmännischer Geschäftsführung wie er die Gelder verwahrt.

Die Instandhaltungsrücklage ist gemeinschaftlich zweckgebundenes Vermögen. Wird die Wohnungseinheit verkauft oder versteigert, wird der Anteil des früheren Eigentümers nicht aufgelöst. Dessen Gläubiger kann keine anteilige Auszahlung des Guthabenanteils verlangen. Sein Anteil ist auch nicht pfändbar. In der Insolvenz des Eigentümers fällt sein Anteil nicht in die Insolvenzmasse.

Wird die Wohnung verkauft, wird regelmäßig vereinbart, dass der Guthabenanteil auf den Erwerber übergeht, ohne dass Veräußerer oder Erwerber einen Anspruch gegen die Gemeinschaft auf Auszahlung des Anteils haben.

b. Anlage zwecks Rendite

Angespartes Geld sollte Zinsen erbringen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann mehrheitlich über die Art der Anlage beschließen. Da das Geld Teil des Verwaltungsvermögens ist, verstoßen spekulative Anlagen gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung. Es sind sichere Anlageform zu wählen.

Maßgebend ist, dass die Anlageform dem kurzfristigen Finanzierungsbedarf und zum anderen dem Ziel einer möglichst günstigen Rendite gerecht wird. Soweit in absehbarer Zukunft nicht mit einem Liquiditätsbedarf zu rechnen ist, kommt auch eine längerfristige Anlageform in Betracht. Gleichermaßen widerspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, kurzfristig nicht benötigte Beträge auf einem Girokonto zinslos zu belassen.

Bei der Einzahlung in einen Bausparvertrag wird kritisiert, dass das Geld nicht sofort und frei verfügbar ist und somit die Zweckbestimmtheit der Instandhaltungsrücklage beeinträchtigt wird. Hinzukommt, dass die Deckung eines über den angesparten Betrag hinausgehenden Finanzierungsbedarf durch die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens nicht gesichert ist, weil die Darlehensaufnahme nochmals extra von der Gemeinschaft beschlossen werden müsste. Eine Darlehensaufnahme würde den einzelnen Wohnungseigentümer auch regelmäßig gesamtschuldnerisch für den gesamten Darlehensvertrag verpflichten. (OLG Düsseldorf WM 1996, 112). Außerdem wäre ein Bauspardarlehen per Grundschuld im Grundbuch abzusichern.

7. Instandhaltungsrücklagen sind keine umlagefähigen Mietnebenkosten

Instandhaltungsrücklagen dienen dazu, die Immobilie im Interesse des Eigentümers zu erhalten. Der Eigentümer ist verpflichtet, seine vermietete Immobilie im vertragsgemäßen Gebrauch bereitzuhalten. Instandhaltungsrücklagen sind deshalb keine umlagefähigen Nebenkosten und können auch nicht über § 2 Ziffer 17 als „sonstige Betriebskosten“ auf den Mieter umgelegt werden.

Allenfalls im Gewerberaummietrecht kann die Umlegung auf den Mieter individuell vereinbart werden. Die Umlegung in einem Formularmietvertrag wurde jedenfalls für unwirksam gehalten, wenn die Rücklagenbeträge ohne Begrenzung vereinbart sind (KG GE 2002, 1266).

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Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum

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Wer ist betroffen? Was ist verboten, was ist erlaubt? Wie wird beschlossen? (mit vielen Beispielen und Musterantrag)

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft lebt nach festen Regeln. Die Grundlagen, auf denen die Gemeinschaft vereinbart wurde, müssen dauerhaft Bestand haben. Bauliche Maßnahmen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, insbesondere Auswirkungen auf die optische Gestaltung der Wohnanlage, die bauliche Substanz und den Außenbereich haben, kann ein einzelner Wohnungseigentümer nicht alleine entscheiden (§ 5 II WEG). Vor allem Maßnahmen, die die Sicherheit und den Bestand des Gebäudes betreffen, sind und bleiben Gemeinschaftsaufgabe.

In der Praxis sind oft Emotionen im Spiel. Wohnungseigentümer möchten ihr wohnliches Umfeld verändern und übersehen, dass sie dabei in das Gemeinschaftseigentum eingreifen und die Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigen. Da die Interessen oft sehr gegensätzlich sind und jeder Fall anders gestaltet ist, ist es für die Gerichte schwierig, eine einheitliche Linie zu fahren. Die Kasuistik ist entsprechend vielgestaltig.

Will ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung vornehmen, ist er gut beraten, vorab die rechtlichen Voraussetzungen im Detail zu überprüfen. Nur so vermeidet er damit eine kostenträchtige und gerichtliche Auseinandersetzung und den Rückbau der Baumaßnahme.


Inhalt: Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum

1. Was sind bauliche Veränderungen?

2. Was ist nicht erlaubt? Beispiele für nicht erlaubte bauliche Veränderungen

3. Was ist erlaubt? Beispiele für erlaubte bauliche Veränderungen

4. Wann besteht Zustimmungspflicht?

a. Nur die „betroffenen“ Eigentümer müssen zustimmen

b. Betroffenheit erfordert unzumutbare Nachteile

c. Situationen, in denen keine Zustimmungspflicht besteht

d. Situationen, in denen eine Zustimmungspflicht besteht

e. Zustimmung präventiv vorbereiten

5. Wie kann ein Wohnungseigentümer Kritik abwehren?

6. Wie wird beschlossen?

a. Mehrheitsbeschluss grundsätzlich möglich

b. Anfechtungsklage verhindert Bestandskraft des Mehrheitsbeschlusses!

7. Sonderregelungen in Teilungserklärungen

8. Verfahren bei Beantragung zur Beschlussfassung

9. Antragsgestaltung

10. Muster/Beispiel für einen Antrag auf Genehmigung einer baulichen Veränderung


1. Was sind bauliche Veränderungen

Nicht jede bauliche Maßnahme ist eine bauliche Veränderung. Bauliche Veränderungen sind Maßnahmen,

Der rechtliche Ansatz für die Differenzierung zwischen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie baulichen Veränderungen liegt darin, dass jeweils unterschiedliche Beschlussmodalitäten maßgebend sind. Gerade für bauliche Veränderungen bestehen recht eigenständige Regelungen.

2. Was ist nicht erlaubt? Beispiele für nicht erlaubte bauliche Veränderungen

  1. Ein Wohnungseigentümer möchte seinen Balkon verglasen. Damit verändert er den optischen Eindruck der Wohnanlage, insbesondere dann, wenn die Balkone der Nachbarn nicht verglast sind (BayObLG ZMR 2001, 125). Gleiches gilt für den Anbau eines Balkons und eines Wintergartens, da dadurch der Lichteinfall der darunter liegenden Wohnung verändert werden kann.
  2. In einem Fall des BGH (Urteil v. 7.2.2014 – V ZR 25/13) wurde der Sondereigentümer zweier benachbarter Reihenhäuser verurteilt, eine Terrassenüberdachung wieder abzubauen. Es handelte sich dabei um eine eigenmächtige bauliche Veränderung, die die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erschwerte. Später anfallende Instandsetzungsarbeiten an der Fassade hätten zu einem erhöhten Kostenaufwand geführt. Die Aufstellung eines Gerüsts wäre erschwert worden. Die dadurch entstehenden Mehrkosten stellten für andere Wohnungseigentümer einen Nachteil dar.
  3. Im Einzelfall kann die Beurteilung schwierig werden. So kann die Ersetzung einer gemauerten Balkonbrüstung durch ein Balkongeländer im Rahmen der Fassadensanierung eine Instandhaltungsmaßnahme sein, wenn dadurch Schäden an den Stahlträgern der Betonplatten verhindert werden können. Gleiches gilt für die Installation eines Leichtmetallgeländers anstelle der massiven Balkonbrüstung. Dann genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss. Auch hat der Eigentümer einen Rechtsanspruch auf die Maßnahme.
  4. Andererseits wurde die bloße Anbringung einer Regenrinne an der Balkonbrüstung als bauliche Veränderung bewertet. Ebenso wurde die Erhöhung einer bereits bestehenden und bis zur Balkonbrüstung reichenden Trennwand zum Nachbarbalkon bis zur Decke des darüber liegenden Balkons wegen der damit verbundenen Veränderung der äußeren Gestaltung der Wohnanlage als erhebliche Beeinträchtigung und bauliche Maßnahme bewertet.
  5. Nicht erlaubt sind Maßnahmen, die keinen Modernisierungs- oder Instandhaltungseffekt haben. Dabei handelt es sich oft um Luxusmaßnahmen (Beispiel: Einbau eines zweiten Fahrstuhls, Ersetzung der Holztreppe durch eine Steintreppe). Solche Maßnahmen führen zwar zu einer optischen Aufwertung der Wohnanlage, beinhalten aber regelmäßig keine Erhöhung des Gebrauchswertes.
  6. Verboten sind Maßnahmen, die die Eigenart der Wohnanlage verändern (Wohnungseigentümer im Erdgeschoss möchte zur Straßenseite einen Kiosk einrichten; Umbau eines Ladens in eine Gaststätte) oder einzelne Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigen (der Wohnungseigentümer im Dachgeschoss möchte die Dachneigung erhöhen und seinen Wohnraum vergrößern). Maßnahmen dieser Art können zwar als Modernisierungsmaßnahmen gelten, verstoßen aber gegen die Ausschlussmerkmale des § 22 II WEG, nämlich: Veränderung der Eigenart der Wohnanlage oder unbillige Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer.
  7. In einem Fall des Amtsgerichts Oberhausen (MietRB 2014, 82) wurde der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft für nichtig erklärt, die die Aufstellung von Findlingen beschlossen hatte, um zu verhindern, dass eine Rasenfläche unbefugt als Parkplatz benutzt wurde. Ein Eigentümer klagte dagegen. Seinem Einwand, es handele sich dabei um eine bauliche Maßnahme, wurde stattgegeben. Da die Steine über ein beträchtliches Gewicht verfügten, konnte die Rasenfläche überhaupt nicht mehr genutzt werden und gefährdeten parkende Pkws. Gleiches wurde für Absperrbügel angenommen (LG Hamburg ZMR 2001, 395).
  8. Wird ein Gebäude im Rahmen einer Dachsanierung aufgestockt, liegt keine modernisierende Instandsetzung, sondern eine bauliche Veränderung vor. Da es durch die neuen Bewohner typischerweise zur verstärkten Nutzung kommt, werden die übrigen Bewohner beeinträchtigt (BayObLG ZMR 2001, 560).
  9. Wird eine Außenbeleuchtung installiert, können die Lichtemissionen andere Wohnungseigentümer über das Maß des § 14 WEG hinaus beeinträchtigen (OLG Karlsruhe ZMR 1997, 609).
  10. Wird ein Außenkamin aufgemauert, liegt infolge der optischen Auswirkungen regelmäßig eine bauliche nicht zumutbare Veränderung vor (OLG Köln NZM 2000, 764).
  11. Außensteckdosen und Außenwasseranschlüsse sind nicht akzeptable bauliche Veränderungen (BayObLG WE 1998, 151).
  12. Werden Bäume gefällt, die den Gesamteindruck der Anlage prägen, liegt eine beeinträchtigende bauliche Veränderung vor (OLG Köln ZMR 1999, 661). Gleiches gilt für das verstümmelnde Zurückschneiden einer Hecke (OLG Karlsruhe DWE 1994, 20). Anders ist es, wenn einzelne Bäume aus einer Gruppenanpflanzung gefällt werden, da das Erscheinungsbild der Anlage nicht umgestaltet wird (im Fall 3 von 60 Bäumen: OLG Düsseldorf DWE 1989, 80).
  13. Der Anbau eines Balkons ist immer eine nicht akzeptable bauliche Veränderung, da der Gesamteindruck des Gebäudes beeinträchtigt wird (OLG Düsseldorf ZMR 1997, 436).
  14. Werden Bewegungsmelder angebracht, liegt eine bauliche Veränderung vor, da deren beeinträchtigende Wirkung in ihrer eigenen Auffälligkeit und der veränderten Beleuchtungssituation begründet liegt (AG Tempelhof Kreuzberg ZMR 2010, 651).
  15. Wird die Briefkastenanlage verlegt, so dass einige Wohnungseigentümer längere Wege innerhalb der Anlage zurücklegen müssen, liegt eine nachteilige bauliche Veränderung vor (OLG München ZMR 2006, 69).
  16. Der Bau eines Carports ist eine bauliche Veränderung, die den Gesamteindruck optisch beeinträchtigt (OLG Hamburg ZMR 2005, 305).
  17. Werden Dachflächenfenstern eingebaut, erhöht sich infolge des Eingriffs in die Dachhaut die Wartungs- und Reparaturanfälligkeit des Daches (OLG Düsseldorf ZMR 2001, 375).
  18. Der Einbau größerer und anders aufgeteilter Fenster beeinträchtigt regelmäßig den optischen Gesamteindruck (OLG Köln DWE 1997,33). In Ausnahmefällen können sie wegen zahlreicher früherer Veränderungen ausnahmsweise unerheblich sein (für eine Reihenhaussiedlung: OLG Düsseldorf ZMR 1996, 398).
  19. Die Aufstellung eines Gartenhauses ist eine bauliche Veränderung (OLG Zweibrücken ZMR 2000, 257). Anders ist es, wenn sich das Gartenhaus in den optischen Gesamteindruck einfügt (BayObLG ZMR 2000, 117) oder weitgehend unsichtbar bleibt (BayObLG ZMR 1999, 120).
  20. Die Anbringung eines Katzennetzes am Balkon beeinträchtigt den optischen Gesamteindruck, da das einheitliche und harmonische Bild der Fassade deutlich erkennbar und störend unterbrochen wird (OLG Zweibrücken ZMR 1998, 465).
  21. Die Montage einer Markise ist eine bauliche Veränderung. Im Einzelfall kann die Beeinträchtigung unerheblich sein (BayObLG ZMR 1995, 421).
  22. Ein Mauerdurchbruch zwischen zwei Sonder- oder Teileigentumseinheiten innerhalb einer Einheit sind keine bauliche Veränderung, wenn eine nicht tragende, im Sondereigentum stehende Wand betroffen ist (BGH ZMR 2001, 291). Steht die Wand im Gemeinschaftseigentum genügt der Widerspruch zur Teilungserklärung noch nicht. Es kommt darauf an, ob damit Nachteile für die Statik des Gebäudes (BGH ZMR 2001, 291) oder seine Brandsicherheit verbunden sind (BayObLG ZMR 2002, 538) oder eine intensivere Nutzung droht (BGH ZMR 2001, 291).
  23. Die Anbringung von Werbung ist eine bauliche Veränderung. Sie muss aber als ortsüblich und angemessen geduldet werden, wenn sie in zulässiger Weise zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken genutzt wird (BayObLG ZMR 2001, 126). Beanstandungsfähig ist jedoch eine zu groß geratene, wenig geschmackvolle und störende Werbung (OLG Köln ZMR 2002, 381).

Weitere zahlreiche Beispiele finden sich bei Harz ua./Abramenko: Miet- und WE-Recht, 3. Aufl. S. 1530-1541).

3. Was ist erlaubt? Beispiele für erlaubte bauliche Veränderungen

Bauliche Veränderungen sind erlaubt, wenn sie ordnungsgemäß beschlossen wurden.

Muss eine Maßnahme wegen einer behördlichen Auflage oder einer gesetzlichen Bestimmung durchgeführt werden muss, liegt keine bauliche Veränderung vor. Die Maßnahme ist dann eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung.

Beispiele: Der Energieeinsparverordnung verlangt den Austausch des alten Heizkessel durch einen modernen Heizkessel. Die Brandschutzverordnung verlangt, dass eine Tür als Fluchtweg vergrößert werden oder eine Holztür durch eine Brandschutztür ersetzt werden muss.

Als Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme kann diese Arbeiten mit einfacher Mehrheit beschlossen und von jedem einzelnen Wohnungseigentümer verlangt werden. Öffentlich-rechtliche Vorschriften bestimmen den Mindeststandard, der Risiken für die anderen Bewohner ausschließt (OLG Köln ZMR 2005, 405).

Auch die nachträgliche Montage eines Blitzableiters (OLG Düsseldorf FGPrax 2000, 187: Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung) oder der Austausch von Blumenkästen durch wenige Zentimeter breitere (OLG Hamburg ZMR 2003, 442: keine Veränderung des Gesamteindrucks) sind erlaubt.

4. Wann besteht Zustimmungspflicht?

a. Nur die betroffenen Eigentümer müssen zustimmen

Da bauliche Veränderungen in das Gemeinschaftseigentum eingreifen, unterliegen sie dem Zustimmungserfordernis aller betroffenen Eigentümer (§ 22 I WEG). Das Gesetz schränkt das Zustimmungserfordernis ein, indem es auf die „betroffenen“ Eigentümer abstellt. Ob ein, mehrere oder alle Miteigentümer betroffen sind, ist im Einzelfall zu beurteilen. Insoweit ist die oft zitierte Behauptung, bauliche Veränderungen müssen immer einstimmig beschlossen werden, nicht korrekt.

Betroffen“ sind nur die Eigentümer, deren Rechte durch die bauliche Maßnahme über das in § 14 I WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in dieser Weise beeinträchtigt werden (§ 22 I 2 WEG).

b. Betroffenheit erfordert unzumutbare Nachteile

Nach § 14 I WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von seinem Sondereigentum und dem gemeinschaftlichen Eigentum nur derart Gebrauch zu machen, dass dadurch andere Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus nicht beeinträchtigt werden.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass andere Wohnungseigentümer nur solche baulichen Veränderungen akzeptieren müssen, deren Beeinträchtigungen und Auswirkungen beim Zusammenleben in einem Mehrfamilienhaus „notwendig und üblich“ sind. Gehen die Maßnahmen darüber hinaus, müssen die betroffenen Eigentümer der Maßnahme zustimmen.

Nachteile im Sinne des § 14 I WEG sind nur solche Veränderungen, die sich aus der baulichen Veränderung ergeben. Die mit den Bauarbeiten einhergehenden Beeinträchtigungen (Baugerüst, Baulärm, Schmutz) sind zu dulden (OLG München ZMR 2007, 1001). Auch der Mieter ist zur Duldung verpflichtet (OLG Hamburg ZMR 2004, 367), kann aber unter Umständen die Miete mindern.

c. Situationen, in denen keine Zustimmungspflicht besteht

Eine Zustimmungspflicht besteht daher nicht, wenn

  • das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage optisch beeinträchtigt wird (Aufstellen von Findlingen gegen unberechtigte Parkplatzbenutzung (AG Oberhausen MietRB 2014, 82), Ersatz der vorhandenen Holzfenster durch Alufenster,
  • die bauliche Veränderung zu einer Lärmbelästigung führt (Austausch des Bodenbelags, Fliesen statt Teppich/Trittschallschutz muss gewährleistet bleiben; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 589: Einbau einer Klima- oder Lüftungsanlage),
  • wenn die bauliche Veränderung Schmutz, oder Emissionen (Gerüche, Lärm) hervorruft (Anlegung eines Müllplatzes oder Parkplatzes vor dem Haus),
  • wenn die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet wird (Entfernung einer tragenden Wand, Deckendurchbruch für den Bau einer Maisonettewohnung),
  • wenn der Brandschutz beeinträchtigt wird,
  • wenn spätere Kosten, Instandhaltungsaufwendungen oder Folgekosten zu befürchten sind (Einbau einer Terrassenüberdachung: BGH Urteil v. 7.2.2014 – V ZR 25/13),
  • Auswirkungen auf die Verträglichkeit und Funktionalität technischer Anlagen (Einbau einer Fußbodenheizung statt Heizkörper: Beheizungsart muss technisch kompatibel und ordnungsgemäße Verbrauchserfassung muss gewährleistet sein).

d. Situationen, in denen eine Zustimmungspflicht besteht

  • Behinderte und ältere Menschen haben das Recht auf einen barrierefreien Zugang zur Wohnanlage, zu ihrer Wohnung und zu allen gemeinschaftlichen Einrichtungen. Deshalb müssen Maßnahmen genehmigt werden, die ihren Bedürfnissen entgegenkommen. Ein zweiter Handlauf am Treppenaufgang, eine Rollstuhlrampe, ein Treppenlift oder verbreitete Türen sind genehmigungspflichtig.
  • Eine Duldungspflicht besteht ferner beim Anschluss einer Wohnung an gemeinschaftliche Versorgungsleitungen. § 21 V Nr. 6 WEG erlaubt deshalb Maßnahmen zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, eine Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses.
  • Wohnungseigentümer mit ausländischer Staatsangehörigkeit haben Anspruch auf Installation einer Parabolantenne zum Empfang anders nicht empfangbarer muttersprachlicher Fernseh- und Rundfunkprogramme (Rechtsgrundlage: Art. 5 Grundgesetz/Grundrecht auf Informationsfreiheit).
  • Auch Sicherheitsbedürfnisse oder geschäftliche Interessen begründen eine Duldungspflicht. Gegen drohende Einbrüche helfen Fenstergitter, Rollläden, einbruchsichere Wohnungseingangstüren oder einbruchsichere Fenster.
  • Gewerbetreibende haben Anspruch auf Duldung orts- und branchenüblicher Werbemaßnahmen (Kühlanlage für einen Supermarkt, Hinweisschild auf Arztpraxis).

e. Zustimmung präventiv vorbereiten

Ist die Statik oder die Brandsicherheit beeinträchtigt, bedarf es meist der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Behörde. Geht es um den Lärmschutz oder die Verträglichkeit, genügt oft die Bescheinigung eines Fachhandwerkers.

Um dem Einwand zu begegnen, der Wohnungseigentümer lege das Gefälligkeitsgutachten eines Unternehmens vor oder man bezweifle die sachgerechte Ausführung der Arbeiten, kann es empfehlenswert sein, dem Hausverwalter oder der Wohnungseigentümergemeinschaft die Auswahl des ausführenden Unternehmens zu überlassen.

5. Wie kann ein Wohnungseigentümer Kritik abwehren?

Ein Wohnungseigentümer kann Kritik abwehren,

  • wenn der Kritiker nur bloße Befürchtungen oder subjektive Empfindungen vorträgt, aber keine konkreten Nachteile darlegen kann (OLG Karlsruhe ZMR 1085, 209),
  • wenn der Kritiker vorträgt, im Fall der Insolvenz des Bauherrn an dessen Kosten beteiligt zu werden. Dabei handelt es sich um einen hypothetischen Geschehensverlauf, der unerheblich bleibt (OLG Celle ZMR 2001, 836),
  • wenn sich die bauliche Veränderung nur auf ein Gebäude einer Mehrhausanlage beschränkt (OLG Stuttgart WEM 1980, 77),
  • wenn die Gefahr unsachgemäßer Bauausführung unterstellt wird. Diese muss im Einzelfall nachgewiesen werden (OLG Karlsruhe zMR 1985, 209),
  • wenn die Verlegung von Versorgungsleitungen den Durchfluss von Energie erhöht (LG Itzehoe ZMR 2010, 640).

6. Wie wird beschlossen?

a. Mehrheitsbeschluss grundsätzlich möglich

Das Entscheidungsverfahren, unter dem bauliche Veränderungen beschlossen werden, regelt § 22 I WEG. Die Vorschrift ist vom Wortlaut her nicht unbedingt verständlich. Danach können bauliche Veränderungen beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Eigentümer zustimmt, dessen Rechte beeinträchtigt werden. Die Formulierung im Gesetz „bauliche Veränderungen können beschlossen werden“ begründet eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Entscheidungen zu baulichen Veränderungen können danach auch mit einfacher Mehrheit gefällt werden! Daraus ergibt sich einen Widerspruch dazu, dass das Gesetz für bauliche Veränderung eigentlich die Zustimmung aller betroffenen Eigentümer verlangt.

Faktisch bedeutet dies, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft eine bauliche Veränderung mehrheitlich beschließen kann. Wird der Beschluss von einem anderen Wohnungseigentümer nicht innerhalb eines Monats angefochten und durch das Amtsgericht aufgehoben, wird er bestandskräftig.

b. Anfechtungsklage verhindert Bestandskraft des Mehrheitsbeschlusses!

Erhebt ein Wohnungseigentümer jedoch die Anfechtungsklage, muss das Gericht den Beschluss aufheben (OLG Hamm ZMR 2005, 567; OLG Köln NZM 2002, 293). Dem Richter bleibt keine andere Möglichkeit, da die Zustimmung aller betroffenen Eigentümer fehlt. Dann verstößt der Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.

Aber: Ist ein Wohnungseigentümer mit einer Entscheidung über eine bauliche Veränderung nicht einverstanden, bedeutet dies noch längst nicht, dass er den Mehrheitsbeschluss tatsächlich gerichtlich anficht. Möglicherweise lässt er es bei seiner Kritik bewenden und verzichtet darauf, gegen die Eigentümergemeinschaft juristisch vorzugehen. Dann kann die mit einer einfachen Stimmenmehrheit beschlossene bauliche Veränderung realisiert werden, auch wenn ein einzelner Wohnungseigentümer nicht einverstanden ist.

Will er die Umsetzung tatsächlich verhindern, muss er den Beschluss gerichtlich anfechten. Das Gesetz gesteht ihm ein „Vetorecht“ zu. Die Absicht des Gesetzgebers besteht darin, die Toleranzschwelle einzelner Wohnungseigentümer auf dieser Weise auszuweiten. Im Idealfall stimmen natürlich alle Wohnungseigentümer zu.

Will ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung durchführen, ist er gut beraten, mindestens die Zustimmung seiner Nachbarn einzuholen. Versucht er hingegen, im Rahmen eines Mehrheitsbeschluss vorzugehen, provoziert er unter Umständen den Widerstand anderer Wohnungseigentümer und gefährdet das nachbarschaftliche Zusammenleben. Besser ist es, echte Überzeugungsarbeit zu leisten und eine gerichtliche Auseinandersetzung möglichst zu vermeiden.

7. Sonderregelungen in Teilungserklärungen

Vor einer Beschlussfassung in der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte die Teilungserklärung studiert werden. Daraus kann sich eine abweichende Bestimmung im Hinblick auf bauliche Veränderungen ergeben. So kann bestimmt sein, dass bauliche Veränderungen mit einer ¾ oder 2/3 Mehrheit beschlossen werden können. Dann kommt es auf die Zustimmung eines einzelnen Wohnungseigentümers nicht an.

Auch kann die Entscheidungsbefugnis dem Verwalter übertragen sein (KG ZMR 1998, 657). Da damit die einzelnen Wohnungseigentümer nicht „entmündigt“ werden dürfen, können sie die Entscheidungsbefugnis trotzdem an sich ziehen und die Zustimmung verweigern oder umgekehrt auch gestatten.

Unter Umständen beinhaltet die Teilungserklärung auch konkret ein Umbaurecht des einzelnen Eigentümers. So kann der Eigentümer im Obergeschoss das Recht haben, den noch nicht ausgebauten Dachboden auszubauen und als Wohnraum zu nutzen. Dann kommt es auf die Zustimmung der anderen Eigentümer nicht an. Auch erübrigt sich eine Beschlussfassung. Dabei sind allerdings einschränkende Bedingungen zu beachten. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass die Dachneigung nicht verändert werden darf oder der Einbau einer Dachgaube nicht erlaubt ist.

8. Verfahren bei Beantragung zur Beschlussfassung

Will ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung vornehmen, muss er einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeiführen. Sein Antrag muss hinreichend Details enthalten, damit die anderen Wohnungseigentümer eine Beurteilung vornehmen können.

Der bloße Antrag “ich bitte um Erlaubnis, eine Terrassenüberdachung anbringen zu dürfen“, genügt dafür nicht. Diese Antwort lässt nicht erkennen, in welcher baulichen Ausführung die Überdachung erfolgen soll und welche Auswirkungen sie auf die Nachbarn hat.

9. Antragsgestaltung

Ein Antrag sollte also folgende Informationen enthalten:

  • Beschreibung der Maßnahme (ggf. Beifügung einer Planzeichnung des Architekten)
  • Informationen zur technischen und optischen Ausführung (Beifügung des Angebots des beauftragten Handwerkers)
  • Information zum verwendeten Material
  • Einschätzung der Konsequenzen für das Gemeinschaftseigentum, ggf. in Verbindung mit Vorschlägen, wie eventuelle Nachteile ausgeglichen werden können
  • Erklärung zur Übernahme von Kosten, Folgekosten und Verkehrssicherungspflichten

10. Muster/Beispiel für einen Antrag auf Genehmigung einer baulichen Veränderung

… „Ich beantrage, der Terrassenüberdachung meines Balkons meiner Wohnung Nr. 3 im 3. OG zuzustimmen. Die Maßnahme ist vorteilhaft, um witterungsbedingten Beeinträchtigungen durch Regen und Nässe in meiner Wohnung vorzubeugen. Dadurch profitieren auch die darunter liegenden Wohnungen.

Die Details der Durchführung ergeben sich aus dem beigefügten Angebot der Firma Max Grün vom 1.4.2014. Die Ausführungen der Fachfirma und die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Bauaufsichtsbehörde dokumentieren, dass das Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtigt wird. Selbstverständlich übernehme ich sämtliche Kosten, die Instandhaltung und Instandsetzung und eventuelle Folgekosten der Maßnahme und hafte für den ordnungsgemäßen und fachgerechten Einbau. Andere Wohnungen sind durch die Terrassenüberdachung nicht betroffen.“ ….

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Mehrheiten in der Eigentümerversammlung: einfache und (doppelt) qualifizierte Mehrheit

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So klären Sie, welche Anträge mit welcher Mehrheit zu beschließen sind und bereiten Eigentümerversammlungen vor.

Auch Wohnungseigentümergemeinschaften sind demokratisch organisiert. Ihre Grundlage ist ein Vertrag (Teilungserklärung, Teilungsvertrag) der zwischen allen Wohnungs- und Teileigentümern geschlossen wurde und dem alle neuen Eigentümer beim Erwerb des Sondereigentums beitreten. Deshalb müssen grundsätzlich sämtliche Eigentümer an allen Entscheidungen der Wohnungseigentümergemeinschaft mitwirken und beteiligt werden.

In bestimmten Fällen kommen Beschlüsse nur zu Stande, wenn alle Eigentümer zustimmen. Da dieses Einstimmigkeitsprinzip die Handlungsfähigkeit einer Gemeinschaft oft blockiert, können in bestimmten Fällen Beschlüsse auch mit bestimmten Mehrheiten gefasst werden.


Inhalt: Mehrheiten in der Eigentümerversammlung

1. Beschlussfassung erfordert Beschlusskompetenz der Gemeinschaft

2. Der Stimmrechtsanteil ist Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses

3. Art der Mehrheiten in der Eigentümerversammlung

4. Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit

4.1. Anträge, für die einfache Mehrheitsbeschlüsse genügen

4.2. Beispiel für die Berechnung der einfachen Mehrheit in einer Eigentümerversammlung

5. Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit

5.1. Qualifizierte Mehrheit ist nur ein Oberbegriff

a. Eigentümergemeinschaft bestimmt qualifizierte Mehrheit (Öffnungsklausel)

b. Qualifizierte Mehrheit nach dem WEG

5.2. Anträge, die eine doppelt qualifizierte Mehrheit erfordern

5.3. Beispiel für die Berechnung der doppelt qualifizierten Mehrheit

6. Verwalter muss Eigentümerversammlung vorbereiten


1. Beschlussfassung erfordert Beschlusskompetenz der Gemeinschaft

Die Möglichkeit, Entscheidungen durch Mehrheitsbeschlüsse zu treffen, wird als Beschlusskompetenz bezeichnet. Eine Beschlusskompetenz besteht nur dort, wo die Teilungserklärung oder das Wohnungseigentumsgesetz Mehrheitsentscheidungen durch Beschluss erlauben.

Beschlüsse, die ohne Beschlusskompetenz gefasst werden, sind nichtig und von vornherein wirkungslos. Beispiel: Die Gemeinschaft kann nicht beschließen, dass ein Wohnungseigentümer seine Wohnung nur mit zwei Personen bewohnen darf. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in das Sondereigentumsrecht. Gleiches gilt für einen Beschluss, der einen Eigentümer verpflichtet, eine in seinem Sondereigentum stehende Wohnungseingangstüre modernisierend instandzusetzen (OLG  Düsseldorf ZMR 2002, 445).

2. Der Stimmrechtsanteil ist Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses

Die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung bestimmt sich nicht nach der Anzahl der vertretenen Wohnungseigentümer, sondern nach der Größe der in der Versammlung vertretenen Miteigentumsanteile.

Mehrheitsbeschlüsse richten sich danach, welches Stimmrecht der einzelne Wohnungseigentümer besitzt. Das Stimmrecht ist in der Teilungserklärung geregelt  oder richtet sich mangels näherer Bestimmung nachdem Wohnungseigentumsgesetz. Es sind zu unterscheiden:

  • Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen
  • Stimmrecht nach Objekten
  • Kopfstimmrecht

3. Art der Mehrheiten in der Eigentümerversammlung

Welche Art von Mehrheit für die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung maßgebend ist, hängt unter anderem von der Art der Maßnahme ab. Verschiedene Maßnahmen (Instandhaltung, Modernisierung, bauliche Veränderung) erfordern unterschiedliche Mehrheiten. Deshalb muss der Verwalter bereits bei der Vorbereitung des Beschlusses und vor der Einberufung der Eigentümerversammlung wissen, wie die Maßnahme einzuordnen ist, welche Mehrheit erforderlich ist und wie die Stimmabgabe zu bewerten ist (siehe dazu Punkt 6).

Mehrheitsbeschlüsse sind für jeden Wohnungseigentümer verbindlich. Will ein Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluss nicht akzeptieren, steht ihm ein Anfechtungsrecht zu.  Im Anfechtungsprozess prüft das Gericht das ordnungsgemäße Zustandekommen eines Beschlusses und dessen Auswirkungen auf den einzelnen Eigentümer.

Die Beschlussfassung an sich setzt voraus, dass in der Erstversammlung mehr als die Hälfte der im Grundbuch verzeichneten Miteigentumsanteile vertreten sind (§ 25 III WEG). Wird das Quorum nicht erreicht, bedarf es einer Zweitversammlung. Diese ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der verbliebenen Anteile beschlussfähig.

Neben dem Mehrheitsbeschluss gibt es die Begriffe des einstimmigen und allstimmigen Beschlusses (Zustimmung aller Wohnungseigentümer), die schriftliche Beschlussfassung (Umlaufbeschluss)  und den Wiederholungsbeschluss (Zweitbeschluss).

4. Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit

Regelmäßig entscheiden die Eigentümer durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss genügt immer dann, wenn das Wohnungseigentumsgesetz oder die Gemeinschaftsordnung keine besonderen Anforderungen an die Beschlussfassung stellt. Im Gesetz heißt es dann meist „…  können beschlossen werden.“ (§ 21 III WEG).

4.1. Anträge, für die einfache Mehrheitsbeschlüsse genügen

Einfache Mehrheitsbeschlüsse betreffen meist Angelegenheiten der laufenden Verwaltung:

  1. Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Gemeinschaftseigentums (Beschlussfassung über eine Hausordnung, Abschluss von Sach- und Haftpflichtversicherungen)
  2. Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums (§ 21 III WEG)
  3. Einleitung des Verfahrens zur Entziehung des Wohnungseigentums (§ 18 III WEG)
  4. Bestellung des Verwaltungsbeirats (§ 29 WEG)
  5. Bildung, Höhe und Anlage einer Instandhaltungsrücklage (§ 21 V Nr. 4 WEG)
  6. Bestellung und Abberufung des Verwalters (§ 26 I WEG)
  7. Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan, Genehmigung der Jahresabrechnung und Rechnungslegung des Verwalters (§ 28 V WEG)
  8. Aufforderung an den Verwalter zur Rechnungslegung (§ 28 IV WEG)

Zusätzlich können die Wohnungseigentümer durch eine entsprechende Vereinbarung bestimmen, in welchen weiteren Angelegenheiten ihre Beschlusskompetenz bestehen soll (§ 10 II 2 WEG).

Bei der einfachen Mehrheit werden nur die in der Eigentümerversammlung anwesenden und wirksam vertretenen Stimmen berücksichtigt. Die Vertretungsberechtigung richtet sich nach gesonderten Regeln. Zwangsverwalter, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker üben als Partei kraft Amtes das Stimmrecht für das zum Nachlass gehörende Wohnungseigentum aus. Der Inhaber eines bloßen Wohnrechts, der Grundschuldgläubiger oder Mieter sind nicht stimmberechtigt.

Ungültige oder nicht abgegebene Stimmen (Enthaltungen) werden nicht berücksichtigt. Stimmenthaltungen werden also nicht wie Nein-Stimmen gezählt, sondern sind als Null-Stimmen zu verstehen (BGHZ 106, 183).

Stimmen mehr als 50 % der anwesenden und vertretenen  Eigentümer bzw. Stimmrechte (siehe dazu oben Punkt 2) für einen Antrag, ist die einfache Mehrheit erreicht und der Antrag angenommen. Erreicht der Antrag nur 50 %  der Stimmen, liegt eine Pattsituation vor.  Der Antrag gilt mangels Mehrheit als abgelehnt.

4.2. Beispiel für die Berechnung der einfachen Mehrheit in einer Eigentümerversammlung

Anwesende und vertretene Eigentümer bzw. Stimmrechte: 100

Enthaltungen: 6

Stimmrechte ohne Enthaltungen: 94

50 % von 94 = 47

Einfache Mehrheit erfordert 48 Stimmen

Ergibt die Abstimmung 47 Ja-Stimmen,  ist die einfache Mehrheit nicht erreicht. Der Antrag gilt als abgelehnt.

Der Mehrheitsbeschluss kommt zu Stande, wenn für einen Antrag mehr Ja- als Nein-Stimmen abgegeben werden (BGHZ 106, 183).  Dabei kommt es nur auf die abgegebenen Stimmen an.  Stimmenthaltungen bleiben außer Betracht.

Eine in der Eigentümerversammlung abgegebene Stimme kann nach ihrem Zugang beim Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden. Ein anderer Wohnungseigentümer könnte sich also darauf berufen, dass sein Nachbar mit Ja oder Nein gestimmt hat (BGH V ZR 254/11). Inwieweit dies praktikabel ist, sei dahingestellt.

5. Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit

5.1. Qualifizierte Mehrheit ist nur ein Oberbegriff

In bestimmten Situationen genügt die einfache Mehrheit nicht. Es wird eine qualifizierte Mehrheit gefordert. Qualifiziert ist als Oberbegriff zu verstehen, der im Einzelfall zu konkretisieren ist. Die Konkretisierung kann durch die Gemeinschaft beschlossen werden oder sich aus dem Gesetz ergeben.

a. Eigentümergemeinschaft bestimmt qualifizierte Mehrheit (Öffnungsklausel)

Gemeinschaftsordnungen enthalten oft „Öffnungsklauseln“. Sie beinhalten, dass die Gemeinschaft eine nach dem Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung eigentlich vereinbarungsbedürftige Angelegenheit (Einstimmigkeit) durch (einen im Einzelfall festgelegten) qualifizierten Mehrheitsbeschluss entscheiden kann.

Die Öffnungsklausel erleichtert die Neuregelung von Sachverhalten, die ansonsten nur durch Vereinbarung verändert werden können. Voraussetzung ist, dass die Klausel hinreichend bestimmt ist,  ein sachlicher Grund für die Änderung vorliegt und kein Wohnungseigentümer gegenüber der gesetzlichen Regelung unbillig benachteiligt wird (BGH VII ZB 21/84).  Ob eine solche Vereinbarung angemessen ist, kann gerichtlich überprüft werden.

So kann die Gemeinschaft in der Gemeinschaftsordnung beschließen, dass bei bestimmten Beschlüssen eine einfache Mehrheit nicht genügen soll und eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. So kann beispielsweise beschlossen werden, dass in Bezug auf einen bestimmten Beschlussgegenstand die Hälfte aller Eigentümer zustimmen muss oder eine 2/3, ¾ oder 4/5-Mehrheit gefordert wird.

Auch kann bestimmt sein, dass die Stimmenzahl sich nach den Stimmen der in der Eigentümerversammlung anwesenden Eigentümer richtet oder die Zahl sämtlicher Eigentümer (auch derjenigen, die in der Versammlung nicht anwesend oder vertreten sind)  maßgebend ist.

b. Qualifizierte Mehrheit nach dem WEG

Das Wohnungseigentumsrecht kennt speziell die „doppelt qualifizierte Mehrheit“. Der Begriff ist nicht mit der absoluten Mehrheit (die das WEG nicht kennt) zu verwechseln.

Eine doppelt qualifizierte Mehrheit erfordert:

  • 3/4 aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 II WEG
  • und  mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile.

Beide Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Deshalb heißt es doppelt qualifiziert. Es genügt nicht, wenn lediglich 3/4 aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer oder mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile zustimmen.

Dabei ist zu beachten, dass ¾ sämtlicher im Grundbuch eingetragener und stimmberechtigter Wohnungseigentümer zustimmen müssen.  Die Beschlussfassung der in der Versammlung erschienenen oder vertretenen Wohnungseigentümer genügt nicht.

Wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, liegt ein negativer Beschluss vor. Das Beschlussergebnis lautet dann: „ Ein nach § 22 II WEG  erforderlicher qualifizierter Mehrheitsbeschluss ist nicht zu Stande gekommen“.

Die doppelt qualifizierte Mehrheit wird also auf der Grundlage aller Köpfe und Miteigentumsanteile errechnet. Die Abstimmung muss zwingend nach dem Kopfprinzip des § 25 II WEG  erfolgen. Jeder Eigentümer hat also nur eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner Wohnungen.

Gleiches gilt für Ehepaare, die die Wohnung gemeinsam besitzen. Können sich beide Ehepartner nicht einigen, gilt ihre Stimme zwangsläufig als Nein-Stimme (§ 25 II 2 WEG, LG Bremen ZMR 2004, 535).

Wird die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht oder entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 25 II WEG  nicht nach dem Kopfprinzip abgestimmt, ist der Beschluss nicht nichtig, sondern kann binnen eines Monats angefochten werden.

5.2. Anträge, die eine doppelt qualifizierte Mehrheit erfordern

Das  Wohnungseigentumsgesetz fordert eine qualifizierte Mehrheit in folgenden Fällen:

  • Eine von der Verteilung nach Miteigentumsanteilen abweichende Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen (§ 16 IV WEG)
  • Modernisierungsmaßnahmen (Bestandsverbesserung ohne Reparaturanlass, § 22 II WEG).

5.3. Beispiel für die Berechnung der doppelt qualifizierten Mehrheit

Sachverhalt: Wohnungs- und Teileigentum der Eigentümergemeinschaft XY: 10  Einheiten mit 5 Eigentümern zu jeweils 100 Miteigentumsanteilen („MEA“):

Köpfe Wohnungen Miteigentumsanteile
Eigentümer (Ehepaar) A 1 6 600
Eigentümer B 1 1 100
Eigentümer C 1 1 100
Eigentümer D 1 1 100
Eigentümer E 1 1 100
Stimmrecht nach Köpfen: 5    
Stimmrechte nach MEA     1000

Abstimmungsergebnis: 

Ja-Stimmen: Eigentümer A, B, C:  3 Köpfe / 800 MEA

Nein-Stimmen: Eigentümer D, E:  2 Köpfe / 200 MEA

Erforderliche Mehrheit nach Köpfen: 3/4 = Mehrheit nicht erreicht

Erforderliche Mehrheit nach MEA: 501: Mehrheit erreicht

Ergebnis: Der Beschluss kommt mangels doppelt qualifizierter Mehrheit nicht zu Stande.

6. Verwalter muss Eigentümerversammlung vorbereiten

Auch wenn die in der Eigentümerversammlung erschienenen Wohnungseigentümer einen Antrag bewilligen und diesen ausdrücklich befürworten, ist der Verwalter befugt, die Verkündung des Beschlusses zu verweigern (LG München Urt.v.27.4.2009 – 1 S 19129/08). Er ist insoweit „Hüter“ der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung.

Der Verwalter ist gut beraten, die Auszählung der Stimmen vorzubereiten. Er muss noch während der Versammlung feststellen, ob die Versammlung abstimmungs- und beschlussfähig war und die notwendige Mehrheit erreicht wurde. Dann muss er das Abstimmungsergebnis verkünden. Feststellung und Bekanntgabe sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass ein Beschluss zu Stande kommt (BGH NJW 2001, 3339).

Erfordert die Abstimmungsart die doppelt qualifizierte Mehrheit, muss ihm vorab die Gesamtzahl der Köpfe und die Verteilung der Miteigentumsanteile bekannt sein. Um den Rechenvorgang problemlos zu bewältigen, sollte er sich vorab Listen nach Miteigentumsanteilen und Kopfstimmrechten erstellen und im Zweifelsfall das Grundbuch einsehen.

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Umlaufbeschluss in der Wohnungseigentümergemeinschaft (schriftliche Beschlussfassung)

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§ 23 Absatz III WEG macht es möglich: „Auch ohne Eigentümerversammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären“.

Normalerweise werden Beschlüsse in Versammlungen gefasst, zu denen alle Wohnungseigentümer eingeladen werden und möglichst vollständig anwesend sind. In einer Versammlung hat jeder Eigentümer die Möglichkeit, seine Meinung zu einem Antrag zu äußern und darüber mit anderen Eigentümern zu diskutieren. In der Folge wird über den Antrag beschlossen.


Inhalt: Umlaufbeschluss in der WEG

1. Warum schriftlich beschließen?

2. Wer ist antragsberechtigt?

3. Voraussetzungen der Beschlussfassung mittels Umlaufbeschluss

a. Schriftform, Originalunterschrift

b. Beschlusskompetenz

c. Allstimmigkeit der Beschlussfassung

d. Mehrheit von Eigentümern

e. Kein Stimmrechtsverbot

f. Feststellung und Verkündung der Beschlussfassung

g. Risiken von Umlaufbeschlüssen

4. Überblick und Zusammenfassung der Voraussetzungen zur Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren

5. Muster: Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren


1. Warum schriftlich beschließen?

Wohnungseigentümerversammlungen sind form- und fristgebunden. Die Einberufungszeit beträgt regelmäßig zwei Wochen. Beschlussfähig ist die Versammlung dann nur, wenn mehr als die Hälfte Miteigentumsanteile vertreten ist.

Auch ist nicht jeder Wohnungseigentümer interessiert, motiviert oder zeitlich verfügbar, an einer Versammlung teilzunehmen. Nicht über jeden Antrag muss immer persönlich diskutiert werden. Um dennoch eine Beschlussfassung zu ermöglichen, gewährt das Gesetz die Möglichkeit der schriftlichen Beschlussfassung im Umlaufverfahren.

2. Wer ist antragsberechtigt?

Sowohl Verwalter, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Vertreter als auch der einzelne Eigentümer können das Umlaufverfahren initiieren.

Dazu kann der Initiator jeden einzelnen Eigentümer persönlich anschreiben und von ihm die Zustimmung zu einem Antrag einfordern.

Genauso gut kann er im Umlaufverfahren das Schreiben an einen ersten Eigentümer übersenden und ihn bitten, seine Zustimmung auf dem Papier schriftlich zu erklären und das Papier an den nächsten Eigentümer weiter zu reichen.

3. Voraussetzungen der Beschlussfassung mittels Umlaufbeschluss

a. Schriftform, Originalunterschrift

Voraussetzung ist, dass alle Wohnungseigentümer in schriftlicher Form durch eigenhändige Unterschrift gegenüber dem Empfangsberechtigten (im Regelfall dem Verwalter) ihre Zustimmung zu einem bestimmten Antrag erklären. Notwendig ist die Übersendung der mit der Originalunterschrift des Wohnungseigentümers versehenen Zustimmungserklärung. Ein Telefax oder eine E-Mail oder SMS genügen nicht.

b. Beschlusskompetenz

Selbstverständlich muss die Wohnungseigentümergemeinschaft in Bezug auf einen bestimmten Antrag eine Beschlusskompetenz haben. Fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz für einen bestimmten Sachverhalt, der eigentlich nur durch Vereinbarung geregelt werden kann, kann ein Beschluss nichtig oder zumindest anfechtbar sein. Dies betrifft beispielsweise die Veränderung der Zweckbestimmung von Gemeinschaftseigentum oder die Aufstellung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Gemeinschaftsstand. Da solche Angelegenheiten nur durch Vereinbarung geregelt werden können, würden sie gegen einen Rechtsnachfolger nur, wenn sie auch im Grundbuch eingetragen sind (§ 10 III WEG).

Typische Beschlusskompetenzen bestehen jedoch in Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung oder bei Regelungen des Gebrauchs von Gemeinschaftsflächen oder bei Regelungen der Hausordnung. Können die Eigentümer durch Beschluss beschließen können wird ihr Beschluss auch ohne Eintrag im Grundbuch gegenüber einem Rechtsnachfolger (§ 10 IV WEG).

Die Unterscheidung mutet zwar theoretisch an. Dennoch darf sie, je nachdem was entschieden wurde, nicht unterschätzt werden. Oft beinhaltet eine Entscheidung ein erhebliches Konfliktpotenzial, das sich vielleicht erst in der für die Zukunft bemerkbar macht.

c. Allstimmigkeit der Beschlussfassung

Ein ganz entscheidendes Kriterium für die Wirksamkeit eines schriftlichen Beschlusses besteht darin, dass der Beschluss mit Allstimmigkeit gefasst werden muss. Allstimmigkeit ist eine besonders qualifizierte Form der Einstimmigkeit. Ein allstimmiger Beschluss setzt voraus, dass sämtliche Eigentümer, die im Grundbuch eingetragen sind, ihre Zustimmung erklären. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Angelegenheit in der Eigentümerversammlung auch durch einen Mehrheitsbeschluss hätte geregelt werden können. Der Grund besteht darin, dass in einer schriftlichen Beschlussfassung keine Aussprache unter den Eigentümern erfolgt (OLG Zweibrücken ZMR 2004, 63).

Die Zustimmung hat zwei Aspekte: Jeder Wohnungseigentümer damit einverstanden sein, dass außerhalb einer Eigentümerversammlung beschlossen werden soll. Weiterhin muss jeder Wohnungseigentümer einem ihm vorgelegten Beschlussantrag auch zustimmen. Es genügt nicht, dass sämtliche Wohnungseigentümer dem schriftlichen Verfahren zustimmen, die Abstimmung über den Antrag dann aber nur mehrheitlich erfolgt.

Eine einzige Nein-Stimme verhindert die Allstimmigkeit. Auch Enthaltungen verhindern einen allstimmigen Beschluss.

d. Mehrheit von Eigentümern

Soweit eine Wohnungseinheit mehreren Eigentümern (z.B. Ehepartnern, Erbengemeinschaft) gehört, müssen entweder alle unterschreiben oder der Unterzeichner muss eine Originalvollmacht des Miteigentümers beifügen.

e. Kein Stimmrechtsverbot

Insbesondere müssen auch die Eigentümer, die bei einer Eigentümerversammlung mit ihrem Stimmrecht ausgeschlossen werden, zustimmen. Ein Stimmrechtsverbot hat im schriftlichen Verfahren keine Gültigkeit (BayObLG ZMR 2002, 138). Begründet wird dies damit, dass der betreffende Eigentümer in einer Versammlung wenigstens auf die allgemeine Willensbildung würde Einfluss nehmen können. Im schriftlichen Verfahren kann er dies nicht.

f. Feststellung und Verkündung der Beschlussfassung

Haben alle Wohnungseigentümer zugestimmt, verkündet der Verwalter den Umlaufbeschluss gegenüber den Eigentümern beispielsweise in Form eines Rundschreibens (BGH NJW 2001, 3339). Die Verkündung durch den Verwalter macht den Beschluss erst wirksam. Dazu genügt jede Form der Unterrichtung (Aushang im Treppenhaus, Rundschreiben, Postbrief).

Ein schriftlicher Beschluss verpflichtet sämtliche Wohnungseigentümer sowie ihre Rechtsnachfolger gleichermaßen als wenn der Beschluss in einer Eigentümerversammlung beschlossen worden wäre.

g. Risiken von Umlaufbeschlüssen

Im Umlaufverfahren fehlt es an persönlichen Meinungsaustausch. Derjenige, der das Umlaufverfahren initiiert, muss wissen, dass er das Risiko eingeht, dass ein Antrag aus Desinteresse, Ignoranz, Neid oder sonstigen emotionalen Gründen vielleicht abgelehnt wird. Verweigert auch nur ein einziger Eigentümer seine Zustimmung, kommt der Beschluss nicht zu Stande.

Anträge bedürfen als der besonders sorgfältigen Überlegung und Vorbereitung. Denkbare Kritik und Einwände müssen bereits vorab berücksichtigt werden.

Will der Initiator sein Ziel dennoch weiter verfolgen, muss er seinen Antrag erneut in einer Eigentümerversammlung vortragen.

4. Überblick und Zusammenfassung der Voraussetzungen zu Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren

  1. Beschlussantrag in Schriftform
  2. Ausführliche Begründung des Antrags
  3. Eigenhändige Unterschrift eines jeden Wohnungseigentümers (ggf. Originalvollmacht eines Miteigentümers)
  4. Allstimmige Beschlussfassung
  5. Feststellung und Verkündung durch den Verwalter

5. Muster: Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren

Das Muster dient als unverbindlich Orientierungshilfe und ist im Einzelfall zu konkretisieren.

Alternative A:

Einzelanschreiben an jeden einzelnen Wohnungseigentümer

Alternative B:

Ein einziges Anschreiben, das an einen ersten Wohnungseigentümer gerichtet wird, mit der Bitte, auf dem Schreiben seine Zustimmung bzw. Ablehnung zu erklären und danach das Schreiben an den nächsten Eigentümer weiterzureichen. Der letzte Eigentümer wird gebeten, das Schreiben an den Initiator oder den Hausverwalter zu übergeben. Soweit ein Eigentümer allerdings seine Ablehnung erklärt, erübrigt sich die Weiterreichung an den nächsten Eigentümer. Für diesen Fall sollte er gebeten werden, das Schreiben an den Initiator direkt zurückzugeben.

Heiner Kritikus

Obstladenstraße 88

66554 Steinbeis

 

Herrn

Reiner Eisenbeis

Obstladenstraße 88

66554 Steinbeis

Steinbeis, den 7.6.2014

Betr.: Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren „Parkbügel“

Sehr geehrter Herr Eisenbeis,

wie Sie selber wissen, werden unsere Stellplätze vor dem Haus ständig von dritten Personen rücksichtslos zugeparkt. Die angebrachten Hinweisschilder „Privatparkplatz“ werden fortlaufend ignoriert.

Die Situation lässt sich nur in den Griff bekommen, wenn wir unsere Stellplätze mit Parkbügeln absichern. Ich beantrage daher, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft im schriftlichen Umlaufverfahren gemäß § 23 III WEG allstimmig den Beschluss fasst, dass jedem einzelnen Wohnungseigentümer erlaubt ist, seinen Stellplatz fortan durch einen Parkbügel zu sichern. Die Kosten der erstmaligen Errichtung sowie der Instandsetzung und Instandhaltung trägt der jeweilige Sondernutzungsberechtigte.

Ein Beschluss im schriftlichen Umlaufverfahren kommt nur wirksam zu Stande, wenn sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen. Ich bitte Sie, den unterzeichneten Beschlussantrag bis spätestens zum …. an mich zurückzusenden. Da Sie die Wohneinheit mit Ihrem Ehepartner besitzen, müssen Sie beide unterschreiben. Alternativ können Sie auch die Originalvollmacht Ihres Ehepartners beilegen.

Kommt der Beschluss allstimmig zu Stande, wird der Hausverwalter das Beschlussergebnis festzustellen und an alle Wohnungseigentümer mittels Rundschreiben versenden.

Mit freundlichen Grüßen

Heiner Kritikus

Ich/wir: Eheleute Reiner und Traudel Eisenbeis stimmen dem vorstehenden Beschlussantrag und der Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren zu – lehnen den vorstehenden Beschlussantrag hiermit ab.

Ort, Datum

Unterschriften

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Unterschied zwischen Einstimmigkeit und Allstimmigkeit in der WEG-Versammlung

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Soll in einer WEG- Versammlung ein Beschluss über einen Antrag gefasst werden, kommt es darauf an, mit welcher Mehrheit der Beschluss beschlossen werden muss. Das Wohnungseigentumsrecht kennt einfache Mehrheitsbeschlüsse, Beschlüsse mit doppelt qualifizierter Mehrheit, einstimmige Beschlüsse und allstimmige Beschlüsse.


Inhalt: Einstimmigkeit und Allstimmigkeit

1. Allstimmigkeit ist Einstimmigkeit plus …

a. Begriff „Einstimmigkeit“

b. Begriff „Allstimmigkeit“

2. Allstimmigkeit bei Änderung der Vertragsgrundlagen

3. Unterschied allstimmiger Beschluss und Vereinbarung


1. Allstimmigkeit ist Einstimmigkeit plus …

a. Begriff „Einstimmigkeit“

Allstimmig ist nicht einstimmig! Ein einstimmiger Beschluss liegt vor, wenn alle auf der Eigentümerversammlung anwesenden und wirksam vertretenen Mitglieder einem Antrag zustimmen. Eine einzige Nein-Stimme verhindert die Einstimmigkeit.

b. Begriff „Allstimmigkeit“

Ein allstimmiger Beschluss ist eine besonders qualifizierte Form des einstimmigen Beschlusses.

Allstimmigkeit bedeutet eine an sich einstimmige Entscheidung, in der sämtliche Beteiligten ihre Zustimmung erklären müssen. Die allseitige Zustimmung ist auch dann erforderlich, wenn Personen an der Versammlung, in der über einen Antrag beschlossen werden soll, nicht teilnehmen oder einem Stimmrechtsverbot unterliegen. In diesem Fall läuft der einstimmige Beschluss in der Versammlung auf eine Mehrheitsentscheidung hinaus, da die nicht anwesenden Wohnungseigentümer an der Beschlussfassung nicht beteiligt waren.

Erfordert ein Beschluss also Allstimmigkeit, kommt er nur wirksam zu Stande, wenn ihm alle Eigentümer zustimmen. Mit der Zustimmung aller Eigentümer ist nicht nur die Zustimmung der in der Versammlung anwesenden Eigentümer gemeint, sondern auch diejenigen Eigentümer, die in der Versammlung nicht anwesend oder wirksam vertreten waren. Der einstimmige Beschluss in einer Versammlung, in der nicht alle Eigentümer anwesend oder wirksam vertreten sind, genügt also nicht für das Erfordernis der Allstimmigkeit.

Soll in einer Eigentümerversammlung also ein allstimmiger Beschluss gefasst werden, muss bereits vorab dafür Sorge getragen werden, dass alle Mitglieder an der Versammlung teilnehmen oder wirksam vertreten sind und dem Antrag zustimmen.

Allstimmigkeit kann daher nur in sehr kleinen Gemeinschaften praktikabel sein. Mit der Größe einer Gemeinschaft vermindert sich die Wahrscheinlichkeit, dass Allstimmigkeit kaum mehr zu erreichen ist. Auch wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Einstimmigkeit unerreichbar in die Ferne rückt, je größer die Bedeutung einer Angelegenheit für den einzelnen Wohnungseigentümer ist.

2. Allstimmigkeit bei Änderung der Vertragsgrundlagen

Mehrheitsbeschlüsse sind nur möglich, wenn die Eigentümerversammlung im Einzelfall eine Beschlusskompetenz hat. Fehlt ihr eine Beschlusskompetenz, ist der Beschluss nichtig. Fehlt die Beschlusskompetenz, ist die Änderung einer bestehenden Situation nur durch Vereinbarung möglich.

Vereinbarungen setzen Allstimmigkeit voraus. Die bloße Einstimmigkeit genügt ebenfalls nicht

Beispiele für Allstimmigkeit:

  • Änderung von Teilungserklärung oder Teilungsvertrag: Teilungserklärung bzw. Teilungsvertrag sind die vertraglichen Grundlagen einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie betreffen die Existenzgrundlage eines jeden Sondereigentümers. Verträge können nur unter Einbeziehung sämtlicher Beteiligter geändert werden. Mehrheitsentscheidungen sind nicht möglich. Soll deren Inhalt geändert werden, kann dies nicht ohne die Zustimmung eines jeden Eigentümers geschehen. Demgemäß bleibt auch ein in der Eigentümerversammlung einstimmig gefasster Beschluss über die Änderung der Teilungserklärung unwirksam, soweit nicht auch die in der Versammlung nicht anwesenden oder wirksam vertretenen Miteigentümer ihre Zustimmung erklärt haben.
  • Begründung, Einschränkung oder Entzug von Sondernutzungsrechten
  • Veränderung der Zweckbestimmung von Gemeinschaftseigentum (Nutzung des Fahrradkellers als Hobbyraum)
  • Aufstellen einer Mobilfunksenderanlage auf dem Dach der Wohnanlage
  • Abänderung der Stimmrechtsverteilung (z.B. vom Kopf- zum Wertprinzip)
  • Nachträgliche Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum
  • Änderung der Beschlussfähigkeit in der Eigentümerversammlung
  • Einschränkung der nach der Teilungserklärung zulässigen gewerblichen Nutzung von Teileigentum
  • Schriftliche Beschlussfassung (Umlaufverfahren nach § 23 III WEG): Auch hier muss Allstimmigkeit vorliegen. Alle Eigentümer müssen zustimmen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Angelegenheit in der Versammlung eigentlich auch durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden könnte. Der Sinn besteht darin, dass nur in einer Versammlung das Für und Wieder eines Antrags diskutiert und abgewogen werden kann. Im schriftlichen Umlaufverfahren ist dies nur bedingt möglich.

Soweit ein Stimmrechtsverbot besteht, ist es zumindest im schriftlichen Verfahren nicht anwendbar (BayObLG ZMR 2002, 138).

3. Unterschied allstimmiger Beschluss und Vereinbarung

Sind in der Eigentümerversammlung alle Eigentümer anwesend oder vertreten und beschließen sie eine Angelegenheit allstimmig, kann die Frage relevant werden, ob denn nun ein Beschluss oder eine Vereinbarung getroffen wurde!? Da alle zugestimmt haben, lässt sich in der Sache auch von einer Vereinbarung sprechen. Vereinbarung hört sich gewichtiger an als Beschluss.

Die Abgrenzung ist wichtig. Der Unterschied ergibt sich aus dem Gesetz. Ein Beschluss ist nämlich auch ohne Eintragung in das Grundbuch für den Rechtsnachfolger wirksam (§ 10 IV, V WEG), während eine nicht in das Grundbuch eingetragene Vereinbarung lediglich zwischen den Personen Geltung entfaltet, die die Vereinbarung getroffen haben (§ 10 III WEG). Soll die Vereinbarung auch den Rechtsnachfolger binden, muss sie eingetragen werden.

Beispiel:

Die Eigentümerversammlung beschließt unter Einbeziehung sämtlicher Eigentümer, dass vor dem Haus keine Pkw abgestellt werden dürfen. Eigentümer A verkauft seine Wohnung. Der Käufer vertritt die Meinung, dass er an den Beschluss nicht gebunden sei. Es handele sich vielmehr um eine Vereinbarung. Da diese nicht im Grundbuch eingetragen sei, sei das Kfz-Abstellverbot für ihn nicht relevant.

Beurteilung:

Nimmt man einen Beschluss an, wäre der Erwerber an das Verbot gebunden. Eine Vereinbarung hingegen wäre mangels Eintragung im Grundbuch unbeachtlich. Als Vereinbarung hätte das Verbot nur für die Personen Bedeutung, die die Vereinbarung getroffen haben. Da der Käufer zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen war, hätte die Vereinbarung für ihn keine Relevanz.

Also: Der maßgebliche Unterschied liegt darin, dass ein Beschluss gemäß § 10 IV WEG auch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirksam ist, während eine nicht im Grundbuch eingetragene Vereinbarung nur zwischen jenen Personen wirksam ist, die die Vereinbarung getroffen haben.

Die Abgrenzung ist im Einzelfall oft problematisch. Vielfach müssen Gerichte entscheiden. Grundsätzlich ist der Inhalt der Regelung maßgebend. Ist der Regelungsgegenstand einer Beschlussfassung zugänglich (Beschlusskompetenz der Gemeinschaft) liegt im Zweifel ein Beschluss vor.

Betrifft der Regelungsgegenstand hingegen die Grundordnung der Gemeinschaft (z.B. Änderung der Teilungserklärung, Zuweisung oder Entzug von Sondernutzungsrechten u.ä.), handelt es sich eher um eine Vereinbarung. Dann ist zu vermuten, dass die Wohnungseigentümer für Ihre Willensentschließung das richtige Regelungsinstrument gewählt haben. Insbesondere dann, wenn der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz fehlt und eine Vereinbarung angebracht gewesen wäre, ist ein entsprechender Beschluss nichtig (Köhler/Bassenge WE-Recht, 2. Aufl., SchmidtVerlag, S.227).

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